Re: Musikbewertung und Diskussionskultur

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daniel_belsazar

Registriert seit: 19.04.2006

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Der Solipsismus stirbt offenkundig nicht aus, obwohl er weiterhin grundverkehrt ist.

Jedes Individuum der Gattung Mensch ist ein soziales Konstrukt, und damit auch notwendigerweise jede Äußerung, jeder Ausdruck, der über unmittelbare instinktive Empfindungen und Handlungen hinaus geht – dies gilt für „Kunst“, wie auch immer sie definiert sein sollte, sogar in besonders offensichtlicher Weise.

Die Fähigkeit, mit der dies passiert, die oft „Geist“ genannt wird, ist unmittelbar konstituiert und untrennbar verbunden mit Sprache. Sprache als leitende Institution des sozialen Konstrukts wiederum ist als Bedingung ihrere Möglichkeit dialogisch angelegt, d.h. jede sprachliche („geistige“) Äußerung ist prinzipiell notwenigerweise auf einen Empfänger, einen anderen gerichtet, der sich im gleichen System bewegen und reagieren kann. [Es gibt keine Privatsprache => Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen]. Dazu gehören selbstredend auch musikalische oder bildende Künste, sie bilden spezifische Sprach- oder (synonym verstanden) Geistsysteme.

Der scheinbar isolierte Mensch in welchem Gedankenexperiment auch immer (Robinson, einsamer Gitarrist, Einsiedler etc) ist immer schon sozialisierter Mensch. Jede geistige Äußerung dieses Individuums ist – auch wenn er alleine ist -potenziell notwendigerweise auf einen anderen gerichtet, auch wenn niemand das jemals zu Gesicht oder Gehör bekommt. Insofern kann das durchaus ein Kunstwerk sein – es ist aber prinzipiell immer schon sozial, weil dies unabdingbare Vorausetzung zu seiner Erschaffung als geistige Leistung ist.

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The only truth is music.