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Anonym
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choosefruitIch habe in manchen Teilen meiner Beiträge eine Begründung abgegeben, warum ich der Meinung bin, dass ältere Musik für mich einen höheren Kunstgehalt hat.
Ja genau, das mit der Begründung lief dann so, ich fang mal vorne an:
choosefruitFür Kunst ist in der heutigen Musiklandschaft eben leider zu wenig Platz.
aha, viel Musik, wenig Kunst. Was auch immer Kunst ist, wir werden es hoffentlich noch erfahren…
choosefruitKommt natürlich darauf an, was unter Kunst verstanden wird. Und Kunst ist nicht gleich Kunst. (…) Ich meinte jedoch den künstlerischen Aspekt, dass etwas bedeutsam wirkt.
oder vielleicht erfahren wir es doch nicht. Kunst ist ja nicht Kunst und es geht ab jetzt um künstlerisch im Sinne von „bedeutsam“. Vermutlich nicht „bedeutsam“ für die Kunstgeschichte, wir warten ab…
choosefruitFalsch. Ich habe Musik nicht die Kunst abgesprochen, sondern vielen Songs/Tracks eine künstlerische Note. Das ist ein großer Unterschied!
wir relativieren weiter zur „künstlerischen Note“. Das ist immernoch unklar, wird aber sicher gleich erklärt…
choosefruitGut, dann mag ich es etwas differenzierter angehen. Musik ist eine Kunstform. In diesem Sinne hat „Kunst“ keine Wertigkeit, sondern steht lediglich als Synonym für „menschliches Schaffen“. Wird jedoch der Begriff „Kunst“ als adjektiv verwendet und „künstlerisch“ als „großartig“, „einfallsreich“, „kreativ“, „feinsinnig“, „anspruchsvoll“,… verstanden, darf für mein Empfinden „Kunst“ als Kategorisierung benutzt werden. Als Beispiel: „A Day In The Life“ von The Beatles ist für mich künstlerischer als „I Wanna Be Sedated“ von den Ramones.
da ist es! Ganz viele Synonyme für „künstlerisch“, toll. Und „A Day in a Life“ ist künstlerischer als „I wanna be sedated“. Nach welchen Kriterien? Noten abzählen? Kreativere Melodie? Textvergleich? Hübschere Verkleidungen bei den Beatles als bei den Ramones?
choosefruitUnd ich steh auch weiterhin dazu, dass in der Gesamtheit aktuelle Musik für mich einen minderen künstlerischen Charme, Stellenwert,… als ältere Musik besitzt.
und es geht weiter bergab, aus „künstlerisch“ wird jetzt „künstlerischer Charme“. Und persönlicher Stellenwert. Das ist ja überhaupt das Kernkonzept im Kunstverständnis, dass Kunst einen persönlichen Stellenwert besitzen muss. Und dann ist ja auch alles, was keinen Stellenwert hat, auch keine Kunst. Prima, jetzt ist die Argumentationskette wohl fertig.
Eine Begründung finde ich trotzdem nicht, Wischiwaschi von vorne bis hinten. Oder um es anders zu sagen: Kunst ist es scheißegal, ob sie dir gefällt. Oder einen Stellenwert für dich hat. Und um aktuelle Kunst zu finden muss man auf die Suche gehen. Nicht in der Vergangenheit, sondern im Jetzt. Und da wir nahezu unendlich viel(e) Musik(richtungen) zur Verfügung haben, muss man in der Breite suchen, muss man auch mal dahin gehen, wo es weh tut, raus aus der persönlichen Komfortzone. Nicht umsonst finden hier die Leute Kunst in der aktuellen Musik, die ein breites Hörspektrum haben. Diejenigen, die Kunst in Matana Roberts oder Scott Walker finden, können lustigerweise auch Aufsätze über Taylor Swift oder Miley Cyrus schreiben – und finden da vermutlich auch Kunst. Wenn man aber immer nur rückwärts denkt und die Scheuklappen schön feste zuschnallt, dann findet man heute natürlich auch nix mehr, was noch nicht abgegrast wurde. Nur sollte man dann besser den Begriff „Kunst“ nicht in den Mund nehmen und sich aufs „Gefallen“ beschränken, da fragt dann auch keiner nach…
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