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Originally posted by Artaxerxes@20 Apr 2004, 00:03
Zu Lyndon. Natürlich. Sehe ich ja nicht anders. Er unterliegt letztlich ganz klar den Zwängen dieser Gesellschaft, und erliegt letztlich auch dem persönlichen Verfall, indem er sich gesellschaftlich vorarbeiten möchte. Und er wird meist auch eher hin und her geschubst, als dass er sein Schicksal wirklich selbständig lenken würde.
„Geschubst“ ist vielleicht nicht ganz richtig. Es bieten sich ihm einfach Möglichkeiten, oft durch Zufälle und unvermittelt, auf die er sich einlässt und gewissermaßen schaut was passiert, obwohl bestimmt ein Ziel hinter allem steckt.
Aber tief in seinem Herzen ist er ein dennoch ein freier Mensch, wie man z.B. in der Szene sieht, wo er sich dazu entscheidet Lord Bullington nicht zu töten. Eine vollkommen individuelle und freie Entscheidung, die völlig lösgelöst ist von seinen bisherigen Entscheidungen in der Gesellschaft aufzusteigen und den romantischen Vorstellungen zu entsagen. Und auch der Anfang, in der er für die Liebe sein Leben aufs Spiel setzen würde, ungeachtet der gesellschaftlichen Konsequenzen.
Genau. Das sind die beiden Szenen oder Abschnitte, die man dem, was ich oben sagte, entgegenhalten kann. Doch man muss sehen, dass diese am Anfang und am Ende des Films stehen. Sowohl am Anfang als auch am Ende erleben wir Barry als Menschen – dazwischen kaum. Aber es besteht ein großer Unterschied zwischen diesem Anfang und diesem Ende. Am Anfang, als Barry um seine frühe Liebe kämpft, ist er – das Verb hat es schon gesagt – jemand, der noch kämpft. Scheinbar wird er aus dieser ersten Enttäuschung auch zu dem, was er dann für die meiste Zeit des Films ist. Am Ende dann der zweite menschliche Moment: Barry ist da längst am Ende, er hat versagt, verloren. Es mag wie der finale Schuss von Joker am Schluss von „Full Metal Jacket“ das große menschliche Moment sein, eine Handlung aus Mitleid heraus, aber vielmehr als das, ist es, meines Erachtens, Barrys armselige Aufgabe. Nicht viel mehr als Resgination. Vielleicht sogar ein resignierendes Verstehen. Insofern scheinen die beiden von dir erwähnten Teile des Films erschreckend desillusionierend gegenüber gesetzt worden.
Freiheit oder ein gewisses Freiheitsgefühl steht vermutlich am Anfang des Films, am Ende des Films (nicht nur auf die Person Barry Lyndon bezogen) ist nichts mehr, was den Ausdruck „Freiheit“ verdient hat. Barry ist das Gegenteil von Braveheart-Gibson.
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