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bullschuetz ..Wer heute in Sachen Pop am Echtzeitfaktor interessiert ist, am Be here now, wer den Puls der Zeit fühlen möchte, wer es spannend findet, das Gras wachsen zu hören, Geheimtipps zu entdecken, die Zukunft in der Gegenwart aufzuspüren, der braucht das Internet – die ersten Foren-Gerüchte, die ersten Blogosphären-Irrlichter, die ersten Soundschnipsel, die ersten Dateien … wer sich dieser Ebene heute verweigert, der verweigert sich dem Pop heute [und genau deshalb fand ich die Kritik von tops an Roseblood so daneben – wenn man heutzutage einem Pop-Interessierten seine Netz-Affinität vorhält, dann kommt mir das echt schräg vor; Zeitschriften oder Vinyl-Singles, das waren früher die Aktualitäts-Medien – heute sind sie oft eher Kultivierung-, Musealisierungs-, Historisierungs-, Stilisierungs-Medien].
Dein Internetplädoyer finde ich richtig, aber etwas deplatziert. Niemand bestreitet die gegenwärtigen Möglichkeiten und den damit verbunden Wandel in Geschwindigkeit, Verbreitung und Auseinandersetzung. Wir alle nutzen täglich das Internet zur Recherche und zum Austausch mit Gleichgesinnten. Genau diese Diskussion findet am Osterwochenende im Internet statt. Kein Mensch, der hier mitliest, bestreitet im geringsten die Errungenschaften und Möglichkeiten des Internets. Die Ausgangslage war, dass Roseblood nach zwei gekauften Ausgaben des RS zum Schluss kam, keinen Nutzen aus Printmedien ziehen zu können. Tops befürchtete, mMn zu recht, dass Roseblood durch den Ausschluss professioneller (zeitintensiver, fundierter, redaktionell begleiteter) journalistischer Arbeit einem Erkenntnisdefizit unterliegen könnte. Klar kann man mitunter auch im Netz (für umsonst) so etwas geboten bekommen. Meist ist es dann aber nur auszugsweise (Vollversion dann kostenpflichtig). Oder die Kosten werden anders umgelegt (über Werbung neben oder im Text). Oder es ist ein Versuch einer Redaktion über „erstmal umsonst“ eine Leserschaft zu ködern. Dieser Plan geht dann entweder auf oder die Redaktion hat halt den ganzen Spaß bezahlt und fährt danach wieder Taxi. Ähnliche Rechnungen könnte man über „Umsonst“- und Flatrate-Musik anstellen. Eine tolle Möglichkeit bekannt zu werden, birgt aber große Gefahr der Übervorteilung.
bullschuetz .. Zeitschrift ..kommt …erst dann auf den Markt, wenn das Internet bereits voll ist von einordnenden Stimmen..Eine nachträgliche Ex-Cathedra-Einordnung im Print-RS wirkt da oft arg altväterlich, hinkt einfach schwer hinterdrein, wie kompetent sie auch sein mag.
Sonic Juice schreibt in Beitrag # 195 so wunderbar, was Musik-Journalismus leisten kann und soll, so dass ich mir weitere Ausführungen erspare.
bullschuetz
Ich glaube also, dass die Zukunft einer Musikzeitschrift heutzutage nicht mehr in ihrer Rolle als Meinungsführer, als oberste Bewertungsinstanz liegen kann.
Eine Haltung zu haben und zu vertreten meint keinesfalls die oberste Bewertungsinstanz zu sein. Nur schlichteste Gemüter (von denen es in der RS Leserschaft und im Forum natürlich keine gibt) würden das so verstehen, alle anderen lädt es zum Diskurs, zu Auseinandersetzung und somit zur Vertiefung ein.
bullschuetzNatürlich nicht. Die radikal gegenwartsfeindliche Haltung, die sich in diesem Forum, aufgehängt an Formatfragen, immer wieder Bahn bricht, erinnert mich an die Amish People.
Leider muss ich feststellen, dass hier von niemandem außer Dir eine Formatdiskussion geführt wurde. Ich habe in #142 das Wort „Vinyl“ erstmals benutzt, um einen Unterschied von wenig definierter, kostenfreier musikalischer Masse zur bewußten Auseinandersetzung zu zeichnen. Ich hätte auch bspw. „CD“ oder „Biografie“ sagen können. Und damit meine ich noch nicht mal Roseblood persönlich, sondern eine gesellschaftliche Entwicklung. Alles (auch Kultur) muss möglichst sofort und möglichst kostenfrei zur Verfügung stehen. Da es aber nur wenig Aufwand bedarf, hat es auch wenig Wert.
(Und nochmal, nein, auch ich nutze die gegebenen Möglichkeiten um mich zeitnah und interessenkonform zu informieren)
IrrlichtTendenziell dreißig Minuten pro Woche, die immer gut investiert sind. Sehr humorvoller Mann. Immer mit Herz und Fachwissen. Check in.
Danke. Achso, den kannte ich natürlich doch schon. Tatsächlich unterhaltsam (möglicherweise und hoffentlich bekommt er mal einen bezahlten Job für sein Talent!), auch wenn er dann doch eigentlich wieder nur die Musik vorstellt, die ohnehin zeitgleich in allen anderen Medien stattfindet. Und das dann noch als Anmerkung zu Rosebloods Frage:
Roseblood ..
Da ich wie gesagt die Zeitschrift nicht lese, würde mich interessieren, in welcher Fülle Daft Punk, Arctic Monkeys, MS MR, London Grammar, Darkside oder Rhye letztes Jahr ein Thema waren (ok, Daft Punk und die Monkeys dürften wohl Erwähnung gefunden haben)? Alles Bands mit Alben, die nicht nur bei mir einen hohen Zuspruch bekamen. Oder wie verhält es sich dieses Jahr mit MØ, Banks, Broods, SOHN oder Todd Terje. 3 dieser Bands/Künstler haben vor kurzem ein Album auch mit hoher Höhrerfrequenz herausgebracht, die anderen könnten nachziehen. Das sind beispiele für aktuelle Musik, die mich und viele andere junge Hörer interessiert, die aber (wohl) im RS nicht (wirklich) stattfindet.
Meines Wissens nach finden / fanden alle diese genannten Bands im RS statt. Da ich (neben privaten täglichen Internetrecherchen) mehrere Musik-Zeitschriften lese, schrecken mich diese Namen leider eher ein wenig ab. Ich erleb(t)e bei jedem einzelnen einen temporären Overkill, so dass ich nach dem 2., 3. Artikel mit ähnlicher Informationsdichte oft schon nichts mehr darüber lesen möchte. Ohnehin erhoffe ich mir eher Themen und Haltungen, von denen ich bisher nichts oder nur wenig wußte.
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