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Hal CrovesZunächst mal: R.I.P. Dieter Hildebrandt.
De mortuis nihil nisi bene. Darum wollte ich eigentlich gar nichts schreiben, aber nach den letzten Beiträgen juckt’s mir doch in den Fingern. Meiner Meinung nach geht es nicht darum, ob Hildebrandt noch zeitgemäß oder schon unzeitgemäß war; er hätte immer Sendezeit bekommen, wenn er gewollt hätte, und hätte auch sein Publikum gehabt, auch heute noch. Er hat aber seinerseits behauptet, Kabarett müsse auf Empörung bauen, ansonsten könne man gleich harmlose Späßchen machen. An dieser Stelle trennen Hildebrandts Auffassung Welten von meiner. Dieses sehr deutsche – um nicht zu sagen preußische – Empörungskabarett (das Urban Priol übrigens geradezu idealtypisch vertritt, insofern kann ich bestens nachvollziehen, warum Hildebrandt den gut fand) ist für mich nicht in erster Linie unzeitgemäß, sondern es ist unemanzipativ, weil es an schlechte Instinkte appelliert, nämlich an Ressentiments (gegen „die da oben“), an Wut (die Schrotflinte unter den Emotionen) und an Gemeinschaftsideologien („wir“ gegen „die“). Gerade der letzte Punkt ist der Hauptgrund, warum meine Meinung über Georg Schramm sich von einer sehr guten über die Jahre in eine sehr schlechte gewandelt hat. Auch so ein Empörungskabarettist.
Ich bevorzuge gegenüber den preußischen Schrotflinten das österreichische bzw. bayerische Florett. Ich schrieb es schon mal, aber wiederhole es gerne: Josef Hader und Gerhard Polt sind meine Favoriten, weil sie ein Kabarett vertreten, das auf das Lachen als befreienden Akt abzielt. Aber auch Andreas Rebers ist ein hervorragender Vertreter dieser Schule. Empörung ist bei den dreien nicht zu finden, dafür aber Spott, Witz und Humor. Dieter Hildebrandt bot viel Empörung und Aufklärungspathos, eine gute Prise Spott, wenig Witz und keinen Humor. Das fand ich nicht gut an ihm.
Treffer versenkt!
Du hast sehr gut beschrieben, was mich an Hildebrandt gestört hat. Ich habe es immer schon so gefühlt, konnte es aber nie so gekonnt ausdrücken wie Du gerade. Châpeau!
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