Re: Umfrage: Die besten Filme 2015

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friedrich

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pinchDa hast du vollkommen recht. Und ähnlich ist es bei CAROL: man muss den Film als Fantasie begreifen, als stilisierte Überzeichnung einer Beziehungsstory zweier Menschen. Es ist doch klar, dass zwischen Pennebaker (und in diesem Fall auch Scorsese) ganze Galaxien liegen, was die Herangehensweise betrifft. Todd Haynes war sicherlich nicht daran gelegen, eine Doku in Form eines Spielfilms zu bringen. Das sollte einem einleuchten. Ebenso ist sein Film CAROL eine Phantasmagorie, die den Gesetzen des Kinos folgt, nicht irgendwelchen rationalen Mustern. Und „vom anderen Ufer“… ich glaube, darum gehts primär auch nicht. Es geht um Seelenverwandtschaft, nicht in erster Linie um körperliches Verlangen.

Mmmh … naja … ich verstehe, was Du meinst. Ich bekenne aber, dass das bei mir beim übrigens völlig unvoreingenommenen Sehen im Kino nicht funktioniert hat. Die Überzeichnung sah ich alleine auf der – ich sag mal – ästhetischen Ebene, vielleicht nicht mal eine Überzeichnung, eher ein formaler Perfektionismus, der vieles andere überdeckte. Für Überzeichnungen bin ich eigentlich meistens zu haben und neige selbst sehr dazu. Vielleicht war es dann wiederum für mich nicht genug überzeichnet? Vielleicht sollte ich den Film noch mal sehen? Vielleicht habe ich dazu aber keine Lust.

Ich habe gerade noch mal die Kritik zu Carol in der epd-Film von Claudia Lenssen gelesen. Mir scheint, Claudia Lenssen, Du und ich haben jeweils einen anderen Film gesehen.

Den Smiley bei „vom anderen Ufer“ hast Du gesehen, nicht wahr?

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)