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Der gestrige Höhepunkt war auch wie am Montag eine sehr intime Annäherung:
Rudolf Thome sitzt an der Restaurierung eines sehr alten, sehr schönen Filmes. Marquard Bohm und Iris Berben in einem Hotelzimmer. Bohm sagt: „Was ich dir mal zeigen muss, das ist der Starnberger See bei Nacht“. Schnitt: Die beiden stehen am Wasser, die Sonne leuchtet. „Das ist er, der Starnberger See bei Nacht.“ Humor und Melancholie, das ging bei Thome stets so leicht zusammen wie bei keinem anderen deutschen Filmemacher (und wenn man mich fragt: Es gab auch nie einen besseren). 29 wunderbare Filme entstanden so, größtenteils mit geringen bis nicht vorhandenen finanziellen Mitteln. Ein Dreißigster sollte nicht mehr folgen: 2014 wurde ein von Rudolf bei der Filmförderung eingereichtes Drehbuch abgelehnt. Gemeinsam mit seiner Tochter plante er daraufhin eine Crowdfunding-Kampagne, schrieb ein neues Drehbuch und stellte sich zuletzt doch dem Unvermeidlichen: Als er in einem Auto durch Berlin fährt, merkt er, dass ihm die Kraft fehlt, noch einmal einen solchen Neuanfang zu wagen, wie er ihn damals Mitte der 70er mit dem Umzug nach Berlin und den beiden No-Budget-Produktionen „Made in Germany und USA“ und „Tagebuch“ begann.
Während dieser Monate begleitete ihn die Schauspielerin und Regisseurin Serpil Turhan (deren toller „Meine Zuge dreht sich nicht“ vor zwei Jahren bei Achtung-Berlin-Festival zu sehen war) ohne ein Produktionsteam mit der geschulterten Kamera. Entstanden ist dabei „Rudolf Thome: Überall Blumen“, kein Dokumentar- oder Porträtfilm im eigentlichen Sinne, sondern ein hochpoetischer Film aus eigenem Recht, der von der intimen Dynamik zweier Künstler steht, die eine Generation auseinander liegen und sich doch auf einer Wellenlänge befinden. Die beiden rupfen gemeinsam die verwelkten Rhododendronblüten im Garten, beobachten Sonnenuntergänge und Serpil Turhan geht immer wieder auf Schatzsuche durch Rudolf Thomes Bauernhof: In einem Raum stapeln sich verstaubte und angerostete Filmrollen aus mehreren Jahrzehnten unter Verlängerungskabeln und Pappschildern. Thomes gesammeltes Werk. Als dieser große, mittlerweile auch alte und doch immer noch sehr jugendlich gewitzte Mann nach dem Screening samt Family auf die Bühne gebeten wurde, da kullerten mir Tränen die Backen runter. Ich glaube, es ging nicht nur mir so.
Sicherlich einer der besten deutschen Filme der letzten Jahre (wenn dieses Lob nur nicht so wenig wert wäre).
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A Kiss in the Dreamhouse