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Sun Ra And His Intergalactic Myth Science Solar Arkestra – Sleeping Beauty (1978)
Ich hatte diese Platte schon mal im „Ich höre gerade …“-Thread erwähnt. Aber nur ganz kurz.
Sun Ra at his most relaxed. Das hier 28-köpfige Arkestra setzt sich nur langsam in Bewegung. Während des ersten Stücks It‘s Springtime Again reibt sich das Arkestra noch den Schlaf aus den Augen. Bei Door Of The Cosmos kommt es dann in Schwung und stimmt mit „Love and life / Interested me so / That I dared to knock / At the door of the cosmos“ (oder so ähnlich) händeklatschend eine Art Gospelchor an und es gibt veritable Bläsersätze zu hören. Mit dem dritten und letzten Stück Sleeping Beauty schickt das Arkestra den Hörer aber auch schon wieder ins Reich der Träume. „I want to speak about black beauty with you.“
Das klingt etwas wie eine Big Band auf Seconal, ist ein eher locker geflochtenes Gewebe. Changierend schieben sich hier und da Solisten in den Vordergrund um sich danach wieder in die farbig schillernde, träge daher ziehende Karawane einzureihen. Auffallend ist bei Sleeping Beauty aber auch der leicht elektrifizierte Sound des Arkestras mit E-Piano, E-Gitarre und E-Bass – ich sag mal: das klingt seidig-schimmernd, feinperlig und geschmeidig. Manchmal kratzt Sleeping Beauty an der Grenze zur funkyness, aber dann gerät es auch schon wieder aus den Fugen, schwirrt etwas umher und verflüchtigt sich in den Weiten der Galaxis.
Daran anschließend höre ich gerne Sun Ras Lanquidity, das etwas schärfer konturiert ist. Das ist chronologisch zwar verkehrt rum, klingt für mich aber sinnvoll. Dazu vielleicht später.
(Mit gerade mal 30 Minuten ist Sleeping Beauty mit wiederum drei langen, jeweils +- 10-minütigen Stücken, insgesamt recht kurz (aber in dieser Länge völlig in Ordnung) und ist damit etwa so lang wie eine Platte der Ramones, deren Debüt sich dieses Jahr zum 40sten mal jährt – die schafften in 30 Minuten aber rund 15 Stücke. Ein zugegeben absurder Vergleich, der mir aber spontan einfiel. Eigentlich völlig Quatsch, denn die Musik könnte nicht gegensätzlicher sein. Aber sowohl Sun Ra als auch die Ramones bewegten sich in unterschiedlichen, jeweils eigenen Raum-Zeit-Kontinuen. Und dann ergibt der Vergleich sogar wieder Sinn.)
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)