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choosefruitDie aktuelle Wendung in dieser Diskussion erinnert mich an die Frage, ob ein umfallander Baum in einem Wald ein Geräusch erzeugt, auch wenn niemand in der Nähe ist, der es hören könnte.
Das ist auch eine ähnliche Fragestellung. Analog zu dem, was Herr Rossi oben über Amerika schrieb, entsteht natütlich auch Schall, wenn niemand in der Nähe ist. Ein Geräusch aber erst durch einen Zuhörer (also jemanden mit Ohren).
Wenn ich einen Song schreibe, ihn aber noch keinem vorspielte, dann habe ich mich dennoch der Kunst des Musizierens bedient, unabhängig davon, dass dieser Song noch nicht veröffentlicht wurde.
Du hast Dich da zunächst dem musikalischen Handwerk bedient, um aus einer Idee ein Stück zu machen. Genau wie es sich bei Bach’s „Kunst der Fuge“ um die Technik bei der Komposition dreht („kunstvoll“) und nicht um den individuellen Ausdruck („künstlerisch“).
Die Rezeption der anderen legt lediglich fest, wie bedeutsam meine Kunst (mein Song) ist.
Da muss man m.E. die Tatsache der Rezeption (, die festlegt ob etwas Kunst ist) vom Inhalt der Rezeption (, die eine Aussage zur Qualität trifft) unterscheiden.
Das Schreiben eines Liedes ist eine Auseinandersetzung mit Kunst und ein künstlerischer Prozess, welcher nicht durch den Umstand, dass dieses Lied noch keiner hörte, relativiert wird.
Klar. Aber das Endprodukt ist, solange es den Übungsraum nicht verlassen hat, ausschließlich ein musikalisches Werk, das durch bestimmte Eigenschaften der Gattung „Lied“ zugeordnet werden kann, aber noch kein Kunstwerk.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick