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Das mit dem Ritual greift natürlich viel tiefer – das AEoC bezog sich ja seinerseits auch schon auf eine ganze Traditionslinie, die Matana nun eben fortspinnt. Es geht da nunmal um Geschichte und nicht allein um Musik. Musik ist das gewählte Mittel des Ausdrucks, dazu kommen „visuals“ – das mögen „triviale“ Film-Aufnahmen von Geleisen am Ende des fahrenden Zuges sein, die verfremdet werden, aber es kann eben auch eine Art Ahnengallerie sein, die während des Konzertes auf den Bühnenhintergrund projiziert wird – und dazu kommen eben auch Worte, Texte, Notate aus der Vergangenheit der Afro-Amerikaner in den USA. Das alles fügt sich erst zum Gesamten zusammen, das Matanas Projekt so besonders macht. Es ist eine Art soul searching, das weit über die eigene Befindsamkeit hinausgeht und auf behutsame Weise auf das grosse Ganze abzielt. Die eigene Geschichte ist unentwirrbar mit der Geschichte der Anderen verbunden und Matana spinnt das Netz der Geschichten, die zusammen Geschichte sind, fort.
Das ist auch der wesentliche Unterschied zwischen „Coin Coin“ und den frühen Alben, die sie gemacht hat („The Chicago Project“ und „Live in London“), die am Ende recht konventionelle Jazz-Alben sind, auf denen wenig bis gar nichts auf das ausserordentliche Unterfangen hinweist, dessen Umsetzung Roberts inzwischen seit einigen Jahren schon verfolgt (die Gruppe Sticks and Stones mag schon einen Schritt näher sein, wenigstens bin ich mir ziemlich sicher, dass der Bandname vor dem Hintergrund des civil rights movement gesehen werden muss … die Geschichten mit dem brennenden Kreuz im Vorgarten der afro-amerikansischen Nachbarn eben, die als freie Meinungsäusserung geschützt werden – „Sticks and stones will break my bones / But words will never harm me.“ – Ha!).
Der „Coin Coin“-Zyklus ist ja auf zwölf Kapitel angelegt und nach meinem letzten Stand (der ist nicht sehr aktuell, aber das sowieso alles geht langsam voran) sind davon etwa die Hälfte zu Faden geschlagen oder vollendet. Ich halte das ganze für ein grossartiges Unterfangen und hoffe sehr, dass es mir möglich sein wird, den Rest zu verfolgen und vor allem weiterhin live zu erleben.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba