Re: The Beatles vs. The Stones

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der-hofacker

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L’Das wäre eher ein Diskussionsthema: Welche der beiden Bands hat mehr in der Musikszene insgesamt in Bewegung gebracht?

Was die Beatles betrifft, so haben sie da auf jeden Fall die Nase vorn. Sie haben schließlich in den Sixties dafür gesorgt, das auch Bands nach ihnen anfingen eigene Songs zu schreiben, also eine echte Kreativitätswelle losgetreten. Nicht zuletzt die Stones haben wegen des Vorbilds der Beatles angefangen mit dem Songwriting. Das bestätigen unabhängig voneinander sowohl Bill Wyman als auch Keef in ihren Autobiographien. So lange die Beatles als Band zusammen waren haben sie ihr Song-Niveau ständig erweitert und verbessert, vor allem haben sie eine musikalische Entwicklung hingelegt, die in einem solchen Maß wenige Bands sonst noch vorweisen können. Wenn man die Alben „Please, Please Me“ (1963) und „Abbey Road“ (1969) miteinander vergleicht, dann ist das ein Quantensprung in nur 6 Jahren…..da kann man nur staunen. Heute brauchen Bands manchmal 5 Jahre um ein neues Album an den Start zu kriegen…..
Der größte Verdienst der frühen Stones ist für mich die Tatsache, dass sie die Leute auf den authentischen Blues brachten. Kein Mensch kannte damals Muddy Waters oder John Lee Hooker und Kollegen, erst dadurch, dass die Stones deren Musik gecovert haben war die British Blues Exploison später möglich. Schon interessant, dass die Stones 1964 mit Willie Dixons „Little Red Rooster“ einen Nr.1 (!!!) Hit hatten. Sie haben viel für die Verbreitung des Blues getan. Danach bekamen die Originale endlich die längst verdiente Anerkennung. Allein dafür verdienen die Stones schon meinen Respekt. Aber auch was das Songwriting betrifft haben sie ja ab 1966 dann immer mehr gute Songs hingelegt und damit auch die Szene sehr beeinflußt.

Unter dem Strich sehe ich aber bei den Beatles deutlich mehr Langzeiteinfluß auf die gesamte Szene. Bis heute tauchen Beatles Platten immer wieder als Referenz bei jungen Musikern auf, das wird sich wahrscheinlich auch nie ändern. Es ist einfach Top Qualität. 13 mehr oder weniger wegweisende Alben plus etliche Singles die nicht auf den Alben enthalten waren in nur 7 Jahren, das hat bis heute keine Band mehr geschafft. Dazu haben sie die Sixties auf eine Art geprägt und beeinflußt (Musik, Lifestyle, Mode) die sie anderen immer eine Nasenlänge voraus sein ließen.

Mal abgesehen davon, dass es zu Beginn der 1960er Jahre noch einige andere kommerziell erfolgreiche Bands gab, die den Leuten den Blues nahegebracht haben (Yardbirds, Animals, Them etc.), dieses Verdienst also nicht allein den Stones zusteht, und auch die Beatles sich nachweislich da und dort bei anderen kreativ bedient haben, finde ich es etwas verkürzt, den Einfluss dieser Bands nur auf der rein musikalischen Ebene zu betrachten.
So kann man wohl guten Gewissens behaupten, dass die Beatles als Symbolfiguren einer ganzen Epoche eine über die Musik hinausgehende regelrechte Kulturrevolution mit initiiert und phasenweise federführend vorangetrieben haben. Die Stones dagegen haben an vorderster Spitze den Beweis erbracht, dass eine Popband bis ins hohe Alter kreativ bleiben kann. Mal abgesehen davon, dass sie immer wieder Maßstäbe in Sachen Live-Entertainment gesetzt haben und – wie auch die Beatles in ihrer kurzen Zeitspanne – eine Emanzipation junger Popmusiker gegenüber den Produktionsverhältnissen und (Macht-)Strukturen der Showbranche vorangetrieben haben, die die heutige Szene erst möglich gemacht hat. Typen wie Andrew Oldham wären vorher nicht denkbar gewesen. Auch nicht, dass eine Band Management, Produktion und Labelarbeit selbst in die Hand nimmt. Und so sehr es stimmt, dass vor den Beatles keine Band ihre Songs selbst geschrieben hat, so sehr gab es schon immer Einzelkünstler, die das getan haben, z.B. Chuck Berry und Buddy Holly. Man könnte aber sagen, dass die Beatles die aus gleichberechtigten Mitgliedern bestehende Band als primäres Medium der Popmusik etabliert haben. Davor gab es praktisch nur Frontmänner mit Begleitbands.
All das ist im übrigen für mich keine Frage von „Wer hatte mehr Einfluss?“, das kann man quantitativ kaum bewerten.

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