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Thx!
Ich bin erstmals Anfang der 80er mit Reggae in Berührung gekommen, wenn auch recht oberflächlich. Die britische Punk / New Wave-Szene hatte eine Affinität zu Reggae, wohl weil viele Jamaikaner im UK lebten, die Punks mit denen zusammen in der gleichen hood hockten und man mit dem bösen Schweinesystem bzw. Babylon ein gemeinsames Feindbild hatte. The Clash spielten Police & Thieves, 2-Tone veröffentlichte Ska, Adrian Sherwoods On-U Sound-Label veröffentlichte Dub und selbst Johnny Rotten / John Lydon war bekennender Reggae Fan. Sounds und Spex besprachen diese Platten damals und so kam ich z.B. mit Scientist und den New Age Steppers in Kontakt.
Grace Jones ist natürlich ein Konstrukt, deren früh-80er Platten sich Chris Blackwell (der Gründer von Island Records) ausgedacht hat. New Yorker Disco-Diva trifft Reggae und New Wave. Da spielt sicher auch die Lust am Exotischen eine große Rolle. Ich glaube gerne, dass das in Jamaika keinerlei Effekt hatte, aber dafür war es nicht gemacht, sondern für New York, London und Paris. Warm Leatherette und Nightclubbing sind übrigens sehr gute Platten, wenn auch natürlich kein authentischer Reggae.
Mit den Geschlechterrollen spielte ich auf die meines Wissens in Jamaika weit verbreitete Homophobie und gewisse Geschlechtsrollenklischees an. Ich habe keine Ahnung, wie das in den 70ern/frühen 80er war. Wenn ich mir ein paar aktuelle Dancehall-Videos ansehe, gewinne ich aber den Eindruck, dass dort gegenwärtig die Dicke Hose regiert und Frauen vor allem mit überbetonten sexuellen Schlüsselreizen Aufmerksamkeit erregen. Die plattesten Mann/Frau-Stereotypen. Sowas entwickelt sich ja nicht über Nacht, und es ist zumindest irritierend, irgendwie auch interessant, dass ausgerechnet Grace Jones („Feeling like a woman, looking like a man“) oder der offen schwule Boy George mit Reggae rummachten. Und das müssen die Jamaikaner in London ja auch wahrgenommen haben. Eigenartige Verbindung …
Diese Reggae Gold 2016-Compilation sagt doch mit dem Coverbild schon alles, auch über die Qualität der Musik. Ich will hier jetzt nicht den Kulturpessimisten geben, aber da scheint das Niveau doch sehr tief gesunken zu sein und das Missfallen daran hat nichts mit Deinem oder meinem Alter als Hörer zu tun. Die Adiletten der bitch links auf dem Cover finde ich aber schon wieder gut.
Reggae in den 70ern: Da stöbere ich hier und dort ein wenig. Zuletzt in den Gehörgängen eine Platte aus der guten alten Zeit.
Rico Rodriguez – Man From Wareika (1977)
Sehr schöne, rein instrumentale Platte mit dem Posaunisten Rico Rodriguez als Leader. Schöne Bläsersätze, entspannt groovende riddims (die hier nicht nach Fließband klingen), und – ja – ein wohltuend warmer Sound.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)