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Wirklich gut die ZEIT dieser Woche (in einer wohlgemerkt positiven Kritik des münchener Konzerts) – Zitate:
„Betreutes Wohnen auf der Bühne“
„Für uns erleiden sie die ewige Jugend“
„Was ist von einem 60jährigen in knallengen Hosen zu halten, der sich im Schritt kratzt und dabei versichert, er könne und könne und könne nun mal keine Befriedigung finden – hat der etwas besonders falsch gemacht oder besonders richtig?“
„Ihre musikalische Mission war mit Exile On Main Street beendet, der Rest ihrer Karriere zielte in letzter Konsequenz auf (…) wertkonservativen Hüten eines Weltkulturgutes.“
„Hier der große Untote der Rockgeschichte, der sein verwittertes Äußeres mit allerhand Glitzerschmuck Richtung Voodoo-Zombie überhöht hatte; da der tuntenhaft herumgockelnde Berufsjugendliche, die große Animierdame für den Mittelstand und gleichzeitig doch auch der Uli Hoeneß der Musikbranche, der seine Band FC-Bayernhaft von einem Erfolg zum nächsten zwingt.“
„Mick Jagger (…) ist ein hyperaktiv zuckendes Zitat, seine Kraftstrotzerei ist im Grunde nichts als Schwäche, das einmal gefundene Rollenmodell abzustreifen. (…) Statt sukzessive älter zu werden, sprich: die eine oder andere Erfahrung gemacht und daraus ein paar Konsequenzen gezogen zu haben, muss er für die Öffentlichkeit ein erfahrungsarmes Stadium seines Lebens konservieren (…) Jagger reloaded.“
Tja Jörg, ich habe den Artikel auch gelesen.
Jetzt haben wir hier die polarisierende Pop-Essenz, die allerdings den Artikel wirklich ganz gut zusammenfasst.
Der Autor hat sich in erster Linie selbst gefallen. Sich daran einen aufgegeilt, solche Jagger-/Stones-Klischees zum abertausendsten Mal wiederzukäuen und zwischendurch in ein paar Nebensätzen zu erwähnen, dass ihn das Ganze dann wider Erwarten schon berührt hat.
Zum Glück hat die Zeit meistens bessere Artikel, sonst hätte ich sie nicht im Abo.
Solche Artikel schreibe ich Dir auch 3 Stück die Woche, wenn Du mich dafür bezahlst.
Aber seit 40 Jahren ein Top-Rockstar sein, der auch mit 60 noch die Stadien rockt und die jungen Dinger kriegt, das kriegt so schnell keiner hin.
Wer sich über Jagger in diesem Maße, mit diesen Kritikpunkten, aufregt ist ein armer Kerl. Oder schlichtweg ein Spacken.
Wenn ich mal 60 bin, das Bedürfnis kriege, wie 20 auszusehen und die Teenies ins Bett zu kriegen, bin ich dabei.
Im Augenblick bin ich 41, sehe auch so aus und möchte nichts mit der Tochter meiner Freundin anfangen.
Was das mit Mick Jagger zu tun hat? Nichts. Aber wenn ein Mensch im beginnenden Rentenalter diese Karikatur von sich auf Welt-Tournee schickt, darf er sich nicht wundern, wenn ein obendrein begabter Lohnschreiber an ihm seine Krallen wetzt. Das ist passiert und in Ordnung.
Die SZ-Kritik, die sich in jedem dritten Satz selbst in Frage stellt bzw. entschuldigt, finde ich wesentlich reflektierter als den Ärger darüber.
Oder?
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Wenn wir schon alles falsch machen, dann wenigstens richtig.