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Erste Tranche.
SERGE GAINSBOURG
13. ANGOISSE (Serge Gainsbourg) 2:36Alain Goraguer et son orchestre: Roger Guérin (t), Georges Grenu (ts), Léo Petit (g), Pierre Michelot (b), Christian Garros (d)
DMS Studio, Paris, Dezember 1959
von: „L’Eau à la bouche“, Soundtrack (Philips 7″ EP 432.492 / CD: „Du Jazz dans le ravin“, Mercury, 1996)Nach dem „kleinen“ Ausklang ein ebensolcher Einstieg … Roger Guérin, der in #1 am Euphonium zu hören ist, spielt die tolle Trompete, Georges Grenu das Tenor, die Rhythmiker sind natürlich bestens bekannt, nur den Gitarristen Lé Petit kenne ich nicht, scheint ein Studiomusiker (gewesen) zu sein (ob er mit Philippe Petit verwandt ist? weiss redbeans vielleicht mehr?)
Das Stück entnahm ich der sehr empfehlenswerten CD „Du Jazz dans le ravin“.
Ja, toll, sehr schönes Stück, wunderbarer Klang, sehr klar, herrlich. Jetzt, wo man’s weiß, hört es sich ähnlich an wie FAHRSTUHL ZUM SCHAFOTT. Irgendwie Miles, irgendwie französisch. Sind die anderen Stücke auf der CD auch so gut?
AL SEARS
14. MAG’S ALLEY (Al Sears) 2:34Big Al Sears (ts), Eddie Barefield, Budd Johnson (sax), Harold Baker (t), Tyree Glenn (tb), John Acea (p), Joe Benjamin (b), Kalil Mahdi (d)
RCA Studio 2, New York, 5. Dezember 1952
RCA 20-5131 (von CD: Sear-iously, Bear Family, 1992)Dieses Stück von Al Sears ist für meine Ohren die pure Magie … ein Rock’n’Roll-Walzer, der alles Irdische transzendiert. Sears war – eine schlaue Wahl des Maestros: Kontrast, denn Ersatz gab es nicht – für kurze Zeit der Nachfolger von Ben Webster in der Big Band von Duke Ellington, spielte dann mit Johnny Hodges‘ Band, als dieser 1951 für fünf Jahre bei Ellington ausstieg und als Leader sein Glück versuchte. Der Hit dieser Gruppe war „Castle Rock“ – in dem Al Sears solierte:
Sears machte sich dann seinerseits selbständig, aber er gelang ihm nicht, einen Jukebox-Hit unter eigenem Namen zu landen. Er ist einer von vielen tollen Saxophonisten, die sich zwischen R & B und Jazz bewegten, wobei bei ihm die Tendenz doch klar zu ersterem ging. Wie redbeans anmerkte, ein verdammt guter Saxophonist, der wohl jeden Trick kannte (ganz wie z.B. auch Earl Bostic, der ja für Coltrane ziemlich wichtig gewesen ist).
Ha!
Der Name Johnny Hodges zog mir durch den Kopf als ich dieses Stück hörte. Er ist es natürlich nicht, denn das hier ist ein Tenor, während Hodges Alt spielte. Aber auch hier gibt es dieses Übermaß an Gefühl, das man auch von Hodges kennt. Hodges ist sicher ein ganzes Stück kontrollierter, aber eine gewisse Verwandtschaft ist nicht zu verkennen. Ich kenne Al Sears ja sogar, aber wusste es nicht, denn ich kenne CASTLE ROCK von einer Johnny Hodges-Compilation. Und ich kenne auch Earl Bostic, ein showman alter Schule. Eigenartig, dass ausgerechnet der für den doch so bierernsten Coltrane einflussreich war.
Auch das Cover ist hammermäßig. Nur das hier könnte das vielleicht noch toppen.
BOBBY PIERCE
17. THINK (Aretha Franklin/Ted White) 8:26Bobby Jones (ts), Bobby Pierce (org), Pat Martino (g), Roy Brooks (d)
New York, 6. April 1972
von: Introducing Bobby Pierce (Cobblestone CST 9016 / LP-rip)Mehr aus den frühen Siebzigern, ein Aretha Franklin-Cover von einer unbekannten Cobblestone-Platte, dem Debut des Organisten Bobby Jones.
Shame on me, dass ich THINK nicht erkannt habe. Ja, das ist funky und das kocht. Vielleicht etwas lang geraten das Ganze. Ich wünsche mir sowas knapper und prägnanter. Aber dennoch nicht von schlechten Eltern. Macht Spaß.
PIERRE DORGE & NEW JUNGLE ORCHESTRA
18. THE ROOT EATING RAG (Pierre Dorge) 5:14
Pierre Dorge (g, arr, dir), Harry Beckett (t), Kenneth Agerholm (tb), Morten Carlsen (ts, ney), John Tchicai (ts, bcl), Jesper Zeuthen (as), Irene Becker (keys), Bent Clausen (vib), Hugo Rasmussen (b), Thomas Dyani (perc), Hamid Drake (d)
Copenhagen, April 15, 1987
von: Johnny Lives (Steeplechase SCCD-31228, 1987)Eine weitere CD, mit der ich vor vielen Jahren zufällig in Berührung kam und die ich seither nicht missen möchte. Pierre Dorge stellte das New Jungle Orchestra über die Jahre immer mal wieder zusammen, in früheren Ausgaben spielten Leute wie Michel Marre oder der Widmungsträger dieser CD, Johnny Dyani mit. „Johnny Lives“ ist kaum die beste Platte der Gruppe, aber dieses Stück hier (und ein paar andere) finde ich klasse. Mit Hamid Drake ist auch der richtige Mann dabei, um den richgtigen Beat für diese globale Dorfmusik (mehr davon morgen in Teil 4 der Auflösung) zu trommeln. Harry Beckett und besonders John Tchicai, den ich ja tollerweise ein knappes Jahr vor seinem Tod noch kennenlernen durfte, gefallen mir ausserordentlich gut.
Da lag ich ja mit meinem Ellington-Vergleich gar nicht mal so weit daneben. Ich stehe ja auf Ellington, unter anderem das üppige, lustig-lustvolle in seiner Musik. Das wird hier noch etwas persifliert. Like!
Tranche 2 folgt.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)