Antwort auf: Miles Davis

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vorgarten

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6. juni 1972. das line-up ist leicht verändert (lonnie liston smith statt corea, ein zweiter gitarrist: david creamer, carlos garnett statt liebman und ein kurzer auftritt von bennie maupin). im wesentlichen wird an einem riff und einem passenden groove gearbeit, aus dem später „black satin“, aber auch die komplette seite zwei von ON THE CORNER werden. ein dreiton-bassriff bildet die grundlage, dazu zwei exakt festgelegte, ineinander geschobene drum-figuren, ab und zu wird auch ein thema dazu gespielt, das auf „black satin“ am prominentesten vorkommt. alles andere drum herum sind wabernde effekte und ambivalente harmonien einerseits und die locker aufeinander bezogene multipercussion andererseits. ich kapiere im einzelnen nicht, was macero da gemacht hat und was wiederum belden und king hier präsentieren, zumal die titel der stücke verwirrend sind und die ergebnisse patchwork. aber das funktioniert alles in vollkommen gültiger und geheimnisvoller weise.

die instrumentalisten sind letztlich austauschbar (egal, ob jetzt nun 1 minute liebman oder garnett zu hören ist, welcher tastenmann gerade für was verantwortlich ist), es ist immer was los.

das stück „black satin“ ist ein sonderfall, da hier noch overdubs zum tragen kommen und die eizelnen sounds sehr stark manipuliert sind (intro und outro sind eine collage von percussion-loops mit merkwürdigen pfeifgeräuschen, die wahrscheinlich aus ivory williams‘ synthesizer kommen oder direkt von buckmaster aus irgendwelchen geräten herausgeholt werden. ein toller effekt sind die ebenfalls gesampelten handclaps, die mit dem rest eine musik ergeben, die keinen „natürlichen“ entstehungsraum mehr andeutet, sondern in drähten und kanälen verschaltet wird.

es gibt darüber hinaus noch einen viel lockereren jam im session-material, der verwirrenderweise auch „one and one“ genannt wird und aus dem sich laswell auf PANTHALASSA auch bedient (das dann aber als „what if“ bezeichnet). da spielen beide drummer sehr frei um ein minimalriff von henderson herum, mclaughlin fängt mit einem verzerrten solo an, dann kommen noch zwei tolle soli von garnett und dann ein überraschendes duett von miles und dem zweiten gitarristen david creamer, der einen bemerkenswert schönen traditionellen jazz-gitarrenton hat (nur manchmal mit wahwah moduliert) und sehr interessante, leichtfüßige, verwinkelte linien spielt, die miles toll aufgreift. creamer ist als lehrer und musiker immer noch unterwegs und hat offensichtlich ein „oktatonisches“ spielsystem entwickelt. im material, das am ende auf ON THE CORNER gelandet ist, wird sein beitrag weniger stark deutlich.

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