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dougsahm Die Intensität hat die letzten 10-15 Jahre abgenommen. Bei mir aber nicht wegen der Qualität der Hefte.
Ähnliche Richtung bei mir:
Früher Abo. Heute kaufe ich den RS ca. 3 bis 4 Mal im Jahr. (wenn mich ein Thema besonders anspricht und, ja!, natürlich wegen Dylan)
Gründe:
Der Start des RS Deutschland fiel ziemlich genau mit dem Beginn meines verstärkten Musikinteresses zusammen. Der RS war „damals“ für mich somit die Zeitschrift schlechthin: Popkultur, Rockgeschichte und kritischer Journalismus in Einem. Als pubertierender Jugendlicher mit eingeschränkten Möglichkeiten und vorerst fehlendem Zugang zur Subkultur war dieses Heft die Offenbarung. Vor allem die Plattenkritiken habe ich verschlungen und dementsprechend auch Musik gekauft bzw. überspielt.
Ausgewogen und spannend war der RS allemal: Viele Berichte zu den „Klassikern“, die mich überhaupt erst an die großen Künstler herangeführt haben und aktuelle Musik die mein damaliges Lebensgefühl gut abbildete (z.B. Nirvana, Pear Jam, Tocotronic etc.). Der RS Deutschland war sozusagen meine „Einstiegsdroge“ und führte mich dann bald zu anderen Musikmagazinen (v.a. Spex, Plastic Bomb und Uncut). Als erdende Konstante war der RS aber immer wichtig. Für mich war der Mix perfekt und ich habe deshalb bis heute eine „emotionale“ Beziehung zum Heft. Loyalität, ein ungenauer Begriff, triffts heute vielleicht.
Mein Anspruch hat sich da natürlich geändert. Meine Musikinteressen haben sich konkretisiert und meine speziellen Interessen befriedige ich mit Musikliteratur und v.a. durch Gespräche mit anderen Musikliebhabern (die ich als Jugendlicher in dem Maße nicht „greifbar“ hatte). Meine Anregungen hole ich mir natürlich in den Weiten des www (viel auch hier im Forum) und mittlerweile viel über Reisen etc….
Grundsätzlich hat mein verringerter RS-Kauf also nichts mit einer grundsätzlichen Kritik am Inhalt des Hefts zu tun. (Mit den Besitzverhältnissen wohl eher ein wenig mehr; Die Springer-Kröte fällt mir, so kleinkariert das klingen mag und so unfair das evtl. gegenüber den verdienstvollen JournalistInnen ist, immer noch schwer zu schlucken)
Einige Schwerpunktlegungen bzw. Entwicklungen verstehe ich allerdings trotzdem nicht so ganz. In Kürze:
– Ich würde mir viel mehr umfassende und tiefgehendere Konzertkritiken wünschen. Das entspräche auch der momentanen Entwicklung im Business und ich verstehe die Zurückhaltung da überhaupt nicht. Für die Kunst der Konzertkritik, gerne auch etwas allgemeiner um den Regionalblättern nicht in die Quere zu kommen, wäre das Heft ein wunderbares Medium.
– Wie von Anderen hier schon geschrieben verstehe ich meist die Kriterien für die Auswahl von Reportagen und Texten aus dem US-Stone nicht. Da wird m.E. ganz viel verschenkt.
Digitales vs. analoges Medium:
Vielleicht etwas seltsam, aber: Mich entschleunigt das Lesen im vor mir liegenden Heft ungemein. Das umblättern, einmerken, anstreichen und manchmal auschneiden… Klingt evtl. etwas freaky, aber das ist auch ein Grund warum ich das Heft dann doch ab und zu kaufe.
Die Vorstellung im Zeitungsladen keinen RS mehr zu finden erschreckt mich, denke ich länger darüber nach, dann doch etwas.
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