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back on track. nach 3wöchiger pause klingt das alles wieder frisch und originell. bin natürlich beim newport festival in europe angelangt, mit dem die miles-band im oktober und november eine ausgedehnte europa-tour machte. als stellvertretend dafür kann der dietikon-auftritt gelten, dessen erstes set hier zu finden ist:
das zweite, ungleich „heißere“, findet sich hier:
22. oktober 1971. die band hat, so muss man wohl sagen, zwei wesentliche verluste zu verkraften: jack dejohnette wird zwar mehrfach später wieder dazustoßen, ist aber bei dieser tour offiziell draußen. auch airto hatte wahrscheinlich in diversen studios genug zu tun. wieder ersetzt miles die prägenden mitglieder mit jungen musikern – leon chancler ist gerade mal 19, als er den vakanten drum-stuhl besetzt, für airto (und wohl auch, um die palette des sehr viel geradliniger spielenden chancler etwas zu erweitern) kommen gleich zwei percussionisten, die allerdings im klangbild ziemlich untergehen: don alias (der ja auch schon bei den BITCHES-BREW-aufnahmen dabei war) und james „mtume“ foreman, der sohn von jimmy heath. letzterer eine entdeckung von gary bartz auf der westküsten-tournee und sie springen hier ins kalte wasser eines stehenden konzepts.
die spieltechnischen defizite sind ziemlich deutlich, trotzdem funktioniert die musik auf neue art ganz wunderbar. chancler (dessen fragloses können ja auf späteren aufnahmen sehr deutlich wird) verlässt sich oft auf generische techniken, seine grooves rollen aber ziemlich selbstverständlich dahin. mtume, der später ziemlich charismatisch die musik von miles prägen wird, hat hier noch nicht herausgefunden, was er hinzufügen könnte – oder er geht in der mischung unter. seine deutlich afrikanischer geprägte percussion (congas und bongos) liegen etwas teppichartig unter der band, während airto viel stärker einzelne momente akzentuiert hätte. während also die schlagzeug-abteilung deutlich esprit-loser agiert als das sextett zuvor, dominiert henderson jetzt sehr deutlich das geschehen. vielleicht passt ihm die generische ausrichtung der drummer auch besser. jarrett passt sich deutlich an und spielt sehr viel weniger experimentell, dafür mehr in gebräuchlichen souljazz-idiomen; auch bartz intensiviert wieder seine hymnischen soul-licks, die zu berechenbaren höhepunkten führen (jarrett setzt währenddessen meist aus). miles ist mit seinem wahwah-sound plötzlich das radikalste element in der band, die sehr publikumstauglich dahergroovt.
meine lesart ist aber vielleicht etwas zugespitzt, im netz finden sich viele stimmen, die sagen, dass diese besetzung dem repertoire wenig neues hinzugefügt habe und eher im abglanz der von dejohnette und moreira filigran durchgepeitschten band agiere. ich könnte mir dagegen vorstellen, dass miles die etwas poppigere ausrichtung durchaus gefallen hat (das publikum in der schweiz jedenfalls klingt ziemlich aus dem häuschen).
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