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grünschnabel
Und dann noch der Aspekt der Interpretation: Nicht jeder Künstler ist ja im puristischen Sinne originär schaffend – macht Choosefruit Kunst, ist er also selbst „Künstler“, wenn er „A day in the life“ auf der Gitarre nachspielt (und keiner außer ihm hört zu…)?
Er ist dann zumindest Musiker. Aber ich würde das Musiker-aber-nicht-Künstler-sein -im Widerspruch zu Deiner Aussage, dass nicht jeder Künstler originär schaffend ist- sogar noch ausdehnen: Zum Beispiel auf den Teil der Orchester- und Studiomusiker, die ohne Freiheit zur Interpretation nur umsetzen, was jemand anderes vorgibt.
Es entsteht bei mir dann allerdings folgende Frage: Ist das, was Choosefruit im stillen Kämmerlein auf seiner Gitarre zupft, überhaupt Musik? Oder wird das auch erst zu Musik, wenn jemand zuhört?
Wenn es Musik sein sollte, wäre es dann nicht auch Kunst in dem Sinne, dass Choosefruit sich hier „antwortend“ auf die künstlerische Tradition des Songs bezieht (und das, egal ob jemand dem lauscht). Steht sein Geist hier nicht in Verbindung mit dem, was zuvor „kultur-soziologisch“ in den Bereich der „Kunst“ verortet wurde? Auch er ist und bleibt schließlich – selbst im Zustand des Alleinseins (!) – immer ein soziales Wesen, und er ist in gewissem Sinn hier auch sein eigener Rezipient, der Schall bleibt nicht ungehört…
Das wäre dann meiner Meinung nach zwar klar Musik -und auch ggf. Vorarbeit für ein Kunstwerk- biebe aber „keine Kunst“, weil es sich dem Dialog verweigert. Das Ziel dieses Gitarrespielens ist dann ja auch nicht Dialog sondern z. B. Beherrschung des Instruments oder besseres Verständnis von Musiktheorie, eines Stücks oder von Interpretationen eines Stücks.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick