Re: "Handgemachte Musik" – Sinnvoller Begriff oder überholte Vorstellung?

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bullschuetz

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grünschnabelGenau. Im Artikel auf „Zeit-Online“ über das neue Album von D’Angelo heißt es: „Michael Eugene Archer ist ein sensibler Mensch, der sich nur selten wohlgefühlt hat in der eigenen Haut. Er gehört zu den Wegbereitern des sogenannten Neo-Soul, dessen Vertreter ab Mitte der neunziger Jahre die durchdachte, handgemachte Musik von Künstlern wie Prince und Marvin Gaye den Rap-Einflüssen öffneten.“

Ich meine – Prince hat zwar eine Analog-Schwäche, aber auch eine für den massiven Einsatz von Drum-Machines und weiteren synthetischen Klangerzeugungen.

Das stimmt. Und jetzt staune – genau Prince ist einer der Acts, bei denen ich feststelle, dass Jünger des „Handgemachten“ sich oft nicht einigen können: Die einen achten, die anderen verachten ihn, die einen beziehen sich auf den höchstkompetenten Virtuosen in der klassischen Disziplin der Gitarren-, Schlagzeug-, Klavierbeherrschung, andere finden „When Doves cry“ oder „Kiss“ schrecklich, „synthetisch“. Ich meine mich erinnern zu können, dass Prince für viele Handmacherfreunde anfangs sowas wie der Feind war, er war ja obendrein auch noch „nicht authentisch“, Machogockel und feminin, Gitarrero und Tänzer, schwarz und weiß, orgiastisch und abstinenzlerisch, durch und durch theatralisch, einfach nicht festlegbar, nicht einzuordnen in die gängigen Schubladen. Aber ulkig: Heute gilt Prince vielen als einer, „der noch richtig spielen konnte“, einer, der „noch das Handwerk beherrscht“.

Ich gebe aber zu, das „Zeit Online“-Zitat ist insgesamt seltsam, der Autor scheint unter „handgemacht“ anderes zu verstehen als die meisten mir bekannten Leute, die mit dieser Kategorie hantieren, um ihre Vorlieben zu beschreiben. Mir will scheinen, dass da fast nichts zusammenstimmt: Schon die krude Zusammenschnürung von Prince und Marvin Gaye ist doch recht bizarr.

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