Re: Musikbewertung und Diskussionskultur

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herr-rossi
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@Elmo: +1.

choosefruitGut, dann mag ich nun ein paar Zeilen dazu schreiben, was ich unter musikalischer Kunst verstehe. Als Beispiel für meine Argumentation nehme ich die schon angesprochenen „A Day In The Life“ von The Beatles und „I Wanna Be Sedated“ von den Ramones.

Ich denke, man wird Kunst nicht gerecht, wenn man nicht auch ihren zeitlichen Kontext mit einbezieht: „Sgt. Pepper“ entstand in einer Phase, als viele Pop-Künstler sich davon lösten, Musik aufzunehmen, die auch live umsetzbar war (unter damaligen technischen Möglichkeiten). Das Studio wurde mehr und mehr zum Instrument, in unendlicher Bastelarbeit entstanden Aufnahmen wie „A Day In The Life“ oder „Good Vibration“. Während sich die Beatles und Beach Boys aber nicht vom Pop-Song verabschiedeten, bereitete das durchaus anderen Bands den Weg, denen es genau darum ging: „Künstlerischer“ zu sein. Artifizieller. Progressiver! Die Ergebnisse sind bekannt – und sie lösten eine erneute Gegenbewegung aus: Die Rückkehr zum Simplen und Rohen, einfache Melodien, einfache Akkorde, „do It yourself“ statt technischer Virtuosität: Auftritt Ramones.

Tracks wie „I Wanna Be Sedated“ sind daher genauso ein künstlerisches Statement in einem bestimmten zeitlichen Kontext wie „A Day In The Life“. Deine Argumentation ist hier übrigens ziemlich erstaunlich, denn abgesehen von den Beatles der Sgt. Pepper-Phase ist das Artifizielle und „künstlerische“, wie Du es zu definieren versuchst, doch gar nicht Deine Welt. Ich verbinde Dich jedenfalls mit Dylan, Garagenrock, Powerpop, klassischem Soul und ein wenig – nicht besonders avantgardistischer – Elektronik.

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