Re: Jazz Domino

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gypsy-tail-wind
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Guy Lafitte war nun wirklich kein schwerer Punkt, um anzusetzen … aber gut, selbst weiterspielen wollte ich nicht. Anyway, ich setze hiermit an, kein Album zwar, aber eine herausragende Veröffentlichung, mit der ich einst einen späteren Lieblingsmusiker entdeckte:

Auf CD 2 gibt es auch die Powell-Session (die allererste Hard Bop-Session?) mit den phantastischen Beiträgen des noch so jungen Sonny Rollins … auch das eine, seltsame aber charmante Stück, das Navarro als Sideman mit einer Combo von Benny Goodman (gefilte fish!) für Capitol eingespielt hat, ist dabei. Doch die Hauptsache sind die Sessions auf der ersten CD, allesamt unter der Leitung von Tadd Dameron eingespielt, mit Besetzungen, die grossteils um seine damals im Royal Roost auftretende Combo mit Navarro, Allen Eager, Curly Russell und Kenny Clarke aufgebaut sind, üblicherweise mit drei Bläsern: auf der ersten Session sind das Navarro, Ernie Henry und Charlie Rouse, auf der nächsten wirkt neben Allen Eager auch Wardell Gray am Tenorsax mit. Es gibt eerie vocals, tolle, sehr gut integrierte Latin-Rhythmen … und eine ganze Reihe feiner Kompositionen: „Lady Bird“, „The Suirrel“, „Our Delight“, „Jahbero“. Dann folgen Aufnahmen mit etwas grösserer Band für Capitol, eine Session noch mit Navarro an der Trompete, die zweite dann mit Miles Davis (Navarro, der Junkie on the way out verlangte exorbitante Gagen und war nicht mehr tragbar), Sidemen umfassen auch Sahib Shihab oder Dexter Gordon … und stets sorgt Kenny Clarke für den passenden Beat. Mit „Focus“ oder „Casbah“ sind weitere grossartige Stücke zu hören, die Arrangements zeichnete stets Dameron selbst, der es fertigbrachte, mit einer dreiköpfigen Saxophon Section (as/ts/bari) einen fetten Sound zu erzeugen, wie man ihn sonst von fünfköpfigen Sections kennt – eins seiner Markenzeichen! Als Pianist mag ich ihn ebenfalls sehr gerne, er spielt einfach, reduziert, absolut unvirtuos – soliert aber im Rahmen dieser auf drei Minuten beschränkten Tracks oft überhaupt nicht. Auf der zweiten CD gibt es, neben den genannten Powell- und Goodman-Aufnahmen, auch noch Feuerwerke von Navarro zusammen mit Howard McGhee – und auf dem zweiseitigen „Double Talk“ gibt es denn auch viel Raum für ihre lebendigen exchanges – McGhee war damals ein halsbrecherischer Solist, der jeden Augenblick aufs Ganze ging, während Navarro sehr melodisch spielte, mit Linien von grösster Klarheit und mit ausgeprägter rhythmischer Sicherheit. Er war damals wohl der einzige, der einigermassen an Dizzy Gillespie herankam (Miles konnte das auch mal, wie die Metronome All Stars mit Gillespie, Navarro und Davis beweisen, aber auf Dauer hätte er das wohl nicht gebracht, war natürlich auch nicht sein Ziel).

Anyway, die fünf Sterne, die Allmusic dieser Doppel-CD gibt, sind eigentlich fast noch zuwenig!

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