Re: bft#13 – vorgarten

#8917345  | PERMALINK

vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

Beiträge: 12,714

FriedrichDann wollen wir mal!

danke für’s mitmachen in diesen überhitzten tagen!

FriedrichTrack 01

ein kleiner musikalischer Scherz aus dem vorgarten. Ich weiß das ist es nicht, aber könnte fast Musik zu einem Stummfilm sein. Ist das aus der entsprechenden Zeit? Vielleicht aber auch nur ein kleiner Scherz der Musiker. Sie scheinen sich jedenfalls prächtig zu amüsieren. Ich auch. Ein sympathischer Einstieg.

ganz genau weiß ich ja nicht, von wann das hier ist, aber ich schätze, dass da die filme schon gesprochen haben.

FriedrichTrack 02

Eine Marimba, ein Instrument, das ich sehr gerne höre (und besitzen würde!). Steve Reich hat das oft und gerne eingesetzt. Im Jazz hört man die Marimba hingegen seltener. Ich wüsste eigentlich auch kaum jemanden, der sie gespielt hat, jedenfalls nicht als Hauptinstrument. Ich weiß aber einen, der die Marimba hin und wieder gespielt hat. Ein gebürtiger Brite? Charmantes, lässiges und fröhliches Stück. Tänzerisch. Gefällt mir gut. Die kleine Klezmer-Einlage am Ende irritiert mich allerdings. Müsste jemand mit jüdischen Wurzeln sein, oder?

na klar. und er musste mit seinem vater bei hochzeiten und bar mitzvahs spielen. allerdings als schlagzeuger. und in brooklyn, nicht in großbritannien.

FriedrichTrack 03

Sonnenuntergang in der Beach Bar, Cocktails, Easy Listening. Mit den Rufen der Musiker bekommt das etwas albernes. Aber nicht uncharmant. Was der Pianist mit der linken Hand macht, erinnert an das Motiv von SONG OF MY FATHER. Ein show tune, oder würde vorgarten diese Charakterisierung brüsk zurückweisen?

überhaupt nicht, das trifft es im kern. und den song für den vater höre ich natürlich auch anklingen. überhaupt alles ganz schön zusammengeklaut, oder?

FriedrichTrack 04

Zuerst dachte ich Wes Montgomery. Ist er aber nicht, oder? Auch nicht der frühe George Benson, aber schon die Erwähnung dieses Namens wird mir hier womöglich übel genommen. Jim Hall? Never ever! Der Gitarrensound ist zupackender und derber. Der Saxofonist hält sich auch nicht zurück. Creed Taylor könnte seine Finger mit im Spiel haben, das Bläserarrangement klingt etwas nach einer Produktion von ihm. Müsste eigentlich ein größerer Name sein, den diese Bläser muss man sich leisten können. Die Tempowechsel irritieren etwas und machen es raffiniert. Eins der heißesten Stücke dieses Mixes und kann mich daher auch nicht kalt lassen.

das freut mich. das waren noch keine großen namen damals, aber sie wurden auch nicht von creed taylor aufgestellt. heute würde man sagen, dass das zwei unterschiedliche enden der jazzproduktion sind. damals ging das aber mehr ineinander über.

FriedrichTrack 05

Wieder Gitarre und wieder ein mir vermutlich unbekannter Gitarrist. Sehr schön altmodische Orgel. Das hat auch wieder was von der Bar mit Blick auf den Sonnenuntergang über dem Meer. Bossa Nova, aber vermutlich nicht von Brasilianern.

so ist es. & mit schmutzigen gedanken, für die es wohl noch ein paar bikinis in diesem szenario braucht.

FriedrichTrack 07

Das kenne ich, da ich das Stück auf einer compilation habe. Das Stück schließt mit seiner leichten gelassen, verträumten und schmusigen Stimmung sehr schön an Track 06 an. Tolle, leichte, sehr feminine Stimme. Gegen Ende zieht sie etwas an, schöne Dramaturgie. Die dezente, fast nur getupfte Begleitung ist auch ganz wunderbar. Das Stück hätte eigentlich ein Hit sein müssen, aber aus welchen Gründen auch immer hat die Sängerin es nicht geschafft.

gut, das musste ja passieren. feminine stimme… ja, wahrscheinlich. ist aber ein bisschen schwer, bei diesem song gegen nina simone anzusingen, oder? (obwohl: damals fand man das wohl zu sehr auf nummer sicher.)

FriedrichTrack 09

Auch hier scheint jemand vor allem für sich selbst zu spielen. Fängt auch wieder eher verträumt an, wird dann aber tänzelnd und fängt fast an zu grooven. Der Trompeter erlaubt sich hier mal brüchige Töne oder einfach mal die Tonleiter rauf und runter zu spielen und lässt es bloß noch zischen und rauschen. Klingt ein bisschen so, als spiele er sich warm oder probiere aus, was so geht. Ich würde nicht sagen, dass mir Bläser solo-aufnahmen besonders zusagen und höre dies eher als so eine Art Kabinettstückchen. In diesem Zusammenhang mit den anderen Stücken ergibt es aber Sinn.

ein zwischensspiel, da, wo es herkommt, und hier auch. ein kabinettstückchen finde ich das aber nicht, es erzählt schon eine geschichte.

FriedrichTrack 10

Das ist jetzt aber ein Vibraphon, oder? Nee, ein irgendwie digital klingendes E-Piano und doch wieder eine Marimba! Und der späte Miles auf der Trompete? Bestimmt nicht, aber nah dran. Wenn ich nicht wüsste, das man zu dritt nicht für sich alleine spielen kann, würde ich sagen, diese drei tun es.

interessant, der miles-vergleich. finde auch, dass die viel gemeinsam haben. und: ja, alles fließt ineinander, aber jeder spielt für sich.

FriedrichTrack 11

Nanu? Diesen Bruch verstehe ich jetzt überhaupt nicht. Nur Trompete und Drums. Nervöser Puls, die Trompete ziemlich frei darüber flatternd. Kann nicht erkennen, wie dieses Stück in den Mix passt. Ist nicht meine Tasse Tee.

naja, auch im sommer kann man sich ja ein bisschen bewegen. eine leichtigkeit kann man diesem spiel doch wirklich nicht absprechen. mir war jedenfalls die einschlafgefahr nach #10 zu hoch. dein teegeschmack wundert mich – rob mazurek macht sowas doch auch gerne und den magst du ja sehr. egal.

Friedrich

Track 12

Zuerst dachte ich Time After Time. Knüpft eigentlich eher an Track 10 an als an Track 11, finde ich. Das ist aus den 80ern? Sehr schmusig, ein bisschen easy listening und durch die Produktion auch noch mal extra weichgespült. Ganz hübsch aber doch ganz schön zuckrig.

ein bisschen vor den 80ern. und mit ein bisschen mehr schatten in der melodie als TIME AFTER TIME. dafür aber an anderer stelle zuckriger, stimmt.

FriedrichTrack 13

Das ist eine von vorgartens Lieblingssängerinnen. Hier mit beeindruckender Brille. Würde ich nicht kennen, wenn er sie mir nicht einmal auf Tonträger vorgestellt hätte. Die klingt obercool, erstaunlich eigentlich, wenn man in Betracht zieht, dass Englisch nicht ihre Muttersprache ist. Vielleicht ein bisschen geschauspielert aber verdammt gut und absolut originell. Wenn man die Sängerin weiß, kommt man auch schnell auf den Bassisten.

oh, wie toll, das video kannte ich noch gar nicht! fast 10 jahre später, großartig. auch schön, dass du sie auch so originell findest.

FriedrichTrack 14

Flöte, Bass, Sommerabend am See und wieder zwei die nur für sich allein bzw. sich beide zu spielen scheinen, ohne irgendeinen Druck. Die Gedanken bzw. Töne treiben bald hierhin, bald dorthin, die Vögelchen zwitschern … Hübsch!

ich glaube eher: das ist trübsaal blasen im kalten, unbeheizten nyc-loft, ohne zu wissen, ob man geld für’s nächste frühstück hat. oder zwei stunden spielen für 3 bucks in der heißen u-bahn-station. aber genau weiß ich es nicht, ist halt mein film.

FriedrichTrack 15

Was für ein feines Stimmchen auf dem Sax, aber auch leicht gebrochen. Die Begleitung ist sehr gelassen und zurückhaltend, fast träge und etwas nachlässig. Das Sax eigentlich auch, aber genau das macht die Stimmung aus. Böse Zungen könnte sogar behaupten, das ist etwas geschlampt. Die Zügel hängen schon seeehr locker. Aber ich glaube gerade diese oberlässige Stimmung, die das ausstrahlt, mag ich.

lass dir versichern: hier bricht nichts und hier ist gar nichts geschlampt! das war mindestens ein diplom im studiengang „jazzimprovisation“ im globalen musikhochschulensystem. gypsy hat ihn jetzt am roten schopf gepackt.

FriedrichTrack 16

Es wird immer zurückhaltender. Zuerst dachte ich, der Bassist schläft gleich ein, wenn nicht bald was passiert. Das Piano bringt dann aber sogar eine bluesige, understated groovende wenn auch sehr träge Note rein. Die drei scheinen auch wieder alle Zeit der Welt und keine Eile zu haben um möglichst schnell von A nach B zu kommen. Der Pianist spielt fast schon aufreizend mit dem Tempo. Monk in super Slo-Mo, hier und da mal ein paar Töne fallenlassen und dann schnell wieder auflesen. Das erzeugt Spannung. Könnte auch ein bisschen nachlässig erscheinen, ich glaube aber eher dass der Pianist hoch konzentriert ist und sehr genau weiß, was er da tut, dann die Spannung reißt ja nie ab. Das ist nicht nachlässig, sondern lässig.

das finde ich eine super beschreibung und ich habe nichts hinzuzufügen.

FriedrichTrack 17

Okay, da ist am Anfang auch wieder so eine Lässigkeit, erst wird mal so ein bisschen ziellos rumgedaddelt, bis man zur Sache kommt und dann wird es nervös. Den Sound des E-Pianos mag ich, aber sonst ist auch dies nicht meine Tasse Tee. Was sind das für eigenartige pfeifende und heulende Sounds? Da manipuliert jemand am E-Piano, oder? Eine Free Fusion-Sache? Verstehe auch hier nicht so ganz, wie dieses Stück in diesen Mix passt.

das war wieder zum aufwachen gedacht. ich glaube, das effekt-repertoire ist ziemlich simpel, aber ich kenne mich da nicht aus. ringmodulatoren?

FriedrichTrack 18

Ist dies das versprochene Disco-Stück? Ist nicht so ganz Disco, oder? Eher so ein 70er/früh 80er R&B. Dachte für einen Augenblick, die Mizell Bros. hätten da die Finger mit drin. Eine sehr professionell gemachte und slicke Sache. Jazzern wird gern mal übel genommen, wenn sie so was machen, aber wenn es aus der R&B- Ecke kommt, ist das dann okay … Das steht auch in krassem Gegensatz zu vielen der entspannten Stücke dieses Mixes: Sehr dicht, sehr lebhaft, sehr funky, sehr funkelnd und auf dem dencefloor sicher ein Knüller. Praktizierte Lebensfreude! Ich habe keine Ahnung, wer bei dieser Aufnahme eigentlich der Leader sein könnte. Der Sänger ist es jedenfalls nicht, oder jedenfalls nicht in der Rolle des Sängers. Dann ist es doch eher die Musik des Produzenten mit lauter Studio-Cracks.

ich hatte nicht disco, sondern eine „platte anbiederung an disco“ versprochen. aber eigentlich finde ich das großartig und sehr effektiv. wie gesagt: ich habe es aus einem aktuellen dj-mix, der ansonsten kein einziges retro-stück drin hatte. der titel des albums ist aber 100% disco.

FriedrichVielen Dank für diesen Blindfold Test. Mir ist aufgefallen, dass sich eine gewisse sommerliche (?) Trägheit durch weite Teil des BFT zieht, was ich als Thema sehr reizvoll finde. Dem gegenüber stehen dann aber auch ein paar andere Stücke, die völlig konträr dazwischen schießen. Eigenartig.

dazu kann ich gar nichts sagen, für mich funktioniert das so. eintönigkeit ist ja unbedingt zu vermeiden, sonst hört man ja auch die facetten der trägheit nicht mehr. aber vielleicht ist sowas wie #17 wirklich ein fremdkörper hier.
schön, dass dir das meiste gefiel!

--