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kingberzerkDie angedeutete oder offen ausgesprochene Skepsis leuchtet mir ein. Nichts kann ich mir leichter nervig vorstellen als einen eifrigen Erwachsenen, der mit Platten, Büchern und Sprachlehrern hinter den Kindern herrennt und seine Mission zu verbreiten versucht.
Ja. Aber offene Angebote kann man natürlich immer mal wieder machen und schauen, was auf Interesse stößt und was nicht. Unsere ist da sehr rigide, wenn sie was nicht interessiert, sagt sie das sofort. Aber was beim ersten Versuch noch zu früh ist, kann zwei Jahre später genau richtig sein.
Bei einer Ausgabe der NDR-Talkshow hatte ich vor einiger Zeit die „Brigitte“-Autorin Idiko Dingsda gemeinsam mit Barbara Schöneberger über Kinder palavern hören und was die so für die machen: Zum Chinesisch-Unterricht karren, zum Cellounterricht, zum Tanzen, zum bla. Dann meldete sich Richard David Precht zu Wort und bemerkte: „Meine Damen, es tut mir leid, es ihnen sagen zu müssen, aber aus ihren Kindern wird nichts werden. Kreativität entsteht aus Mangel.“
Ich bin inzwischen überzeugter Anhänger der Ganztagsbetreuung im Kindergarten und in der Grundschule. Da gibt es ein so großes Angebote an Kursen, dass ein Kind alles mal ausprobieren kann, ohne dass es stressig wird. Es ist ja nicht so, dass es nur die „Helikoptereltern“ sind, die Kinder wollen ja was machen und begeistern sich für vieles, das wird schnell mal übersehen. Unsere hat in der OGTS schon alle möglichen Angebote mitgemacht, Computer, Filzen, Theater, Musical usw., aber es ist immer ihre eigene Entscheidung. Und das Rumtoben auf dem Schulhof kommt dabei nicht zu kurz. Und es ist nicht so, dass die völlig platt wären um 16 Uhr, im Gegenteil, die verabreden sich dann immer noch. Wir machen aber nichts darüber hinaus, das würde zu viel, ab 16 Uhr und am Wochenende ist Freizeit.
Die Große sagte Musik mit langem „I“, wenn ihr etwas gefällt, so wie Kaffee, wenn die Mühle knattert, auch wenn sie keinen Kaffee trinkt, aber weiß, dass wir Großen so drauf stehen. Ich mag das: Wenn gerade ein Sound läuft, der ihr auffällt, und sie so im Raum steht und lächelnd sagt: „Musiiik.“
Genau das sind die tollen Momente, die kann man nicht erzwingen, aber die ergeben sich. Dass meine Musikmixe beim Autofahren im Urlaub totgedudelt und nicht nach einem Durchlauf ausgemustert werden, freut mich natürlich, beispielsweise.
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