Re: BOB DYLAN – The Complete Album Collection

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nail75Leute, wenn ich von den Basement Tapes rede, dann natürlich nicht von diesem uninteressanten 2LP/CD-Set. Es geht um die echten Basement Tapes – und die sind grandios!

RosebloodDass man die Basement Tapes als unfertig ansieht und deswegen weniger mag, okay, aber genau darauf zielen doch die Aufnahmen ab und deswegen mag ich diese so sehr. Es ist der Moment, den die Lieder so gut einfangen. Der Moment, irgendwo zu sein, recht abgeschottet, egal was woanders passiert. Einfach nur mit Freunden Musik zu machen, Spaß zu haben und dabei ein Aufnahmegerät laufen zu lassen. Und genau diese Skizzen, dass nichts perfekt klingen muss, geben den Aufnahmen doch erst den Charme.

Da will ich Euch beiden gar nicht widersprechen. Ich weise bloß auf folgendes hin:

Mep hat ja die Basement Tapes bewertet, wie sie in der Dylan-Werkbox enthalten sind. Und deshalb kann ich seine gemischten Gefühle verstehen.

Die seinerzeit erstveröffentlichten BT sind weder Fisch noch Fleisch – weder sind sie eine in sich schlüssige, konsistente Doppel-LP, noch erschließt sich wirklich die Möglichkeit, quasi aus der Schlüssellochperspektive musikalische Wurzelvergewisserung und Identitätsfindung in the making nachzuvollziehen. Das Faszinierende an dieser Musizierwerkstatt Dylans mit der Band war ja, genau wie es Roseblood beschreibt, das Experimentelle, der Versuchscharakter, das teilweise Anstrengungslose, ein Ausprobieren, manchmal bloß Anspielen, manchmal Ausarbeiten ohne permanent mitschwingenden Veröffentlichungsehrgeiz – und gleichzeitig ist das für jeden, der sich für die Musik dieser Leute begeistert, hochspannend, denn hier hat die ganz eigene Musizierperspektive der Band Gestalt angenommen, ihre folgenden Platten fußen auf den Basement-Erfahrungen und –Lerneffekten, und auch für Dylan war das wohl Traditionserforschung und Neulandsuche, Selbststabilisierung und Experimentierlabor in einem. All das in extenso nachzuvollziehen, ist sicher eine hochinteressante Hörerfahrung (ich habe allerdings über das offiziell veröffentlichte Material hinaus nur wenig davon gehört und kann deshalb hier nur mutmaßen), und vielleicht gibt es ja irgendwann noch eine brauchbare Bootleg-Series-Folge.

So, wie das 1975 aber veröffentlicht wurde, ist es einfach nicht stimmig, zum Teil ist es lieb- und respektlos, zum Teil grenzt es an Geschichtsklitterung, wenn originale Basement-Tracks neben Tracks mit Overdubs stehen und neben Aufnahmen, die viel später entstanden sind und entsprechend anders klingen.

Die so vorliegenden BT sind trotzdem durchaus toll, insfoern verstehe ich auch j.w. – wer wollte bestreiten, dass This Wheel’s on Fire oder Tears of Rage großartig sind und viele andere mindestens charmant, teilweise auch packend? Nur ist die Ausgabe eben leider ebenso unbestreitbar suboptimal.

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