Alice Coltrane

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    vorgarten

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    mein eigener bft und die diskussion über alice coltrane in der band von terry gibbs hat mich dazu gebracht, meine letzten lücken in ihrer diskografie zu schließen und ihren output chronologisch durchzuhören.
    tatsächlich fehlen mir – neben einigen gastauftritten – lediglich zwei aufnahmen aus ihrem vedantic center in malibu, GLORIOUS CHANTS (1995) und ihre vermeintlich letzte cd, SACRED LANGUAGE OF ASCENSION, wobei mir unklar ist, ob die je erschienen ist.

    ich würde zunächst ihre eigenen sachen vorstellen, später die aufnahmen mit terry gibbs und john coltrane und danach noch auf ihre gastauftritte (roland kirk, joe henderson, mc coy tyner, charlie haden, laura nyro, the rascals, mikki coltrane) eingehen, wenn ich so lange am ball bleibe.

    die karrieredaten, soweit ich das recherchieren konnte:

    27.8.1937
    geboren als alice mcleod. musikalische familie. wichtiger war aber eine nachbarin, die der 7-jährigen klassisches klavier beibringt (vor allem die russische moderne). bezug zum jazz kommt erst später, durch ihren älteren und früh verstorbenen halbbruder ernie farrow, der mit yusef lateef einige alben aufgenommen hat.

    1950er
    alice arbeitet als pianistin in der detroiter clubszene und begleitet jazzmusiker, die in die stadt kommen (u.a. cannonball adderley, sonny stitt), und hat ein eigenes trio. nach ihrem highschool-abschluss und einem stipendium in detroit geht sie nach new york. dort heiratet sie den sänger kenny hagood und geht mit ihm nach paris (nach anderen quellen heirateten sie in paris – hagood war ebenfalls aus detroit).

    1959-1961 paris
    studium bei bud powell, intermission pianist im blue note club (dort entstehen die fernsehaufnahmen mit kenny clarke, lucky thompson und pierre michelot). geburt der tochter michelle (die später bei alice und john aufwächst und unter dem namen mikki coltrane als jazzsängerin auftritt). nach dem ende der ehe geht alice zurück nach new york und steigt, vermitelt von ihrem bruder, in der band von terry gibbs ein.

    1961-63
    pianistin und vibraphonistin (oft im duo mit ihm oder terry pollard) bei terry gibbs. es entstehen vier alben: FAMILY ALBUM, JEWISH MELODIES IN JAZZ TIME, HOOTNANNY MY WAY und EL NUTTO. 1962 lernt sie im birdland john coltrane kennen.

    1964 geburt des ersten gemeinsamen sohns, john jr.

    1965 heirat in juárez, mexiko. geburt des zweiten sohns ravi. die familie zieht nach dix hills, long island. im haus gibt es ein eigenes tonstudio.

    1966 alice coltrane wird pianistin des john coltrane quintets, nachdem mc coy tyner die band verlassen hat. einspielungen: LIVE AT THE VILLAGE VANGUARD AGAIN, CONCERT IN JAPAN, EXPRESSION, das OLATUNJI CONCERT – und nach johns tod COSMIC MUSIC (2 stücke mit john, zwei stücke von alice im quartet, s. A MONASTIC TRIO) und STELLAR REGIONS, außerdem das von ihr mit overdubs versehene INFINITY.

    1967
    geburt des dritten sohns oran. wenige monate später, am 17.6., stirbt john coltrane.

    1968
    am 29.1. beginnen die ersten aufnahmen von alice für ihr erstes eigenes album, das sie und john vorab mit impulse konzipiert hatten. in relativ schneller folge erscheinen THE MONASTIC TRIO, HUNTINGTON ASHRAM MONASTERY, PTAH THE EL DAOUD und JOURNEY IN SATCHIDANANDA.

    1970
    erste indienreise von alice coltrane mit dem hindu- und jogalehrer swami satchidananda saraswati, der sich 1966 in den USA niederließ und 1969 die eröffnungsrede beim woodstock-festival hielt (andere anhänger waren u.a. allen ginsberg, laura nyro, santana und carole king). später lernt alice in indien auch den guru sathya sai baba kennen, ihre wichtigste spirituelle leitfigur.

    1971-1974
    weitere aufnahmen für impulse (UNIVERSAL CONSCIOUSNESS, WORLD GALAXY, LORD OF LORDS), außerdem herausbringung posthumer alben ihres mannes (TRANSITION u.a.) und das zu johns lebzeiten konzipierte „gemeinschaftswerk“ INFINITY. 1972 umzug nach san francisco nach einer weiteren indienreise mit satchidananda saraswati. gründung eines kleinen vedantic centers. unbenennung in turiya sagittinanda.

    1976
    aufnahme mit carlos santana für columbia (ILLUMINATIONS). gründung eines größeren vedantic centers nahe malibu (ein institut, keine sekte. es lebt nur die familie dort.).

    1976-78
    aufnahmen für warner bros., produziert, wie schon bei impulse, von ed michel: ETERNITY, RADHA KRISHNA NAMA SANKIRTANA, TRANSCENDENCE und das live-doppelalbum TRANSFIGURATION.
    danach rückzug in die arbeit an ihrem ashram, betreuung des nachlasses ihres mannes, vereinzelte konzerte als „alice coltrane“, aufnahmen mit dem chor ihres ashrams, auf tapes veröffentlicht: TURIYA SINGS, DIVINE SONGS, INFINITE CHANTS, GLORIOUS CHANTS. 1981 die aufnahme mit marian mcpartland.

    1983
    stirbt john jr. durch einem autounfall. alice kauft das ashram-gelände.

    2001
    gründung der john coltrane foundation.

    2004
    comeback-cd TRANSLINEAR LIGHT, produziert von ravi. mehrere konzerte bis zu ihrem tod, meist mit ravi, reggie workman und roy haynes.

    12.1.2007
    alice stirbt in einem krankenhaus in los angeles.

    <b>A MONASTIC TRIO (1968)</b>

    das schon zu johns lebzeiten mit impulse konzipierte erste alice-coltrane-album wurde, ein halbes jahr nach dem tod des ehemanns, zu einem trauergottesdienst der zurückgebliebenen. sessions mit pharoah sanders, jimmy garrison und rashied ali greifen einerseits einen faden auf, oder folgen, wie leroi jones es in den liner notes behauptet, einem vektor coltranes auf erden (damit meinte er: mehr nicht!). andererseits gibt es viel neues: ben riley kommt von außerhalb dieser coltrane-welt und bleibt ziemlich lange; man hört zum ersten mal alice coltrane harfe spielen. (zwar auch auf anregung von john, aber für die hörer war das völlig neu).

    auf der original-lp ist nur das evokative ONEDARUTH aus der session mit riley und sanders übrig geblieben. die beiden anderen stücke, LORD, HELP ME TO BE und THE SUN, landeten auf COSMIC MUSIC, zusammen mit zwei übrig gebliebenen stücken des original-john-coltrane-quintets plus percussion. eine ziemlich kraftvolle session ist das, mit einem facettenreichen und ziemlich autoritären klavier coltranes und sehr freien sanders-flügen, fast so, als wäre der ex-leader noch da. THE SUN ist ziemlich spooky, da john coltrane auf tonband eine einleitung spricht, nach der alice im düsteren tonspektrum meditiert und ein paar wenig sonnige abgründe streift. LORD, HELP ME TO BE ist dagegen ein erstes alice-trademark-stück über ein bluesiges riff (in einem akkord) – über das aber dann nur sanders improvisiert, während sich im alice-solo garrison und riley in einen swing mit akkord-wechseln begeben, was das stück ziemlich komplex und spannend macht.

    die hauptsession, die auf der lp komplett wiedergegeben wurde, ist im trio mit garrison und ali eingespielt – zwei stücke mit klavier zunächst, dann drei stücke mit harfe. die klaviersachen sind komplex und spannend, kraftvoll gespielt. GOSPEL TRANE hat ein catchy thema (das aber nur den rahmen vorgibt), I WANT TO SEE YOU ist ein abstrahierter rubato-gospel, abgründig und sehr emotional, mit starken akzenten der linken hand. die harfen-seite finde ich persönlich problematisch. natürlich ist LOVELY SKY BOAT mit seinem schönen riff sehr hübsch, aber hier und auf den beiden rubato-balladen merkt man, dass alice noch nicht allzu lange auf der harfe spielt – oder sich noch nicht allzuviel traut, außer schöne sounds zu produzieren. sie bleibt auf einem akkord, arpeggiert darum herum, ihre bass-akzente und rhythmischen gegenbewegungen fehlen hier noch völlig und werden auch von den eingespielten partnern garrison und ali nicht eingebracht. nicht von ungefähr kommt der böse satz von leroi jones, dass hier ein teller gereicht werde, auf dem das wichtigste fehle – das essen.

    à propos leroi jones – solche einen text auf der eigenen lp zu veröffentlichen oder veröffentlicht zu sehen, muss eine ziemliche beleidigung sein. er findet kein einziges wort über den spezifischen stil von alice, sondern erklärt das ganze zum spiel um eine leerstelle herum, die natürlich john heißt. er ist das „essen“, das man vom teller genommen hat. johns spirit der code, „sprinkled in the endless arpeggios“ – oder gar „drawn misty by arpeggio reflection.“ er rät zu mehr rhythmik. das ist doch nett von ihm. obwohl das hier nicht ganz unwahr ist, wird diese darstellung, die auch ein begrenztes verständnis vom stilmittel des arpeggios aufweist, zum verdikt über die musik von alice coltrane, von vielen aufgegriffen und tradiert. der zweite liner-notes-baustein ist ein interview mit alice von pauline rivelli, in dem es ausschließlich um john geht – was auch keine nette geste gegenüber einer künstlerin ist, die hier ihr erstes eigenes album vorstellt. ganz schön ist allerdings alices antwort auf die frage nach der totalen hingabe ihres mannes an seine musik: „but how many people can devote that kind of time? even if you like it. i like it, but i still have responsibilities to my children and household.“

    ein stück ist noch auf der cd-ausgabe, das aus einer 1966er session in anwesenheit von john coltrane entstanden ist: ALTRUVISTA, piano solo, 7 minuten lang. eine musterexekution von johns rat an seine frau und an pianisten im allgemeinen: komplette musik spielen, das ganze instrument nutzen. das tut sie hier, mit großem sinn für dramatik und in langem bogen. wie sie ihre linien gegeneinander arbeiten lässt und immer wieder zusammenführt, kann selbst die übliche vernachlässigung des klaviersounds durch rudy van gelder nicht verwässern. sicherlich ein referenzstück für alice coltranes piano-technik – aber auch für ihre atmosphärische spielweise, in der sich dichte und dunkelheit auf verschiedenen ebenen gegenseitig erzeugen.

    <b>HUNTINGTON ASHRAM MONASTERY (1969)</b>

    das zweite album ist wieder mutig im trio eingespielt. alice coltrane begleitet nicht mehr, sondern lässt sich begleiten. die intensivierung ihres studiums der fernöstlichen spiritualität ist nicht zuletzt an den titeln abzulesen. musikalisch ist dieses album deutlich fokussierter, auch mutiger. ron carter und rashied ali funktionieren hervorragend in diesem kontext – obwohl garrison ja nicht ungeeigneter war, dem noch eher flächig strukturierten spiel von coltrane harmonische spitzen zu setzen. carter macht das hier telepathisch, riskant, aber es gelingt immer. auch ali ist inspirierter als im MONASTIC TRIO – beschleunigend (ride) und verschleppend (snare) gleichzeitig, ständig spannung erzeugend, ohne zu forcieren.
    die liner notes schreibt alice diesmal selbst, zu den spirituellen kontexten, den kompositionen, ihren gesprächen mit ornette coleman darüber, mit viel lob und dank an die beiden mitspieler.

    wie auf dem MONASTIC TRIO gibt es eine harfen- und eine klavierseite. die drei harfenstücke sind deutlich interessanter als auf dem vorgängeralbum. HUNTINGTON ASHRAM MONASTERY ist zwar wieder nur ein riff, allerdings viel stärker akzentuiert. TURIYA ist im rubato großartig mit carters bass verzahnt. PARAMAHANSA LAKE hat einen fantastisch schleppenden groove und ein ziemlich farbiges und variationsreiches harfensolo.

    die drei klavierstücke sind weniger hip, gehen dafür mehr in die tiefe. VIA SIVANANDAGAR ist in einem höllischen tempo, bleibt aber entspannt und gesanglich. IHS (I Have Suffered) ist eine ausgedehnte rubatoballade und eine vorstudio zu ihrem großartigen blues TURIYA AND RAMAKRISHNA, den sie auf dem folgealbum einspielen wird. IHS hat etwas zu viele töne, geht aber ziemlich weit in einer schmerzhaften umkreisung des blues, hat darin auch was eigenmächtiges, sich-ereignendes. carter und ali gehen sehr mit, ohne den fluss zu unterbrechen. das letzte stück auf diesem hervorragend austarierten und deshalb sehr gut durchhörbaren album ist fast ein souljazz-stück mit horace-silver-referenzen: JAYA JAYA RAMA. das bezieht sich aber nur auf das thema, denn die rhythm section wird schnell in die coltrane-umlaufbahn schickt. interessant aber, welches talent alice für catchy themen hat. JAYA ist auf jeden fall ein erster richtiger höhepunkt in ihrer diskografie.

    <b>PTAH, THE EL DAOUD (1970)</b>

    ich weiß nicht so genau, wie ich mir alice coltranes situation um 1970 herum vorstellen muss. sie sitzt im coltrane haus, dix hills, auf long island, hat vier kleine kinder zu versorgen (drei von john, eine tochter von kenny hagood) und ist seit kurzem bei impulse unter vertrag. unterstützte man sie da? war man gefällig, weil sie auf den rechten des materials ihres mannes saß? oder wollte man sie wirklich als eigenständige künstlerin vorstellen und betreuen?

    nach HUNTINGTON war ein dreivierteljahr vergangen, bis alice wieder in ihr eigenes studio ging. in der zwischenzeit (so erzählt sie im interview leonard feather für die liner notes) hatte sie sich angewöhnt, wieder mit saxophonisten zu spielen – mit ornette coleman hautpsächlich und mit archie shepp. wahrscheinlich haben die sie in ihrer eigenständigkeit gefördert. mit ed michel hat nun auch endlich ein ‚richtiger‘ produzent sich ihrer angenommen (er wird sie später auch bei warner betreuen) und das ergebnis merkt an sofort: PTAH klingt viel besser und in den liner notes wird erstmals über alice coltrane als künstlerin gesprochen, die eine eigene biografie hat, bewunderer, die über sie schwärmen (terry gibbs), und auch sonst schafft es feather, mal ein paar ernsthafte gedanken zur eigenständigen kunst der komponistin, pianistin und harfenistin zu entwickeln. auch die session-fotos von chuck stewart zeigen – sehr ernsthaft und ohne sexistischen blick – eine lady, mehr noch: eine sehr konzentrierte und auratische künstlerin.

    PTAH ist jetzt, nach dem wiederhören, für mich die vielleicht geschlossenste, ernsthafteste, tiefgründigste platte in alices impulse-diskografie. grandios, sich ausgerechnet pharoah sanders und den ex-partner joe henderson ins line-up zu stellen – was für ein mix! ron carter ist wunderbarerweise wieder dabei und an den drums diesmal der treue ben riley, der nicht so hip ist wie ali, aber sehr geerdet und hervorragend auf alice eingestellt. es gibt vier recht ausgedehnte stücke, darunter nur eins mit harfe, das vielleicht schönste coltrane-harfen-stück überhaupt: BLUE NILE. dessen quecksilbrige strahlkraft bricht etwas aus zwischen den ansonsten sehr dunklen, blues-gesättigten anderen tracks, funktioniert deshalb hervorragend als mittel gegen eine mögliche eintönigkeit.

    aber eintönig ist hier gar nichts. PTAH, THE EL DAOUD, das titelstück, hat ein tolles modales thema, von den beiden tenoristen im unisono gespielt. henderson macht hier das, womit er bei blue note aufgehört hat (und das heißt auch, dass er experimenteller spielt als auf seinen eigenen milestone-alben dieser zeit), er ist, wie coltrane sagt, „eher der intellektuelle typ“, wogegen sanders „abstrakt und mehr spirituell“ sei. abstrakt sind beide irgendwie – rau und beweglich, aber auch flach im sound. in diesem stück haben alle etwas schwierigkeiten mit den changes, woran alice nicht ganz unschuldig ist, ihr comping ist etwas orientierungslos. ihr solo dagegen eine erste kraftprobe, verhangen, merkwürdig, auf einer neuen ebene des verzahnens von blues und fernöstlichen drones. ben riley spielt schließlich ein wirklich grandioses solo, wo – völlig unangeberisch – ein halbes jahrhundert black music aufscheint.

    und dann kommt TURIYA AND RAMAKRISHNA, mein absolutes alice-coltrane-lieblingsstück, im trio (plus sanders-schellen). ich kann gar nicht beschreiben, was da jedesmal bei mir losgeht, wenn ich das höre. eigentlich ein dreiton-motiv, dass durch blues-changes geführt wird, aber auch rhythmisch immer neu verlagert wird. ein ewig unaufgelöstes motiv, das immer wieder aufsteht und wieder hinfällt. coltrane spielt hier wirklich atemberaubend, mit einem farben- und rhythmenreichtum, den man nicht wirklich herleiten kann – die wirkung ist tief emotional, voller trauer und resignation. aus dem arpeggiendunkel und den einzeln aufstöhnenden single notes schält sich ein bass-solo heraus, ganz zurückhaltend, bodennah. und doch ist das hoch riskant, was die drei hier machen – es wirkt nur nicht so.

    danach ist BLUE NILE ein schöner kontrast. wieder eine großartige idee: beide tenoristen greifen zur flöte und der ganze sound des albums ändert sich schlagartig. bei henderson ist mir das sehr unvertraut – aber er gibt hier wirklich alles. unglaublich schönes, abstraktes, suchendes solo. sanders dagegen zurückhaltend, fast unauffällig. alice an der harfe verlegt sich fast völlig auf arpeggien, die hier aber immer wieder harmonische layer hinzufügen, die die klarheit des stücks ambivalent machen.
    MANTRA schließlich hat mich jetzt völlig umgehauen, nachdem ich es wohl nie genau angehört hatte. kein thema eigentlich, sondern eine drone-studie, alles liegt auf einem ton und alles wird bereitgestellt für die beiden tenoristen, die erst zusammenspielen, dann raum für ausgedehnte soli bekommen. das tempo ist, wie auf dem gesamten album, gemächlich, schreitend, federnd. henderson spielt ganz großartig, nutzt seine ganze bandbreite – aber es ist sanders, der hier eines der besten soli spielt, die ich von ihm kenne. mittendrin fängt er mit ein paar überblasern an, bei dem alice zunächst die luft anhält, ihn dann aber weiter antreibt; und er schafft es, noch weitere dimensionen seines spiels aufzuschließen, ohne in bekannte kraftgesten zu verfallen. alice übernimmt danach nicht einfach, sie fängt bei null, d.h. bei ihrem drone-ton an, zwei minuten lang, rhythmisch vertrackt akzentuiert, schließlich befreit sie sich mit hilfe rileys, das war es dann aber auch schon. das hat irgendwie nichts mehr mit john coltranes letzten sachen zu tun, obwohl es vergleichbar offen ist. es fehlt das stürmische, das drängende – aber es kommen andere farben zum vorschein, eine mehrlagigkeit von blues und nordafrika und südasien, die das quintet hier hochkonzentriert zusammenkocht.

    vielleicht fing alice coltrane mit PTAH an, keine „witwe“ mehr zu sein. vielleicht war sie das aber auch nie bzw. immer mehr als das. aber es gibt sicherlich niemanden mehr, der ihr an diesem punkt musikalisch noch ähnelt. und kein vergleichbares album.

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    gypsy-tail-wind
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    Vielen Dank, ich beginne gerade mit der Lektüre!

    Hast Du die Diskussion hier gesehen? Ob die Heirat in Paris oder noch in den USA stattfand, weiss ich nicht – ist ja am Ende nicht wichtig. Aber diese Gilda freut sich, wenn man sie kontaktiert (mir hatte sie aufgrund meines Posts dort ungefragt eine PN geschickt, ob ich irgendwelche Fragen hätte):
    http://www.organissimo.org/forum/index.php?/topic/58322-alice-coltrane-x-kenny-pancho-hagood/

    Und hier die Website zum Coltrane Home in Dix Hills:
    http://thecoltranehome.org

    Sehr schöne Beschreibung von „Ptah“ – ich glaube das ist mir bisher das mit Abstand wichtigste Album von Alice Coltrane. Der Thread wird mich – auch in der Folge unseres losen Austauschs über Alice – anregen, diese Musik gelegentlich wieder zu hören, und wann immer ich glaube, hier etwas beitragen zu können, will ich das gerne auch machen!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8940615  | PERMALINK

    vorgarten

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    „the harp side is a dinner plate needing actual food: (‚the perfect rhythm section‘) someone has took it.“

    (leroi jones wörtlich in den liner notes zu A MONASTIC TRIO – wir hatten das gerade via PN).

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    #8940617  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ich erlaube mir mal, das ganze etwas andersherum anzupacken – chronologisch nämlich, in der Hoffnung, die eine oder andere Facette und natürlich vor allem ein paar weitere Eindrücke ergänzen zu können. Ich werde gerne Deinen Durchgang kommentierend und ergänzen begleiten, kann allerdings in Sachen Alben längst nicht mithalten, von Gibbs habe ich z.B. nur gerade das eine, das Du neulich im BFT vorstelltest, und auch sonst habe ich gewiss einige Lücken (bin mir aber nicht sicher, wie gross sie sind, da ich mich bisher nie systematisch um Alice C. kümmen mochte).

    März 1967 – „Altruvista“ (p-solo; „A Monastic Trio“, Bonustrack der CD-Ausgabe von 1998)

    Nun, ob das komplette Musik ist? Die Musik scheint mir nicht sehr geerdet zu sein, die linke Hand geht kaum je in die Tiefe, der Boden ist eher eine Mitte und der Drang geht – und das kann man wohl mit Coltrane*) verknüpfen und mit der spirituellen Suche, die die beiden verband.

    Ein kleiner Exkurs zu den Namen: ich schreibe immer einfach nur „Coltrane“, wenn ich John C. meine – eine alte Gewohnheit, die ich mir im Alice C.-Thread wohl vorübergehend abgewöhnen sollte, aber das dürfte schwierig werden. Aber wenn man „Bach“ sagt ist ja auch klar, wer gemeint ist und dennoch suggeriert das nicht, das J.Chr. oder C.P.E. keine tollen Kompositionen hinterlassen haben (das haben sie, wie ich inzwischen weiss). In diesem Sinne bitte mein „Coltrane“ nicht beleidigend interpretieren, es ist nicht so gemeint. Also: „Coltrane“ ist John, wenn ich Alice meine, schreibe ich „Alice Coltrane“, okay?

    Januar 1968 – „Lord, Help Me to Be“, „The Sun“, „Ohnedaruth“ (Pharoah Sanders, Jimmy Garrison, Ben Riley; „A Monastic Trio“ sowie Bonustracks der CD-Ausgabe von 1998)

    „Lord“ beginnt mit Sanders phantastischem Sound – und lässt, pardon, die CD von 1998 stärker öffnen, als das eigentliche Album (das dann wie erwähnt mit „Ohnedaruth“, dem dritten genannten Quartett-Stück öffnet und vom Quartett zum Klaviertrio und schliesslich zum Harfentrio geht – diese Reihenfolge bewahrt die CD, indem die beiden weiteren Quartettstücke vorangestellt werden und das Solostück von 1967 am Ende nachgeschoben wird). Dieser erste Track hat es aber wirklich in sich! Garrisons Intro lässt natürlich sofort an Coltrane denken (aber eher Coltrane 1963-65, finde ich), der tighte (und ich finde verdammt hippe!) Beat von Riley ist dann allerdings ganz anders als der ausgreifende, lockere von Ali – mir gefällt Riley hier sehr gut, ich finde ihn eine tolle Wahl! Ich muss dieses Stück gleich drei-, viermal am Stück hören, der Groove packt mich sehr, die etwas düstere aber doch auch erhabene Stimmung trifft mich. Sanders ist hier allerdings vor allem Sound (und wirlich schön eingefangen ist er nicht, was auch daran liegen mag, dass die Aufnahmen im Coltrane-Heim in Dix Hills in Eigenregie entstanden sind), ein wirklich kohärentes Solo liefert er nicht ab, eher Fetzen, Fragmente, die mit dem Groove sehr schön verschmelzen. Alice Coltrane ist dann für das Solo zuständig und es gelingt ihr ziemlich gut, die perlenden Läufe der Linken Hand (die durchaus an Tyner gemahnen, finde ich, nicht immer, aber immer wieder), die eher trägen Akkorde und Verschmierungen der rechten, die kleinen Reibungen und Dissonanzen, die sich einschleichen, während das ganze aber – trotz Changes – immer satt groovt … dann die Rückkehr zum Bass-Ostinato, Sanders Triller, Coltranes Triller, die rollenden tiefen Akkorde – sehr, sehr schön!

    Das zweite Stück „The Sun“ gefällt mir viel weniger gut. Das Thema hat zwar einen catchy Hook, aber in all den Arpeggi und dem Gebimmel geht das unter. Düster klingt das für mich nicht sehr, grad im Vergleich mit „Lord“ nicht. Es wird mit der Zeit kraftvoll, als Riley dann auch langsam sein Kit etwas zu nutzen beginnt, aber auch da, nach etwa zweieinhalb Minuten, als das catchy Motiv wiederkehrt, wird ihm sogleich mit einem Übermass an Arpeggi der Garaus gemacht. Die Flöte kann ich übrigens gar nicht hören hier, vielleicht müsste man dazu zu den Kopfhörern greifen, aber das mag ich jetzt nicht tun.

    Der Opener des Albums ist dann recht ähnlich mit den rollenden Klavierfiguren – aber der Groove geht hier tiefer, und der Moment, in dem die Bassklarinette quasi aus der linken Hand des Klaviers auftaucht ist klasse – damit endet dann aber der Groove, während Garrison allerdings weiterhin für die Erdung der Musik sorgt und bald schon mit einem schnellen Riff einen neuen Groove setzt, den Coltrane (es geht ja doch!) und Riley allerdings ignorieren, Coltrane spielt arhythmische Fills, Riley legt einen Schepperteppich, während Sanders ein halbes Solo spielt – halb, weil es irgendwie wie in „Lord“ auch schon, nicht gelingt, sich vom Ganzen zu lösen und ein kohärentes Statement abzugeben – aber mich dünkt hier stärker als in „Lord“, dass er das gerne gewollt hätte. Coltranes Solo folgt, und wird von Garrison aufs schönste gestützt, während Riley weiterscheppert … das ist introspektiv und irgendwie auch wieder düster … es geht aber nirgendwo hin. Ob das überhaupt die Absicht war, ist jedoch eine sehr berechtigte Frage. Für mich bleibt die Musik irgendwie stehen – eigenartig. Garrison ist für den Boden zuständig, Riley nur im ersten Stück den Groove, Coltrane scheint etwas unentschieden zwischen catchy Riffs und Melodien, zwischen wuchtigen akkordischen Grooves und ihren Arpeggi zu mäandrieren. Im Ansatz sehr spannend, aber in der Umsetzung hört sich das für mich etwas richtungslos an (und das ist eine Beobachtung, die ich auch bei Sanders mache, Joe Henderson war dann eine wirklich gute Idee, da er solche Probleme nie hatte).

    Juni 1968 – „A Monastic Trio“

    Am 6. Juni 1968 wurde in Dix Hills der grösste Teil des Albums „A Monastic Trio“ eingespielt, zwei Klaviertrios und drei Harfentrios. Coltrane seht jetzt noch mehr im Zentrum als zuvor schon mit Sanders, Ali bringt mit seinem in alle Richtungen offenen Spiel neue Impulse, aber auch weitere Verzettelungen (und, so höre ich es wenigstens, davon hatte Coltrane allein schon mehr als genug, daher mag ich Riley – den ich irgendwie in der Linie von Roy Haynes höre – in „Lord“ so gerne).

    Ich mag bei diesen Stücken nicht weiter ins Detail gehen, mich packt die Musik nicht so richtig, manches wirkt ungelenk, anderes wie pastiche, eher zufällig zusammengesetzt („Gospel Trane“, die Rückkehr des Klaviers nach dem Schlagzeugsolo … und dann, als nach den ersten paar Takten im Trio das Riff des Themas wiederkehrt ist schon der nächste Bruch da) – nicht organisch, irgendwie. Jones‘ These, dass der Teller leer ist, finde ich natürlich als Teil der Liner Notes zur LP extrem unpassend – aber so weit daneben liegt er nach meinem Empfinden nicht. Alice Coltrane war wohl die richtige Wahl nach Tyners Abgang im John Coltrane Quartet, aber auf sich alleine gestellt, ist sie nicht richtig geerdet, fehlt ihr irgendwie die Mitte. Das mag zwar vor allem Jimmy Garrison streckenweise sehr geschickt zu überspielen, aber es fällt für mich insofern auf, als dass das Klavierspiel dauernd zwischen tollen – und völlig geerdet klingenden – und richtungslosen, oft mit den viel-genannten Arpeggi angereicherten, leichten, schnellen Passagen changiert. Und ironischerweise höre ich in den „guten“ Momenten oft etwas heraus, was Tyner in seiner eigenen Musik wenige Jahre später zu einer Art Post-Coltrane-Mainstream verknüpft hat, diese satten Grooves, das stark akkordische Spiel, die Mischung aus Erde und Höhenflügen – die bei ihm aber meistens aufgeht und ein stimmiges Ganzes ergibt, das ich hier einfach nicht finde. Aber es gibt schöne Momente und gute Ansätze.

    Das Fazit zu den drei Harfen-Stücken ist noch viel durchwachsener – der rasche Fade-Out im ersten (bei dem ich die Harfe quasi als Klangwolkenbegleitung einer tollen Rhythmusgruppe höre – eine insgesamt eher ereignisarme Sache) Stück suggeriert beinah schon, man habe kein Ende finden können, keinen Ausweg aus dem Geplätscher. Aber der Klang ist natürlich faszinierend, dass in diesem Sinne auch hier gute Ansätze vorhanden sind, mag ich nicht in Abrede stellen, ganz und gar nicht!

    Das Fazit bis dahin: unausgegorene Musik, die sich um eine noch nicht mit Sicherheit festgestellte Mitte dreht, die aber manche wundervollen Momente enthält und – möglicherweise, das konnte zu diesem Zeitpunkt wohl noch niemand mit Gewissheit sagen – einige Versprechen. Barakas folgender Aussage aus seinem Abschnitt zur Klavierhälfte finde ich da treffend: „… an indication, I think, of the kind of towering strenght power Mrs. Coltrane’s music can move into if what she has can develop healthily until it is once again proided with the incarnate rhythm body it seeks as its own completion.“ – bloss das „once again“ ist wohl wieder auf den grossen Abwesenden gemünzt und völlig überflüssig. Abgesehen davon war ja Coltranes Abwesenheit nicht nur für Alice ein Problem sondern für weite Teile der Jazz-Szene, vom modernen Mainstream bis zur äussersten Avantgarde und zum – gerade aufkeimenden – Jazz-Rock, und darüberhinaus wohl auch für diverse Rockmusiker. Alicens Musik als Fortsetzung jener ihres verstorbenen Über-Gatten zu betrachten ist ein grundsätzlicher Denkfehler, das ist doch sofort klar, wenn man ein Ohr voll nimmt von diesen ersten eigenen Sessions.

    Übrigens, nebenbei: Terry Pollard hat 1961 auf einem Album von Dorothy Ashby mitgewirkt. Freshsound hat eine verlockende 3CD-Box im Angebot, die aber wieder einige eklatante Schönheitsfehler hat (sie müsste vier CDs umfassen und das tolle Atlantic-Album auch enthalten, und sie müsste natürlich – ich sage das, ohne sie je gehört zu haben – viel besser klingen). Bei Amazon kann man einige Scans mit den Infos einsehen:
    http://www.amazon.de/Harpist-Minor-Groove-Winds-Dorothy/dp/B0081SGL9M/

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    #8940619  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,549

    gypsy tail wind
    Ich erlaube mir mal, das ganze etwas andersherum anzupacken – chronologisch nämlich, in der Hoffnung, die eine oder andere Facette und natürlich vor allem ein paar weitere Eindrücke ergänzen zu können.

    sehr gerne & sehr schön!

    gypsy tail wind
    März 1967 – „Altruvista“ (p-solo; „A Monastic Trio“, Bonustrack der CD-Ausgabe von 1998)

    Nun, ob das komplette Musik ist? Die Musik scheint mir nicht sehr geerdet zu sein, die linke Hand geht kaum je in die Tiefe, der Boden ist eher eine Mitte und der Drang geht – und das kann man wohl mit Coltrane*) verknüpfen und mit der spirituellen Suche, die die beiden verband.

    der drang geht wohin? ;-) die linke hand geht ziemlich häufig in die tiefe, ab der mitte etwa, oft in zwei-ton-figuren, ist aber auch egal. ich finde das stck immer faszinierender, je öfter ich das höre.

    gypsy tail wind
    „Lord“ beginnt mit Sanders phantastischem Sound – und lässt, pardon, die CD von 1998 stärker öffnen, als das eigentliche Album (das dann wie erwähnt mit „Ohnedaruth“, dem dritten genannten Quartett-Stück öffnet und vom Quartett zum Klaviertrio und schliesslich zum Harfentrio geht – diese Reihenfolge bewahrt die CD, indem die beiden weiteren Quartettstücke vorangestellt werden und das Solostück von 1967 am Ende nachgeschoben wird).

    ja, das finde ich auch – die ersten beiden stücke sind eine große bereicherung des albums und eher stärker als schwächer als der rest. ich finde THE SUN interessanter als LORD…, aber beides ziemlich toll. LORD gehört übrigens bei der alice-coltrane-hommage-band HAMMERIVER (von clare cooper) zum festen repertoire.

    gypsy tail wind
    Das zweite Stück „The Sun“ gefällt mir viel weniger gut. Das Thema hat zwar einen catchy Hook, aber in all den Arpeggi und dem Gebimmel geht das unter. Düster klingt das für mich nicht sehr, grad im Vergleich mit „Lord“ nicht. Es wird mit der Zeit kraftvoll, als Riley dann auch langsam sein Kit etwas zu nutzen beginnt, aber auch da, nach etwa zweieinhalb Minuten, als das catchy Motiv wiederkehrt, wird ihm sogleich mit einem Übermass an Arpeggi der Garaus gemacht. Die Flöte kann ich übrigens gar nicht hören hier, vielleicht müsste man dazu zu den Kopfhörern greifen, aber das mag ich jetzt nicht tun.

    flöte hört man nur ganz schwach, aber das „übermaß an arpeggi“ wird hier allgemein wohl zum knackpunkt des threads. und die „richtungslosigkeit“. ich weiß genau, was du meinst, aber vielleicht muss man die vorstellungen einer „richtung“ überprüfen und arpeggi anders lesen? wären arpeggi denkbar, die nichts „verdecken“, sondern das eigentliche, die substanz sind? kann man eine improvisation nicht-linear denken, als etwas, das eher mit weiteren layern vertieft, aufgefüllt wird und sich nicht in der zeit entwickelt? das sind für mich die fragen, zu denen ich beim hören der musik von alice coltrane heraugefordert werde.

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    Juni 1968 – „A Monastic Trio“

    Alice Coltrane war wohl die richtige Wahl nach Tyners Abgang im John Coltrane Quartet, aber auf sich alleine gestellt, ist sie nicht richtig geerdet, fehlt ihr irgendwie die Mitte. Das mag zwar vor allem Jimmy Garrison streckenweise sehr geschickt zu überspielen, aber es fällt für mich insofern auf, als dass das Klavierspiel dauernd zwischen tollen – und völlig geerdet klingenden – und richtungslosen, oft mit den viel-genannten Arpeggi angereicherten, leichten, schnellen Passagen changiert. Und ironischerweise höre ich in den „guten“ Momenten oft etwas heraus, was Tyner in seiner eigenen Musik wenige Jahre später zu einer Art Post-Coltrane-Mainstream verknüpft hat, diese satten Grooves, das stark akkordische Spiel, die Mischung aus Erde und Höhenflügen – die bei ihm aber meistens aufgeht und ein stimmiges Ganzes ergibt, das ich hier einfach nicht finde. Aber es gibt schöne Momente und gute Ansätze.

    siehe oben. spielt sie bei coltrane denn anders als „auf sich alleine gestellt“? mich interessiert sie eigentlich am wenigsten, wenn sie wie tyner klingt, glaube ich. obwohl natürlich die mischung aus bzw. der wechsel zwischen erdung und höheflügen ganz sicher den reiz von vielen AC-momenten ausmacht. ich weiß das alles aber auch noch nicht abschließend, es sind sehr offene fragen.

    gypsy tail wind
    Übrigens, nebenbei: Terry Pollard hat 1961 auf einem Album von Dorothy Ashby mitgewirkt. Freshsound hat eine verlockende 3CD-Box im Angebot, die aber wieder einige eklatante Schönheitsfehler hat (sie müsste vier CDs umfassen und das tolle Atlantic-Album auch enthalten, und sie müsste natürlich – ich sage das, ohne sie je gehört zu haben – viel besser klingen). Bei Amazon kann man einige Scans mit den Infos einsehen:
    http://www.amazon.de/Harpist-Minor-Groove-Winds-Dorothy/dp/B0081SGL9M/

    coltrane bezeichnete pollard ja mal als „große schwester“ – detroit sei sehr stolz auf sie gewesen. interessanterweise kam ja dorothy ashby auch aus detroit. zeimlich hohe dichte von jazzharfenistinnen für eine stadt. ich habe von ihr nur die späte AFRO HARPING, die ich sehr mag. HIP HARP gfiel mir gar nicht.

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    vorgartender drang geht wohin? ;-) die linke hand geht ziemlich häufig in die tiefe, ab der mitte etwa, oft in zwei-ton-figuren, ist aber auch egal. ich finde das stck immer faszinierender, je öfter ich das höre.

    Oh, da blieb eine Baustelle unfertig – der Drang geht nach oben, rein klanglich aber auch im übertragenen Sinn. Das war bei John Coltrane ja auch oft so – die Tiefe seines Instrumentes lotete er oftmals kaum aus, sein Ton war in der tiefen Lage dünner, weniger glänzend und schön als in der oberen.

    vorgartenja, das finde ich auch – die ersten beiden stücke sind eine große bereicherung des albums und eher stärker als schwächer als der rest. ich finde THE SUN interessanter als LORD…, aber beides ziemlich toll. LORD gehört übrigens bei der alice-coltrane-hommage-band HAMMERIVER (von clare cooper) zum festen repertoire.

    Die Gruppe hattest Du glaub ich schon mal erwähnt, ich kenne sie nicht. Das erste Stück der CD ist für mich auch gleich das Highlight des ganzen (erweiterten CD-) Albums.

    vorgarten… aber das „übermaß an arpeggi“ wird hier allgemein wohl zum knackpunkt des threads. und die „richtungslosigkeit“. ich weiß genau, was du meinst, aber vielleicht muss man die vorstellungen einer „richtung“ überprüfen und arpeggi anders lesen? wären arpeggi denkbar, die nichts „verdecken“, sondern das eigentliche, die substanz sind? kann man eine improvisation nicht-linear denken, als etwas, das eher mit weiteren layern vertieft, aufgefüllt wird und sich nicht in der zeit entwickelt? das sind für mich die fragen, zu denen ich beim hören der musik von alice coltrane heraugefordert werde.

    Interessant – ich denke grundsätzlich schon, dass man Interpretation nicht-linear denken kann. Cecil Taylor etwa höre ich auf einiger seiner besten Aufnahmen, ca. zwischen „Unit Structures“ und der Band von 1978 (die für mich ein Höhepunkt seines Schaffens darstellt) auch nicht linear, sondern in einer Art An- und Abschwellbewegung, in Energieleveln, die in einander übergehen. Energie ist für mich bei Taylor ein Schlüsselbegriff zum Verständnis, bei Alice Coltrane wäre es ein anderer, Meditatoin klingt vielleicht zu banal, aber wenn man den Sinn, in dem man von einem Kunstwerk sagen kann: „Das ist eine Meditation über …“ miteinbezieht, kommt er mir nicht gänzlich unpassend vor. Ich hörte auch mal ein Brötzmann-Konzert (Full Blast), bei dem die Musik extrem energiegeladen war, in dem aber fast gar keine Bewegung stattfand, sondern eigentlich alles stets an Ort blieb – das gefiel mir nicht sehr gut, beeindruckte aber nichtsdestotrotz. Die besten Momente waren dann aber die, in denen Brötzmann mit dem Altsaxophon aus dem ganzen statischen Gefüge auszubrechen in der Lage war … und das, um einen Bogen zu Alice Coltrane zu schlagen, gelingt Pharoah Sanders meines Erachtens nicht (gelingt ihm auch bei John Coltrane nicht, er ist eher auch ein statischer Gegenpol zur Entwicklung John Coltranes, eine Folie, ein Teil der Klangkulisse, mit der er sich so um 1966 umgab). Die Statik alleine, das irgendwo verharren, das ist vielleicht aus das zentrale Element des fernöstlichen Einflusses auf Coltranes Musik – mich alleine macht das nicht glücklich, wenn es zum Endzweck wird, aber als Element in einem Ganzen kann es natürlich sehr faszinierend sein – wenn sich eben wie das auf „Ptah“ dann wohl geschieht, Stimmen daran abarbeiten, daraus emporsteigen, um wieder ins Ganze zurückzufallen, wenn daraus quasi ein sich Ausdehnen und wieder Zusammenziehen wird, das wiederum nicht nach einem allzu gleichtönigen Schema erfolgen sollte.

    vorgartensiehe oben. spielt sie bei coltrane denn anders als „auf sich alleine gestellt“? mich interessiert sie eigentlich am wenigsten, wenn sie wie tyner klingt, glaube ich. obwohl natürlich die mischung aus bzw. der wechsel zwischen erdung und höheflügen ganz sicher den reiz von vielen AC-momenten ausmacht. ich weiß das alles aber auch noch nicht abschließend, es sind sehr offene fragen.

    Klar, zuviele klangen nach Tyner wie zuviele nach Coltrane klangen (und immer noch klingen, der Tyner-Einfluss scheint mir jedoch eher verebbt zu sein) und das ist nicht sehr interessant, wenn das Anlehnen nicht zu etwas Eigenem führt.

    Wie sich das bei Alice Coltrane im Vergleich verhält (zwischen den Aufnahmen mit John und ihren eigenen) weiss ich ehrlich gesagt nicht, da ich sie bei John – gerne – hinnehme aber sie mich selten genügend fasziniert, als dass ich z.B. ein ganzes Stück oder Album lang nur auf sie höre (das tue ich aber mit Tyner auch nur selten, am ehesten tue ich es wohl mit Elvin Jones).

    (Aber entschuldige, auf welchen Punkt bezieht sich jetzt genau das „siehe oben“?)

    vorgartencoltrane bezeichnete pollard ja mal als „große schwester“ – detroit sei sehr stolz auf sie gewesen. interessanterweise kam ja dorothy ashby auch aus detroit. zeimlich hohe dichte von jazzharfenistinnen für eine stadt. ich habe von ihr nur die späte AFRO HARPING, die ich sehr mag. HIP HARP gfiel mir gar nicht.

    Mit Coltrane meinst Du jetzt Alice, ja? Ich fiel grad in mein altes Schema und hab mich vorhin sehr gewundert :-)
    Von den Ashby-Alben mit Wess finde ich wohl das erste auf Savoy am besten, die beiden Prestige-Alben sind halt irgendwie sehr „Moodsville“-mässig, nur mit Flöte – schade! „Soft Winds“ dann aber, mit Pollard, Herman Wright und Jimmy Cobb, ist im Klang natürlich anders, ohne Bläser. „Afro-Harping“ war mein erstes, das geht ja dann sehr in andere Detroit-Richtungen, da passt auch Cadet als Label ganz gut.

    Vorhin hörte ich mir gleich mehrmals am Stück „Huntington Ashram Monastery“ an – ich kannte das Album kaum und habe es seit Jahren nicht gehört – es ist ein Schritt vorwärts nach „A Monastic Trio“, so wie ich es höre. Nicht nur das Harfenspiel ist besser, überhaupt funktioniert die ganze Musik besser. Carter passt hier in der Tat sehr gut, sein Spiel ist flächiger als das von Garrison, auf der Skala von „gehört“ und „gefühlt“ etwas weiter auf der „gehört“-Seite. Seine harmonischen bzw. melodischen Einfälle sind vermutlich spannender, dafür höre ich ihn (was wieder mit der genannten Skala zu tun, dem weniger stark „Gefühlten“) in Sachen Fundament als etwas weniger stark. Aber das macht nichts, weil Coltane selbst in dieser Hinsicht einen grossen Schritt gemacht hat und ihre Musik langsam ein Zentrum findet. Allerdings, weil ich ihn oben ja schon lobte: ich hätte lieber Rileys präzises, trockenes Spiel als Alis ausuferndes dabei. Aber insgesamt gefällt mir das Album doch deutlich besser als „A Monastic Trio“.

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    vorgarten

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    gypsy tail windInteressant – ich denke grundsätzlich schon, dass man Interpretation nicht-linear denken kann. Cecil Taylor etwa höre ich auf einiger seiner besten Aufnahmen, ca. zwischen „Unit Structures“ und der Band von 1978 (die für mich ein Höhepunkt seines Schaffens darstellt) auch nicht linear, sondern in einer Art An- und Abschwellbewegung, in Energieleveln, die in einander übergehen. Energie ist für mich bei Taylor ein Schlüsselbegriff zum Verständnis, bei Alice Coltrane wäre es ein anderer, Meditatoin klingt vielleicht zu banal, aber wenn man den Sinn, in dem man von einem Kunstwerk sagen kann: „Das ist eine Meditation über …“ miteinbezieht, kommt er mir nicht gänzlich unpassend vor. Ich hörte auch mal ein Brötzmann-Konzert (Full Blast), bei dem die Musik extrem energiegeladen war, in dem aber fast gar keine Bewegung stattfand, sondern eigentlich alles stets an Ort blieb – das gefiel mir nicht sehr gut, beeindruckte aber nichtsdestotrotz. Die besten Momente waren dann aber die, in denen Brötzmann mit dem Altsaxophon aus dem ganzen statischen Gefüge auszubrechen in der Lage war … und das, um einen Bogen zu Alice Coltrane zu schlagen, gelingt Pharoah Sanders meines Erachtens nicht (gelingt ihm auch bei John Coltrane nicht, er ist eher auch ein statischer Gegenpol zur Entwicklung John Coltranes, eine Folie, ein Teil der Klangkulisse, mit der er sich so um 1966 umgab). Die Statik alleine, das irgendwo verharren, das ist vielleicht aus das zentrale Element des fernöstlichen Einflusses auf Coltranes Musik – mich alleine macht das nicht glücklich, wenn es zum Endzweck wird, aber als Element in einem Ganzen kann es natürlich sehr faszinierend sein – wenn sich eben wie das auf „Ptah“ dann wohl geschieht, Stimmen daran abarbeiten, daraus emporsteigen, um wieder ins Ganze zurückzufallen, wenn daraus quasi ein sich Ausdehnen und wieder Zusammenziehen wird, das wiederum nicht nach einem allzu gleichtönigen Schema erfolgen sollte.

    bin gespannt, wie du sanders auf PTAH hörst. ich mag sanders ja vor coltrane und nach seiner wilden impulse-zeit sehr – finde auch, dass er seitdem einen der schönsten tenorsounds hat, den man überhaupt zu hören kriegt. aber gegen das, was du hier schreibt, gibt es wenig zu sagen.

    klar, energie ist auch nicht das kriterium für alice. meditation? weiß nicht, sie würde wahrscheinlich zustimmen… dichte wäre es für mich oft – auch so eine beweglichkeit im ton-haufen, im verhallten und verschmierten… es sind ja doch immer rhythmische akzente drin, auch harmonische angebote, die vom ausgang einerseits weggehen, aber auch stehen bleiben, deshalb die idee von layern oder überlagerungen.

    gypsy tail wind
    (Aber entschuldige, auf welchen Punkt bezieht sich jetzt genau das „siehe oben“?)

    du sprachst in dem post, auf den ich mich bezog, wieder von richtungslosen arpeggi, von erdung und höhenflug…

    gypsy tail wind
    Vorhin hörte ich mir gleich mehrmals am Stück „Huntington Ashram Monastery“ an – ich kannte das Album kaum und habe es seit Jahren nicht gehört – es ist ein Schritt vorwärts nach „A Monastic Trio“, so wie ich es höre. Nicht nur das Harfenspiel ist besser, überhaupt funktioniert die ganze Musik besser. Carter passt hier in der Tat sehr gut, sein Spiel ist flächiger als das von Garrison, auf der Skala von „gehört“ und „gefühlt“ etwas weiter auf der „gehört“-Seite. Seine harmonischen bzw. melodischen Einfälle sind vermutlich spannender, dafür höre ich ihn (was wieder mit der genannten Skala zu tun, dem weniger stark „Gefühlten“) in Sachen Fundament als etwas weniger stark. Aber das macht nichts, weil Coltane selbst in dieser Hinsicht einen grossen Schritt gemacht hat und ihre Musik langsam ein Zentrum findet. Allerdings, weil ich ihn oben ja schon lobte: ich hätte lieber Rileys präzises, trockenes Spiel als Alis ausuferndes dabei. Aber insgesamt gefällt mir das Album doch deutlich besser als „A Monastic Trio“.

    da sind wir uns also einig. komisch, dass das album so viel unbekannter ist als MONASTIC TRIO. vielleicht liegt es am LOVELY SKY BOAT, der auf dem debüt ja schon ein kleiner hit war und auf vielen samplern zu finden ist.
    bei allem respekt vor riley – das, was rashied ali hier auf PARAMAHANSA LAKE macht, ist einfach nicht zu toppen! ali höre ich als einen wirklich genialen, völlig originellen drummer, ohne einen einzigen schwachen moment in seiner diskografie. aber er begleitet natürlich ganz anders – riley ist viel reaktiver, gerade in bezug auf die spielweise von alice coltrane. ich kenne den sonst eigentlich gar nicht…

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    „Dichte“ kann ich nachvollziehen, liegt mir aber schon fast zu nahe bei den Kategorien, mit denen ich Taylors Musik zu erfassen versuche. Taylor hat am Ende wohl mehr „Richtung“ und „Ziel“ als Alice Cotlrane, Tempo, Geschwindigkeit, Intensität gehen bei ihm Hand in Hand und daraus bilden sich dann diese energetischen Zentren und Peripherien, die ich bei ihm höre. Vielleicht ist aber bei Alice Coltrane vieles in der Konzeption gar nicht so anders – aber dafür in der Umsetzung schon.

    Was Ali betrifft habe ich einige Vorbehalte. Kurz und polemisch gesagt: ein Aufschneider, ein Hochstapler, ein Imposter, ein Impersonator … der sich das griff, was ihm passte und daraus – das gestehe ich ihm auf jeden Fall zu! – ein eigenes Idiom schuf, das aber in den Zeiten bei John Coltrane noch längst nicht ausgereift war, dünkt mich, da ist eben noch der Aufschneider und Emporkömmling, der den so viel besseren Elvin Jones verdrängt hat … das natürlich unabhängig davon, ob es in Coltranes eigenem Interesse war oder so … einer raus, ein anderer rein, das ist ja Fakt. Dass Ali tolle Musik gemacht hast, ist klar – ich will ihn auch gar nicht schlecht reden, bloss sind mir andere Drummer wie Cyrille, Murray und natürlich Elvin Jones (und weiter in die „Mainstream“-Ecke dann auch Max Roach, Kenny Clarke und ein paar andere) wichtiger und ich halte sie wohl auch für bedeutender, was die Entwicklung des Jazz-Schlagzeugspiels angeht. Ali ist mir vielleicht einfach ein wenig zu „smart“.

    Dass Ben Riley ein ganz anderes und viel limitierteres Idiom pflegte, ist ebenfalls klar – aber es ist ja oft so, dass die Kombination dem Ganzen die richtige Würze gibt, und dass eben nur besten oder idiosynkratischsten zusammen nicht zwingend eine gute Mischung ergibt.

    Mal schauen, wann ich zu „Ptah“ komme … ich muss mich die nächsten Tage wohl intensiver um Paul Bley kümmern und um Charlie Haden. Und es zieht mich langsam sehr stark zur Klassik, aber ich will hier gerne am Ball bleiben, einfach mit gedrosseltem Tempo, aber doch mit einer Regelmässigkeit.

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    vorgarten

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    gypsy tail wind
    Was Ali betrifft habe ich einige Vorbehalte. Kurz und polemisch gesagt: ein Aufschneider, ein Hochstapler, ein Imposter, ein Impersonator … der sich das griff, was ihm passte und daraus – das gestehe ich ihm auf jeden Fall zu! – ein eigenes Idiom schuf, das aber in den Zeiten bei John Coltrane noch längst nicht ausgereift war, dünkt mich, da ist eben noch der Aufschneider und Emporkömmling, der den so viel besseren Elvin Jones verdrängt hat … das natürlich unabhängig davon, ob es in Coltranes eigenem Interesse war oder so … einer raus, ein anderer rein, das ist ja Fakt.

    das ist mir echt zu blöd. und wenn das weiter so läuft, höre ich auf. ich habe weder das wissen noch die lust, riley gegen ali oder ali gegen jones zu diskutieren, die sind nach meinem empfinden alle fantastisch und können momente erzeugen, die einzigartig sind.
    ich habe versucht, rileys spiel in den aufnahmen mit alice hervorzuheben und danach das, was ali auf den aufnahmen mit ihr macht. ich muss das nicht ranken.
    solche unterirdischen ausfälle gegen einen musiker mag ich gar nicht beantworten, das hat ali nicht nötig und ich bin dafür auch nicht ausgebildet. das sind hier alles nur amateurhafte, subjektive impressionen, die zwangsläufig daran scheitern, dass man mit worten keinen richtigen ausruck dafür findet, was musik macht. als solche möchte ich die aber gerne hier schreiben dürfen.

    wenn du hier als korrektor auftrittst, der dafür sorgen muss, dass am ende klar bleibt, was elvin jones für die jazzgeschichte geleistet hat, auch wenn es hier eigentlich um einen beitrag von rashied ali geht, der mir sehr viel bedeutet, dann mag ich dafür nicht die vorlage geben.

    klar kann hier jeder seine meinung sagen. aber zur diskussion reichen solche generalvorwürfe nicht. man kann raum geben, räume öffnen oder räume schließen. und mir verschließt sich hier gerade was und das finde ich schade.

    --

    #8940629  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgartenwenn du hier als korrektor auftrittst, der dafür sorgen muss, dass am ende klar bleibt, was elvin jones für die jazzgeschichte geleistet hat, auch wenn es hier eigentlich um einen beitrag von rashied ali geht, der mir sehr viel bedeutet, dann mag ich dafür nicht die vorlage geben.

    Nun, dass man unliebsame Dinge über Musiker lesen muss, die einem sehr viel bedeuten, das gehört doch zum Alltag – geschieht ja z.B. gerade in meinem BFT auch. Die Kehrseite ist die, dass man dann auch mal ins Gesicht gesagt kriegt, dass man nichts begreife – das wollte ich Dir aber keinesfalls unterstellen, die Erfahrung (ich habe sie gemacht, auch in diesem Forum) ist keine erfreuliche, ich gönne sie niemandem.

    Du hast wohl recht, dass eine solche polemische (wenigstens, kann ich zu meiner Verteidiung anführen, als ebensolche angesagte) Breitseite gegen Rashied Ali in diesem Thread nichts zu suchen hat.

    Als Hochrechnen von Ali vs. Riley war mein Post aber ebensowenig gedacht. Ich kenne doch längst Deine Abneigung gegen solche Vergleiche und teile sie ja eigentlich auch – dennoch ist der Vergleich doch in sehr vielen Belangen etwas, das sich uns immer wieder aufdrängt – aber ich hatte schon ein paar Male das Gefühl, dass unsere Sensibilitäten diesbezüglich nicht ganz kompatibel sind. Ich will auf jedenfall Dir und auch sonst niemandem hier zu nahe treten und mit meinen Aussagen eine Diskussion unterbinden, das nun wirklich nicht!

    vorgartenklar kann hier jeder seine meinung sagen. aber zur diskussion reichen solche generalvorwürfe nicht. man kann raum geben, räume öffnen oder räume schließen. und mir verschließt sich hier gerade was und das finde ich schade.

    Das tut mir sehr leid und war so ganz und gar nicht meine Absicht! Ich hoffe wirklich sehr, dass Du diesen Faden hier weiterspinnen magst. Ich habe mich jedenfalls noch nie so sehr in die Musik von Alice Coltrane vertieft, wie ich das gestern tat – und bei allem Widerspruch, der sich in mir regen mag, ist das dennoch ein lohnendes Unterfangen, dessen bin ich mir gewiss!

    Zudem enthielt mein Post ja noch einen weiteren Abschnitt – und dazu würde mich Deine Meinung nun interessieren, denn ich tu mich wirklich schwer damit, Begrifflichkeiten zu finden, mit der man solche Musik (und einen Vergleich von Alice Coltrane mit Cecil Taylor will ich nun als letztes implizieren) sprachlich fassen kann.

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    vorgarten

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    schon ok. ich habe natürlich genauso wenig interesse daran, alice coltrane und rashied ali gegenüber ihren kritikern zu verteidigen als leuten begreiflich zu machen, warum miles davis ein interessanter musiker ist. andererseits kann man mir bestimmt auch solche bashings nachweisen.

    ich mache solch einen thread, weil ich gerade systematisch eine diskografie durchgehen und dann denke, dass ich dazu dann auch genauso gut schnell was schreiben kann. es gibt nicht so viel über AC zu lesen, und wenn das hier dazu führt, dass sich interessierte menschen einen kleinen überblick verschaffen können, bevor sie sich davon weder emanzipieren, ist doch alles gut.

    zum vergleich mit cecil taylor kann ich wenig sagen, da ich mich bislang nie wirklich intensiv mit ihm beschäftigt habe. das kommt aber natürlich noch.

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    #8940633  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Gut, dann rauchen wir jetzt eine Friedenspfeife, ja? :-)

    vorgartenzum vergleich mit cecil taylor kann ich wenig sagen, da ich mich bislang nie wirklich intensiv mit ihm beschäftigt habe. das kommt aber natürlich noch.

    Lass dann hören, wann immer Du soweit bist!

    Und wie ich sagte: unbedingt weitermachen – von diesem so auch von mir nicht gewollten Zwischenfall mal abgesehen finde ich den Thread wirklich gut!

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    #8940635  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy tail windGut, dann rauchen wir jetzt eine Friedenspfeife, ja? :-)

    gerne. ich schätze mal, nach alice coltranes ashram-gesangsplatten, die mir noch bevorstehen, bin ich sowieso zu keiner gegenwehr mehr in der lage. ;-)

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    #8940637  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgartengerne. ich schätze mal, nach alice coltranes ashram-gesangsplatten, die mir noch bevorstehen, bin ich sowieso zu keiner gegenwehr mehr in der lage. ;-)

    :-) – aber dahin werde ich Dir nicht folgen können … zehn Alben (zwei halbe mitgerechnet, „Cosmic Music“ und „Infinity“ – an letzteres habe ich mich noch immer nicht gewagt, der Thread hier wird die Zeit dafür sein!) sind doch schon ziemlich viel!

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    vorgarten

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    hierüber bin ich gerade gestolpert. sehr süßer ansatz, aber eigentlich auch eine gute definition vom solospiel im jazz. jedenfalls – 9 best jazz soloists of all time: louis armstrong, ella fitzgerald, john coltrane, jim hall, charles mingus, clifford brown, thelonious monk, albert ayler und – alice coltrane! (man muss ja auch nicht immer miles erwähnen!)

    wie auch immer – dieses harfensolo ist tatsächlich sehr schön und hat auf youtube ein ziemliches eigenleben entwickelt.

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