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Diese Platte hatte ich schon öfter erwähnt. Chet Bakers Comeback nach einer langen unfreiwilligen Auszeit und dann gleich bei dem damals wohl angesagtesten Label, Creed Taylors CTI.
Chet Baker – She Was Too Good Too Me (1974)
Creed Taylor verpasst Chet Baker hier ein Update: Chet klingt so, als sei nichts gewesen, keine Drogen, keine Gefängnisaufenthalte, keine ausgeschlagenen Zähne, gar nichts. Er hört sich jung und gesund an, wie in den 50er und 60ern. Nur verpasst ihm Creed Taylor einen etwas modernisierten Sound, der sich an der eleganten smoothen Ästhetik von CTI orientiert und bei dem das E-Piano das auffälligste ist. Das Programm könnte so oder so ähnlich auch 10 oder 20 Jahre vorher aufgenommen worden sein, ein paar Standards, ein paar Gesangsnummern, ein paar Stücke mit Paul Desmond und/oder Hubert Laws, ein paar Streicherarrangements und mit Hank Mobleys Funk In Deep Freeze ein Ausreißer. Das gesamte Spektrum also. Die Stücke mit Streichern sind mir persönlich etwas zu zuckrig, aber das ist Nörgeln auf sehr hohem Niveau. Denn alleine Autumn Leaves klingt hier so frisch und paradoxerweise frühlingshaft und Chets Trompete und seine Stimme so klar und selbstbewusst, dass diese Platte klar und deutlich sagt: Chet is back!
Sicher ist She Was Too Good Too Me in Chet Bakers Oeuvre etwas obskur. Zu deutlich ist die Produktion von Creed Taylor im Früh-70er-Sound, während Chet Bakers andere Aufnahmen der 70er und 80er – soweit ich das beurteilen kann – fast produktionsfrei, frisch von der Leber weg und oft sogar live von der Bühne mitgeschnitten sind. Aber gerade das mach SWTGTM für mich außergewöhnlich und interessant.
Ich frage mich, warum das Chet Bakers erste, letzte und damit einzige Aufnahme für CTI war?
zuletzt geändert von friedrich--
„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)