Re: Kabarett im TV

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latho
No pretty face

Registriert seit: 04.05.2003

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Zappa1Die Sendung zum Schwachsinnsprojekt Rhein-Main-Donau-Kanal war schon zu sehen. Der wohl beste Scheibenwischer aller Zeiten. Allerdings hat es seitens der Staatsregierung natürlich heftige Proteste gegeben. Vor allem wegen der Szenen mit Polt und Schneeberger.
Hier kann man die komplette Folge sehen. Highlight!

Ausgeschaltet hat sich der BR bei der Tschernobyl-Sendung. Da hat die CSU-Bagage all ihre Macht spielen lassen.
War dann aber doch ein Schuss in den Ofen, weil sie spontan den Scheibenwischer paar mal in den Kammerspielen aufgeführt haben und die Sendung bayernweit anschließend in vielen Kinos längere Zeit lief.

Du hast natürlich vollkommen recht. Hätte ich mir auch denken können, an den Kanal-Scheibenwischer kann ich mich erinnern, den habe ich im Fernsehen gesehen, die Tschernobyl-Sendung natürlich nicht, weil der alte Fascho Strauß vielleicht keinen Spiegel mehr verbieten durfte, aber seine Bücklinge im BR beschäftigen wollte. Wobei ich die Tschernobyl-Sendung auch gar nicht so toll fand, sie hatte eben diesen Nimbus, lustig zu sein, weil die CSU sie verboten hatte. Das würde aber bedeuten, dass die CSU etwas von Humor versteht.

Was Kabarett angeht: altmodisch finde ich die Form in keinster Weise – heute füllen immer noch Unmengen Witze erzählende Männer und Frauen die Stadien, man nennt sie eben anders.
Das politische Kabarett halte ich nicht oder kaum für politisch, nur weil es sich mit Politik Ziel der Witze ist – Polt macht meines Wissens schon länger keine Stücke mehr über Politik und ist trotzdem hochpolitisch.
Zu Polt: wer den (also seine Bühnenpersönlichkeit) für einen „verschmitzten“ Bayern hält, hat ihn entweder nicht gesehen oder einen Knall. Polt stellt seit Jahr und Tag den Alltagsfaschismus dar, mal als Mann, mal als Frau, mal alt, mal jung, mal gebildet, mal brunzdoof – aber immer ein Arschloch. Und den Leuten bleibt das Lachen im Hals stecken, wenn der junge Bursch erzählt, wie er den „Neger“ zusammengeschlagen hat. Polts Witz ist das sich langsame Entblößen der Unmenschlichkeit – und die Facetten des Entblößens sind die Kunst Polts (für mich meilenweit vor Hildebrandt).
Hildebrandt selber ist in einer Zeit groß geworden, als Nazis davon träumten die Macht zu übernehmen (oder es sogar taten) und allen Kritikern das Maul zu stopfen – diese Realität lag ja nicht so weit zurück. Als die 70er und 80er kamen saßen nicht mehr Herr und Frau Fleischer aus Rosenheim mit Karten für diese „Lach- und Schießgesellschaft“ im Publikum, sondern die groß gewordenen rot-grünen Etablierten. Und das kann man dem (schlechteren) Kabarett immer vorwerfen: dass es seinem Publikum nach dem Mund redet, auch Hildebrandt war da nicht immer aufmerksam genug. Priol mag ich im übrigen – vor allem wenn er in einer Minute Unmengen Pointen los wird – Witze mit der Schrotflinte, aber ein paar Kugel treffen eben.

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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.