Antwort auf: Yusef Lateef (1920-2013)

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1964 meldete Lateef sich als Leader zurück – auf einem neuen Label, Impulse. Das erste Album wurde im Dezember 1963 an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im Studio Van Gelders eingespielt, es erschien unter dem Titel „Jazz ‚Round the World“ (Impulse A 56). Neben Lateef ist ein neuer Bläser zu hören, der unterschätzte Richard Williams, der schon auf „The Centaur and the Phoenix“ zu hören war. Mingus nannte ihn mal einen seiner Lieblingstrompeter, er nahm als Leader bloss ein Album für Candid auf, spielte auf vier tollen Alben von Gigi Gryce, nahm mit Randy Weston, Booker Ervin, Jaki Byard und Noah Howard auf und war einer der tollsten Solisten der Big Band, die Thad Jones und Mel Lewis in den Sechzigern gründeten. Die Rhythmusgruppe besteht aus Hugh Lawsons (Lateefs wohl treustem Sidekick – auch er in meinen Augen ein unterschätzter Musiker), Ernie Farrows (auch das ein sehr treuer Mitmusiker Lateefs) und Lex Humphries.

Das Album dauert bloss 31 Minuten und besteht aus zehn überwiegend kurzen Stücken, Vignetten fast, mit denen Lateef uns auf eine Art musikalische Weltreise mitnimmt. Ob „Abana“, der Opener, sich auf den biblischen Fluss oder eine türkische Provinz bezieht, weiss ich nicht, das Stück klingt ein wenig „exotisch“, lebt wie so oft von einem repetitiven Beat, der sich nach Lateefs muskulösem Tenorsolo für das Piano und die Trompete in eine Art modifizierten Montuno wandelt. Williams‘ Ton ist sehr eigen, mir gefällt er ausgezeichnet und ich halte ihn für die perfekte Ergänzung zu Lateef. Das zweite Stücke heisst „India“, das Intro spielt Lateef wohl auf der Shenai, danach präsentiert er – wieder über einen hypnotischen Groove – das Thema unisono mit Williams am Fagott (an dem er hier erstmals überhaupt zu hören ist). Die Trompete soliert dann, hier ist die Atmosphäre geschlossener als im Opener, stimmiger, Williams‘ Linien erinnern an einen Schlangenbeschwörer, den Lateef dann an der Oboe gibt, gemeinmisvolle, getragene Linien von beiden, sehr knappe Soli, die nahtlos ineinander übergehen, auch wenn Lawson übernimmt. Ein wundervolles Stück – und das erste der drei, die etwas über vier Minuten dauern.

Von wem „You, So Tender and Wistful“ stammt, weiss ich nicht, Lateef wird als Arrangeur angegeben. Sein Tenor prägt das Stück, Williams kommt ein paar Mal dazwischen, es gibt ein paar Austäusche, dann auch zwischen Lawson und Farrow. Dann folgt das zweite längere Stück, eine Bearbeitung von „Frère Jacques“ unter dem Titel „Yusef’s French Brother“. Lateef und Williams spielen das Stück im Kanon über eine Art Marsch-Beat von Humphries. Dann übernimmt Lateef (wieder am Tenor) und setzt zu einem seiner klasse Soli an (in dem er auch mal kurz „Merrily We Roll Along“ streift). Nach Lateef sind auch Williams und Lawson mit – kürzeren – Soli zu hören. Die erste Seite der LP endet dann mit dem „Volga Rhythm Song“, einer Bearbeitung des „Lieds der Wolgaschlepper“, das Lateef am Tenor öffnet, im Rubato, bevor Humphries den Beat legt, über den Williams dann das Thema spielt, während Lateef am Tenor eine Kaskade von Seufzern ausstösst, Williams beginnt zu riffen, Lateef soliert, aber leider ist das Ganze schon nach weniger als zwei Minuten vorbei, verschluckt von einem Fade-Out.

Die zweite Seite öffnet mit Lateefs grossem Feature aus der Adderley-Zeit, „Trouble in Mind“ – aber in einer Miniaturversion, die etwas über drei Minuten dauert. An der Oboe präsentiert er das Thema und spielt dann ein knappes Solo, in dem er sich nichtsdestotrotz alle Zeit der Welt lässt und ganz langsam aufbaut. Lawson kriegt ein paar Takte, aber sonst gehört das Stück ganz Lateef, Williams setzt aus.

Als nächstes gibt’s ein Arrangement der alten englischen Ballade „The Roast Beef of Old England“, Lateef nennt es „The Good Old Roast Beef of England“. Williams ist der Solist im ziemlich flinken 3/4-Tempo, das Humpries vorgibt (Lawson und Farrows setzen meist nur die „Eins“), ein paar Takte für Lawson, Lateef ist nur im Thema zu hören (auf Wiki gibt’s eine Pfeifen- und Trommeln-Version zu hören). Etwas ernster geht’s in „Raisins and Almonds“ zu Gange, einer Ballade, für die Lateef zur Flöte greift – und im Intro fällt zum wiederholten Mal auf, wenn Williams leise mitspielt, wie gut die Stimmen der beiden Bläser verschmelzen, egal ob Lateef Flöte, Tenor oder gar Fagott spielt – die beiden ergänzen sich hervorragend, vermutlich atmen sie zusammen. Das erinnert mich an die oben zitierte Passage von Nat Adderley, in der er beschreibt, wie die drei – Cannonball, ‚teef und er selbst – gemeinsam phrasierten).

Für „Utopia“ – die Weltreise führt über diese Welt hinaus – bleibt Lateef an der Flöte, das Tempo bleibt langsag bedächtig. Williams‘ gestopfte Trompete ist auch hier die perfekte Ergänzung und Lawson spielt ein paar bezaubernde Takte, die auch einem Gil Evans-Stück von ca. 1962 entspringen könnten – die Kunst dieser Musiker, die Kunst der Bands von Lateef (egal, wer grad drin sass, es waren ja meist Wiederholungstäter), ist eine Kunst der Miniatur, der Reduktion, der Auslassung. Dieses Album als Ganzes mag sehr rasch vorbeiziehen, zu Ende sein, ehe man sich’s versieht – aber hört man genau hin, sind auf knappstem Raum faszinierende Entdeckungen zu machen.

Der Closer, „Ringo Oivake“, über einen der patentierten Ethno-Grooves (Rebab, zwei Akkorde vom Piano, ein satter Besen-Groove des Dummers) setzt Lateef zu einem Klagelied am Tenor an. Das Stück scheint ein altes, bekanntes Japanisches Lied zu sein, geschrieben für ein Radio-Hörspiel in den frühen Fünfzigern und als Single (1952) ein Grosserfolg der Sängerin und Schauspielerin Hibari Misora. Von ein paar Takten Lawson abgesehen gehört das Stück ganz Lateefs Tenor, Williams setzt aus.

Ende Juni 1964 trat Lateef mit seiner Gruppe im Pep’s in Philadelphia auf, am 29. Juni war Rudy Van Gelder zugegen, um für Impulse aufzunehmen – „Live at Pep’s“ (Impulse A 69) war das Resultat. Williams war nach wie vor an der Trompete zu hören, Farrow am Bass, am Klavier sass der Neuseeländer Mike Nock, James Black sass am Schlagzeug. Insgesamt sind knapp zwei Stunden Musik erhalten und es ist ein grosser Genuss, Lateef live zu hören, in längeren Stücken, ohne die Einschränkungen, die die meist etwas gar sehr produzierten Impulse-Alben mit sich brachten.

Michael Cuscuna klärt in seinen Liner Notes zu „Live at Pep’s Volume Two“ (GRP/Impulse CD, 1999) die Veröffentlichungsgeschichte:

Michael CuscunaThe band’s repertoire was a mixture of old and new. Lateef and producer Bob Thiele chose seven performances for Live at Pep’s and targeted another („I Loved“) for one of the label’s Definitive Jazz Scene compilations, though it was never used. In 1976, when Esmond Edwards became the recording director for Impulse!, he immediately delved into the vaults to find more material from this session (and from Coltrane’s 1961 Village Vanguard dates). he unearthed six more tunes for an alum called Club Date. In 1978, this writer went back to the well to retrieve another six (including the aforementioned „I Loved“) for release on a double album, The Live Session, along with the original sven.
When Live at Pep’s was finally issued on CD (Impulse! GRD-134), three tunes from Club Date („Oscarlypso“, „Gee! Sam Gee“ and „Rogi“) were added to the original album. Here, as Live at Pep’s – Volume Two, is the rest of Club Date plus the six selections that first appeared on the double album.

Im Opener, „Sister Mamie“, ist Lateef an der Shenai zu hören, er öffnet und schliesst das Stück, greift zu keinem anderen Instrument zwischendurch. Williams übernimmt nach dem Intro (über einen Vamp, den er so auch bei den Adderleys hätte bringen können, aber noch reduzierter) mit einem tollen Solo – wie Farrow das Bass-Lick genau zum Auftakt des Solos variiert, ist klasse und gibt Schub, Black greift zu kleinen Glocken, Williams lässt sich Zeit – auch darin ist er Lateef ähnlich. Nocks Einstieg – angeschoben von Black – ist genial, eine kleine Phrase, mit der alles gesetzt ist – und die ein langes Solo auch überflüssig macht.

„Number 7“ ist ein dreiteiliges Stück, das mit einem schnellen Blues öffnet (Farrow spielt ein Intro), in dem Lateef und Williams Phrasen spielen, die auf einer Zwölftonreihe basieren (jeder der Bläser spielt sechs der Töne). Der zweite Teil ist langsam, die Bläser präsentieren ein neues Thema, das auf einem Raga Ravi Shankars beruht – der allerdings sehr nach Blues klingt (auch in den Changes, die Farrow/Nock drunterlegen). Lateef soliert in beiden Teilen ausgiebig am Tenor, im zweiten legt Black einen 12/8-Beat hin. Nach einer Solo-Überleitung von Farrows greift Lateef im dritten Teil zu einer Bambusflöte, die er selbst gebaut hatte, das thematische Material, das er und Williams im Wechsel präsentieren, ist pentatonisch „and is intended – according to Lateef – to represent a basic blues similar to the country field hollers.“ (so Don Heckman in den Liner Notes zur LP). Das ganze Stück ist eine Art Exploration des Blues, erst ein moderner, am Atonalen vorbeischrammender, dann ein traditioneller (inklusive des 12/8), wie er seit Mitte der Vierziger gespielt wurde, der dritte Teil dann rural, fundamental. Das Ganze funktioniert hervorragend und wirkt überhaupt nicht „gelehrt“.

Nach den zwei Lateef Originals folgt der „Twelve Tone Blues“ von Leonard Feather, der auch wieder auf einer Zwölftonreihe aufbaut – im Solo wird aber ein Blues (B-flat) gespielt. Lateefs Linien zum Beginn erinnern mich ein wenig an die Soli Oliver Nelson auf „Blues and the Abstract Truth“ – diese grosse Klarheit, die sehr geplant wirkenden, leicht veränderten Linien von grosser Stringenz. Lateef rauht seinen Ton dann allerdings auf, bevor Williams übernimmt. Unter Nock spielt Black rim-shots, für Farrow setzt er dann fast aus, die Bläser treten in einen Dialog mit dem Bass, bevor das Stück mit dem Thema ausklingt.

In die Mitte der CD von 1993 setzte man die drei Stücke von „Club Date“ (Impulse! ASD 9310). Das erste von ihnen ist „Oscarlypso“ von Oscar Pettiford, ein eingängiges Riff-Thema, das sich bestens für eine Lateef’sche Behandlung eignet. Williams spielt offen und mit blechernem Sound die Bridge, die Soli von Lateef (ein exemplarisches Solo am Tenor) und Williams werden mit einem kurzen Interlude eingeleitet, Nocks Linien verzahnen sich dann mit dem Groove, den Farrow/Black das ganze Stück durchziehen. „Gee! Sam Gee“ ist einem Freund Lateefs aus San Francisco gewidmet – ein nachdenkliches Thema aus absteigenden Linien und Trillern, die Lateef allein am Tenor bläst. Williams‘ und Nocks Soli fügen sich wunderbar ein, Farrows Bass trägt das Stück mit einem Pedal Point, während Black mit Besen zu hören ist. Williams‘ Original „Rogi“ folgt, ein mittelschnelles Stück im 4/4 mit einem sehr schönen Solo des Komponisten.

Die zweite Plattenhälfte von „At Pep’s“ enthält vier kürzere Stücke. Den Auftakt macht ein neues Oboen-Feature, wieder ein alter Blues, Ma Raineys „See See Rider“ – ein Höhepunkt der Platte! Nock öffnet mit ein paar Takten Blues-Piano, Lateef steigt mit dem Thema ein, mit diesem unvergleichbaren Sound. Auch Williams spielt ein kurzes Solo, weniger zupackend, nachdenklier als Lateef, bevor dieser das Stück beendet (man beachte Nocks Begleitung!). James Black hat das 14-taktige „The Magnolia Triangle“ im 5/4 geschrieben. Anstatt der Rückkehr (in Takten 11 und 12) zur Grundtonart moduliert das Thema nach dem 10 Takt einfach noch vier Takte weiter, um dann erst mit dem Übergang in den ersten Takt des nächsten Durchganges in die Grundtonart zurückzufinden (wenn ich mich nicht täusche) – eine raffinierte Idee. Das ungewohnte Metrum stellt die Musiker natürlich vor keinerlei Probleme, Lateef hat ja früh schon mit ungeraden Metren gearbeitet. Lateef spielt zum Auftakt die Argol, das Stück klingt am Anfang sehr frei, aber als der Groove unter Lateef zu kicken beginnt, ist es gleichzeitig down home – und das Riff, das Trompete und Tenor unisono präsentieren, ist ziemlich catchy. Nach Lateef und Williams ist auch Black kurz mit einem Solo zu hören. Zum Abschluss greift Lateef wieder zur Argol und das Stück wird quasi ausgeblendet (ohne technische Hilfsmittel).

Lateefs „The Weaver“ stammt aus der Zeit mit Cannonball Aderley. Hier ist es deutlich kürzer gehalten, die Rhythmusgruppe ist hervorragend und nach Williams spielt Lateef ein phantastisches Solo über einer phantastischen Rhythmusgruppe, die den Groove durchzieht, ihn aber beinah auseinanderfallen lässt – klasse! Für Nock wird der Beat dann wieder (wie unter Williams) flüssig, mit der Rückkehr des Vamp kündet sich dann das Outro an, in dem die Gruppe kollektiv improvisiert. Mit Lateefs „Slippin‘ and Slidin'“ endet das Album – vergleichweise traditionell und mit einer swingenden, starken Rhythmusgruppe. Lateef präsentiert das an „Wade in the Water“ gemahnende Thema an der Flöte, in die er immer wieder hineinsingt. Williams folgt mit gestopfter Trompete. Die Band ist einmal mehr herausragend, owbohl Nock und Black (soweit ich weiss) neu dazustiessen, ist sie einmal mehr perfekt aufeinander abgestimmt. Lateef hatte wirklich grosses Talent darin, passende Leute zusammenzubringen. Zum Ausklang ist noch das Thema von „Delilah“ zu hören … mehr dazu gleich.

„Live at Pep’s – Volume Two“ erschien 1999 und enthält den Rest des Materials aus dem Pep’s, weitere neun Stücke, davon nur ein Alternate Take und der stammt von einer der spannendsten Nummern, Blacks „The Magnolia Triangle“. Ich möchte nochmal Cuscunas Liner Notes zitieren:

Michael Cuscuna
It was the earthies of jazz, it was the most exotic of jazz.

Yusef Lateef is an artist of extremes. When he approaches the blues on the tenor saxophone, it growls from the gut with a century of cultural history in every note. At the same time, he plays a variety of exotic reeds and incorporates melodies, scales, and rhythms from what is now called world music. He has also been known to incorporate European classical pieces, like Eric Satie’s first „Gymnopédie“, into his performances.

[…]

Lateef’s mix swing, blues, bop, and exotica made quite a splash when he brought his Detroit group (trombonist Curtis Fuller, pianist Hugh Lawson, bassist Ernie Farrow, and drummer Louis Hayes) to New York in 1957 to record for Savoy and Verve.

[…]

Pep’s Lounge was a very hip Philadelphia club located on South Broad Street in what is known locally as Center City, where several neighborhoods met. Given the atmosphere and the enthusiastic crowds, it’s surprising that there wasn’t more live recording done there. But Lateef’s appearance and an unsuccessful recording six weeks later with Horace Silver’s new quintet for Blue Note, both engineered by Rudy Van Gelder, seem to be the only professional tapings at the club.

Live at Pep’s introduced a new edition of Lateef’s quintet, with New Zealand pianist Mike Nock and New Orleans drummer James Black, and is considered by many (this writer among them) to be his finest recording. Here was a sparkling, flexible ensemble that could move creatively and empathetically with Lateef no matter what musical direction he chose to pursue. And he brought the full range of his music to the bandstand on this incredible night.

Wahre Worte – und auch ich gehöre zu den erwähnten „many“. Umso grösser war die Freude, als die CD mit den weiteren Aufnahmen aus dem Pep’s erschien. Das erste Stück ist „Brother John“, das 3/4 (oder 6/8) Stück, das während der Zeit mit Adderley schon eingespielt wurde. Lateef soliert an der Oboe, dann folgen Williams und Nock und die Band geht überall hin mit, genau wie Cuscuna es beschreibt. Über Piano-Riffs spielt Lateef etwas Flöte, bevor das Thema wiederholt wird. „P-Bouk“ ist ein weiteres Stück, das ins Repertoire der Adderley-Band Eingang fand, jedoch schon auf Lateefs „Into Something“ zu hören war – Cuscuna: „This version of ‚P-Bouk‘ offers a compact tenor solo that moves freely from gutbucket growls to Eastern scales to avant garde cries.“ – Dass Lateef genau dies gelingt, ohne dass es jemals auch nur zum geringsten Bruch in seinem Spiel käme, gehört für mich mit zum Faszinierendsten an seiner Musik; sie ist, so blöd das klingt, allumfassend. Was immer er am Wegrand fand, sei es zufällig oder bei einer gezielten Suche, er konnte es nahtlos in seine Musik einbauen. In Williams fand er dafür den perfekten Partner, der bereit war, mitzugehen – was bei Fuller oder Harden nicht in so augeprägtem Masse der Fall war, beide waren (Fuller ist es noch immer) stark im Bebop verwurzelt und boten eher einen Gegenpol (in Hardens Fall allerdings einen, der durchaus aussergewöhnliche Reize bot).

Es geht weiter mit „Nu-Bouk“, einem langsamen Blues, den Lateef über einem leichten Beat und erdigem Walking Bass an der Flöte präsentiert. Es ist das erste von drei Stücken dieser CD, die sonst nirgends in Lateefs Werk auftauchen. „Yusef’s Mood“ (das vierte Lateef-Original am Stück) ist ein alter Blues, schon 1957 für Savoy eingespielt, hier mit einer kickenden Rhythmusgruppe (shuffle) und grossartigen Tenor von Lateef. Als nächstes ist Benny Golsons Hommage an Clifford Brown zu hören, „I Remember Clifford“, das zweite Stück, das es von dieser Aufnahme abgesehen von Lateef nirgends zu hören gibt – es gehört in erster Linie der Trompete von Richard Williams, Lateef umschmückt das Thema mit Flötenlinien. Nock ist auch hier wieder herausragend in der Begleitung wie auch im Solo, aber es ist Williams, der hier mit warmem Ton die Glanzpunkte setzt.

Lateefs „Listen to the Wind“ war damals ein neues Stück, es klingt sehr modern, geheimnisvoll, lebt von dunklen Akkorden, zerklüfteten Linien und Rhythmen. Lateef spielt ein wirkungsvolles Tenorsolo, während Black unter ihm trommelt – rhythmisch scheint hier alles stets in Bewegung zu sein. Unter Williams hält sich Black erstmal etwas zurück, aber schon bald beginnt sich der Beat wieder zu verschieben, zu dehnen und wieder zusammenzuziehen. Es folgt Lateefs „I Loved“, das dritte exklusive Stück der CD. Eine Ballade am Tenorsaxophon mit meisterhaftem Lateef (Williams setzt aus).

Dann „Delilah“, Lateef an der Flöte, Williams mit der Gegenmelodie/zweiten Stimme, das Thema über diesen landsam kreisenden Groove, für das Solo von Lateef fällt die Rhythmusgruppe dann in einen straighten 4/4, Black trommelt wieder ziemlich viel und toll, ohne die ruhige Stimmung je zu durchbrechen, auch Farrow fällt manchmal in 12/8. Das lange Stück bietet auch Platz für Soli von Williams, Nock und Farrow. Den Abschluss macht dann der erwähnte Alternate Take von Blacks tollem Stück.

Hier noch das Cover der Doppel-LP „The Live Session“ (Impulse! IA-9353/2):

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