Antwort auf: Reggae/Dub

#9925321  | PERMALINK

ibins

Registriert seit: 22.10.2014

Beiträge: 17

Das Cover für die „Encounters pacman“ sieht dann so aus:

Mit der Megapeinlichkeit bei der CD-Version, letzter Tune 7 Minuten nur ein Vers drauf, deshalb dürfte es derzeit die CD-Version auch nicht geben. Doppel-LP ist eigentlich seit Juni erhältlich.

Ob das digitale Zeugs den Reggae zum Besseren gewandelt hat ist wohl nicht so eindeutig und klar beantwortbar. Fakt ist halt, die Studios brauchten keine Musiker mehr und das Riddim produzieren ist um einiges billiger geworden, es reicht ein PC und eine kleine Kabine mit Mikro zum Voicen für die Artists. Fließband war und ist Reggae. Jahr für Jahr kamen Unmengen von Singles, heute halt Unmengen von mp3’s. Platten werden in Jamaica nicht mehr gekauft, das geht alles über die Straße mit selbstgebrannten Zeugs oder direkt vom Studio – wenn du jemand kennst. Es ist halt so, dass sich das Ganze immer mehr mit HipHop vermischt, besonders peinlich sind dann die von mir so bezeichneten „EuroDisco“ Ausrutscher mit so Technogenudel, verzerrten Stimmen und absolut nix mehr jamaikanischem außer den Worten.

Zu Rasta: Rastas wurden in Jamaika auf offener Straße ermordet, das ist kein Scherz sondern war Realität (ich glaube so bis Ende der Vierziger). Die ersten Rastas im Studio dürften Count Ossie gewesen sein und die hat dann Prince Buster mitgenommen. Die Single kennt in der Version von Shaggy jeder, das Original ist aber das Interessantere – „Oh Carolina“ heißt das Ding. So richtig groß und eng war das Ganze zwischen Reggae und Rasta in den Siebzigern. Slackness hat es in Jamaica schon immer irgendwie gegeben, das hat mit dem digitalen Zeugs nichts zu tun, empfehle mal „Wet Dream“ von Max Romeo oder etwas später „Bathroom Sex“ vom General Echo. Wie auch in anderen Bereichen ist es halt auch hier extremer geworden und ohne „Pum Pum“ und „Dickie“ geht es wohl heute nicht. Auch Shabba ranks besang ja die Vorteile einer engen Muschi (needle eye pum pum, 90er) und Spice besingt das auch heute noch („Needle Eye“, 2016), Beenieman den Sex mit einem Ghetto Girl („Slam“ auch 90er, manche sagen Slam ist das SlangWort für das f-Wort, manche Sagen es ist eher in der Kategorie „Liebemachen“), die Liste lässt sich wohl unendlich fortsetzen. Aber es gab auch im Digitalen Zeitalter Leute wie Garnett Silk und der hat mit Slackness nix am Hut oder? Chronixx heute würde ich dem Slackness nicht zuordnen oder der von mir sehr geschätzte Tarrus Riley gehört da nicht hin.

Vielleicht generell wichtig zu erwähnen ist, dass Reggae über Singles bzw. Tunes funktioniert. Alben sind uninteressant, da in der Produktion zu teuer und im Verkauf zu wenig profitabel innerhalb Jamaikas. Die Album-Geschichte ist auf den internationalen Markt abgezielt. Deshalb sind viele Alben auch nur Ansammlungen von Singles. Burning Spear mag hier eine Ausnahme gewesen sein, Bob Marley soundso, aber das ist eine andere Kategorie. Wichtig – am Anfang ist der Riddim, früher halt analog, heute in der Regel digital, ab und an auch noch analog. Dann kommen die Artists und die singen dann halt ihre Lyrics drauf und mit relativ wenig Aufwand hast du ein Paket mit 10 bis 20 Tunes, also damals auch 10 bis 20 Singles, denn auf jeder Single ist dann das selbe Instrumental drauf. Oder in den Siebzigern halt der Dub. So sind dann auch die Scientist Sachen entstanden. Das war jetzt krass ausgedrückt ein Abfallprodukt, der hat den Tune bekommen und dann einen Mix gemacht. Das ging manchmal schnell, das heißt die Dinger wurden durchaus live gemixt und direkt auf Band aufgenommen, keine aufwendigen Produktionen!

Etwas anders ist das durchaus mit Lee Perry. Der hat im wahrsten Sinne des Wortes Collagen gebaut. Hatte ja nur ein 4Spur gerät, also wurden halt 4 Spuren auf eine zusammengefasst, die nächsten 4 Spuren wieder auf eine etc. Das Ganze übereinandergelegt und voila schon ist das Geheimnis gelüftet, warum das absolut unfassbar ist, wenn man nur ein 4Spur Gerät hat. Da findest du auch z.B. das krähen von Hühnern, aufgenommen in seinem Yard, absolut verrückt und kreativ.  Friedrich nimm dir Zeit für die Arkology, das Ding ist in seiner Gesamtheit echt genial von Steve Barrow zusammengestellt. Nochmal empfehlen möchte ich die „Dubbing at King Tubby’s Doppelcd oder 4-fach LP), eigentlich sind das 3 Alben die in den 90ern von BloodandFire (Auch von Steve Barrow zusammengestellt) veröffentlicht wurden. Ist essentiell und überhaupt, wenn ihr noch dazu kommt, BloodandFire Teile sind immer empfehlenswert, leider gibt es das Label nicht mehr.

 

--