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Abgehört:
Dagobert – „Dagobert“
(Buback/Universal, seit 12. April)
Ich erntete zwölf Scheffel Bohnen und achtzehn Scheffeln Kartoffeln nebst ein paar Erbsen und Zuckermais. Der gelbe Mais und die Rüben waren zu spät angebaut worden und nicht aufgegangen. Mein Gesamteinkommen aus dem Anbau betrug: 8,71 Yen. Hatte ich die richtige Entscheidung getroffen? War meine bloße Existenz mir so unerträglich geworden, dass ich „Abgehört“ für immer hinter mir lassen und mich ernsthaft in den japanischen Küstenort Fudai (Danke, Lamia!) zurückziehen musste? Ich hatte nur wenig Musik dabei: Eine Sammlung von Vogelstimmen, Sibelius, Hanns Dieter Hüsch, das „Tracks“-Box-Set von Springsteen natürlich, die „Everytime“-Maxi von Britney Spears (ich hatte viermal „Spring Breakers“ gesehen und seitdem mehrere Löcher in meinem Herzen) und – „Dagobert“.
Diese Platte machte mich komplett fertig, denn ihre Auswirkungen und Einschläge beeinflussten ganz unmittelbar mein Gefühlsleben. „Morgens um halb vier“: Ein ganz tiefes, unstillbares Gefühl, das jeder kennt, der schon einmal geliebt hat. „In unserem Garten“: Einer der erschütterndsten, schwärzesten, gemütvollsten Songs in deutscher Sprache seit Ewigkeiten. Immer wenn sich der schweizerische Hungerkünstler in sein verzweifeltes „Dann sind wir nicht mehr alleeeeeeiiin“ reindrehte, konnte ich nur noch erzittern.
Mit Schlager haben zutiefst wahrhaftige Zustandsbeschreibungen wie „Für immer blau“ oder „Hast Du auch so viel Spaß“ selbstmurmelnd allein schon textlich nicht das Geringste zu tun; eher erinnert das alles überragende „Raumpilot“ lyrisch an den späten Distelmeyer: „Heute bin ich Raumpilot/ Ich sterbe hier und bin dann tot/ Und morgen bin ich nur noch dieses Lied […] Und vielleicht kannst du mich manchmal sehen/ Wenn in der Nacht die Winde wehen/ Dann klingt da dieses Lied das ich nun bin.“ Wenn man überhaupt etwas an „Dagobert“ kritisieren möchte, dann die zwei, drei kirmeshaften Momente („Ich mag deine Freunde nicht“, „Ich bin verstrahlt“) und die Tatsache, dass „Ich bin zu jung“ in der akustischen, nackten Folk-Version viel unverhohlener und ergreifender ist. Ansonsten bitte nicht aufregen, ich bin ja auch gleich wieder weg und übergebe ehrfürchtig an die Gastrezensenten. Aber glaubt an die Echos, die Waldschluchten und die Felsklippen, glaubt an Dagobert! His love will not let you down. (8.8) Jan Wigger
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