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pinchLeute, widmet euch doch erstmal „Another Self Portrait“, statt jetzt schon über die anstehende CD-Box zu spekulieren.
Stimmt. Zeigt die Psyche von Sammlern ganz gut. Anstatt sich mit dem zu beschäftigen, das man hat, spekuliert man über etwas, das noch relativ weit in der Zukunft liegt.
Nach dem ersten ASP-Durchlauf ist es, wie erwartet, jedenfalls überragend! Kaum noch Spuren von Zynismus und Selbstverachtung, stattdessen ein American Folk- and Blues Songbook, das einen erstklassigen Flow besitzt und wie aus einem Guss wirkt. Okay, „Working On A Guru“ ist albern, hätte Dylan das mit auf „New Morning“ gepackt, die Seelenverwandtschaft zum kurz zuvor erschienenen „Self Portrait“ wäre unverkennbar gewesen. Was auf „Another Self Portrait“ aber teilweise abgeht, ist erstaunlich: „Spanish Is The Loving Tongue“ (das Piano!), „I Threw It All Away“ (die dezente Orgel!) und selten bis nie hat Dylan den Blues grandioser intoniert als bei „House Carpenter“.
Kidd hat überdies recht: wie konnte man ein Juwel wie „Sign On The Window“ mit diesem fantastisch aufspielenden Orcherster bis jetzt in den Vaults rumgammeln lassen? Lediglich „If Dogs Run Free“ gefällt mir in der „Hundeversion“ auf „New Morning“ etwas besser als in der hier servierten alternativen „Pre-Gospel“-Fassung.
Von den von dir ausgemachten Highlights teile ich lediglich die alternate version von I Threw It All Away. Insgesamt muss ich sagen, dass die 15 ausgewählten Highlights bei NPR das meiste Qualitätsmaterial enthalten. Meine Highlights nach einmaligem Anhören: Went To See The Gypsy (Demo), Pretty Saro, Annie’s Going To Sing Her Song, ITIAA, This Evening So Soon, Cooper Kettle, New Morning, When I Paint My Masterpiece.
Daneben gibt es auch eine Menge Songs, die mich nicht wirklich überzeugt haben. Little Sadie ist einfach in allen Versionen schlecht, Belle Isle brauche ich nicht, These Hands ist schwach, die Version von House Carptenter bleibt weit hinter dem Alternate von The Freewheelin‘ zurück, Only A Hobo wurde zu Recht nicht auf GHII veröffentlicht.
Das Livekonzert enthält ebenfalls Höhen und Tiefen, ist aber sehr interessant, auch wegen des ständig wechselnden Gesangsstils. Später mehr.
Was ich nicht verstehe ist deine Aussage zu Zynismus und Selbstverachtung. Ich dachte immer, die Verachtung sei eher Unwillen gewesen, die Dylan-Rolle weiter zu spielen und habe sich vornehmlich auf die Außenwelt bezogen. Wenn man alle veröffentlichten Versionen zusammen nimmt, scheint mir das Gesamturteil vornehmlich dahin zu gehen, dass Dylan einfach nicht komplett bei der Sache war. In einzelnen Aufnahmen, Songs oder Versionen war er das: aber nicht in der Gesamtheit. Insofern ist Another Self Portrait ein Self Portrait ohne Selbstsabotage.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.