Einstürzende Neubauten – Alles wieder offen (2007)

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    irrlicht
    Nihil

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    1. Die Wellen
    2. Nagorny Karabach
    3. Weil Weil Weil
    4. Ich hatte ein Wort
    5. Von wegen
    6. Let’s do it a dada
    7. Alles wieder offen
    8. Unvollständigkeit
    9. Susej
    10. Ich warte

    Wie definiert sich ein Werk, wie das 2007er Werk der Neubauten ? Ungewöhnlich ? Ja. Eigenständig, vielseitig und außergewöhnlich ohnehin. Außerordentlich außergewöhnlich sogar.

    Dies wird bereits deutlich, nachdem man das erste Mal den Opener „Die Wellen“ gehört hat. Man sitzt nach dessen hören eigentlich nur noch fassungslos vor seiner Anlage, um einen schwirren die losen Gedanken. Man ist schwer durcheinander. Wortfetzen, Wahrheiten und ständig diese Atmosphäre, die einen selbst betroffen macht. Die einen tief in einen Strudel aus Gefühlen und Wahrnehmungen zieht. Einen zweifeln lässt, aber trotzdem immer wieder dazu „zwingt“ erneut die Play-Taste zu betätigen. Weil es so gut ist, so schön, so faszinierend. Das dürfte nicht zuletzt an den großartigen Texten von Blixa Bargeld liegen, die zwar gut verständlich sind, über den Sinn der Aussage muss man allerdings weit länger philosophieren als wie hier 3:48. Der „Aha-Moment“ kommt spät. Und das ist auch ganz gut so. Beispiele ? Eine Zeile aus „Die Wellen“: „In deine Wellenberge lausch ich und aus den höchsten Wellen, aus den Brechern, brechen dann die tausend Stimmen. Meine, die von gestern, die ich nicht kannte, die sonst flüstern und alle andern auch.“ Der Text wird dabei äußerst treibend vorgetragen, ebenso auch der Rest des musikalischen Bildes, das sich immer weiter aufbäumt, alles endend mit den Worten: „Bleibst Du jetzt hier ?“ . Den Opener kann man problemlos als den intensivsten des Albums bezeichnen, ich selbst bezeichne ihn gar als mit das eindrucksvollste und „erdrückendste“ was ich bisher zu hören bekam. Es vergeht kein Durchgang nachdem man nicht tief durchatmen muss. Weil man sich ggf. in die Lage versetzt, den Text auf sich bezieht und daher gemeinsam mit dem Interpret dem vermeintlichen Ende entgefiebert. Oder eben „dagegen hält und jede Welle einzeln anbrüllt“. Man kann geradezu von Glück sprechen, dass man nicht dauernd auf diesem beängstigend erdrückenden Pegel bleibt. „Nagorny Karabach“ ist eine angenehme schöne Nummer, bei „Weil Weil Weil“ kommt gar richtig „Stimmung“ auf. „Lass Dir nicht von denen raten, die ihren Winterspeck der Möglichkeiten längst verbraten haben !“ heißt es im Refrain…

    „Ich hatte ein Wort“ und „Von wegen“ werden anschließend äußerst ruhig und langsam vorgetragen, gar besinnlich, man drosselt die Geschwindigkeit, ehe mit dem fast schon heftigen „Let’s do it a dada“ richtig Gas gegeben wird. Bei diesem Song wird einiges an Einarbeitungszeit vorrausgesetzt, es wird mit Herzfeldes gefrühstückt, mit Lenin Schach gespielt und Wieland gestritten. Eine gewisse Form von Humor wird also auch geboten.
    Das folgende Titellied ist wohl mit das „einfachste“ bzw. zugänglichste der Scheibe, recht leicht lässt sich schon am Anfang erschließen, wo die Reise hinführen wird. Ganz anders ist da das folgende Stück, „Unvollständigkeit“. Jenes hätte für mich allerdings an den Schluss gehört, es ist wahrlich der Abschluss aller Dinge, alles Seins. Die innere Heilung, die Säuberung und die anschließende Neuzusammensetzung sozusagen. Der Abwurf von Ballast, der zu lange zur Last wurde. Und genau davon handelt es auch. In der zweiten Hälfe spielt man mit Symbolen, es wird alles aus dem eigenen Körper entfernt. Von Haus bis Kleeblatt und Schlüssel bis zu den Gestirnen. Doch es endet mit der Bürste, der Putzbürste um genau zu sein. Darauf schien man Wert zu legen. Die innere Säuberung eben. „Endlich sauber, endlich leer -Ich: Meine Hülle“, stellt die letzte Zeile dieses Meisterwerks dar. Einer der größten Titel aller Zeiten, zumindest für mich. Die beiden folgenden Lieder schließen dieses Ausnahmealbum dann angemessen ab.„Susej“ kann man wohl als „Lovesong“ der etwas anderen Art umschreiben. Der letzte Song, „Ich warte“ zeigt noch mal die ganze Spannbreite der Einstürzenden Neubauten. Was mit den Worten „Ich warte“ und sanften Gitarren beginnt, wird gegen Ende hin immer schneller, feuriger, sehnsüchtiger und auch großartiger. Ein weiteres Highlight des Albums. Eines großartigen Albums, das für Neubauten Fans Pflicht ist und auch allen, die sich für anspruchsvolle, „kluge“ Musik begeistern können, hiermit von mir ans Herz gelegt sei.

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