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Borchi gab 7 Punkte und schrieb:
Ein gängiges Ressentiment gegen diese inzwischen seit fast 14 Jahren existierende Kolumne ist ja, dass wir immer nur Indie-Rock oder elektronisch-eklektizistischen Elektronik-„Hipsterkram“ (Zitat Wigger) rezensieren würden. Stimmt gar nicht, und ich weiß überhaupt nicht, wie man darauf kommen könnte. Selbstredend nehmen wir uns gerne auch des Jazz und der Klassik an, zumal dann, wenn sie sich in so überraschenden Alben wie dem Debüt-Album des Pianisten Lambert offenbart. Der Mann tritt öffentlich nur mit einer ledrigen, ziemlich widerlichen Antilopenmaske auf, daher könnte man auf die Idee kommen, er folge, irregeleitet, einem Trend, der nach einstiger Coolness (Daft Punk) über den Umweg durchs Stumpfe (Sido) längst im Mainstream-Pop verendet ist (Cro).
Gerüchten zufolge könnte sich hinter der Pianisten-Maske der Berliner Komponist Nils Frahm verbergen, der als Produzent des Albums genannt wird, aber bis auf Weiteres bleibt die Identität des Musikers ein Geheimnis. Was einen nicht von der schlichten Schönheit seiner 21 Piano-Miniaturen ablenken sollte: Lambert, ähnlich wie seine in der Populärklassik umtriebigen Kollegen Yann Tiersen oder Ólafur Arnalds, bewegt sich zwischen Barjazz-Geklimper, „Amélie“-Soundtrack, Debussy und Satie – und erinnert folglich und vor allem natürlich an die jüngsten Solo-Piano-Alben von Chilly Gonzales, die sich ja allergrößter Beliebtheit erfreuen.
Man kann das mit einigem Recht furchtbar kitischig und trivial finden, aber die Popmusik und ihre inhaltlichen Aussagen (Songtexte) sind ja generell on the decline, wie man in Fachkreisen so sagt, daher liegt es nahe, sein Heil im Instrumentalen zu suchen. Und Lambert, das muss man ihm lassen, öffnet mit seiner am präparierten Klavier wohltemperiert dargereichten, federleichten Musik Imaginationsräume, in denen sich zur Abwechslung mal tief durchatmen lässt. Ohne ironische Verbrämung (alberne Maske) geht so was natürlich nicht als cool durch. Auch das ist ein Zeichen unserer Zeit.
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