Re: The Human League / Heaven 17 / B.E.F.

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Herr RossiDann mal meine Version der Geschichte:

(…)

PS: Ja, wir sagten damals auch „Synthie-Pop“ („Süntie“! brrrr …), aber wir waren jung und wussten es nicht besser. Es heißt „Synth Pop“!

Wirklich ein sehr schöner Beitrag!

Ich weiß noch, dass damals – also Anfang der 80er – The Human League und Heaven 17 etwas gegeneinander ausgespielt wurden: Sie kamen beide sozusagen aus dem selben Stall, die einen wurden aber Lieblinge der Hitparade, während die anderen zunächst Lieblinge der Fachpresse waren. THL galten als poppig und oberflächlich, gar kommerziell, während H17 sich demonstrativ politisch und damit anspruchsvoll und tiefsinnig gaben.

Auch musikalisch schienen THL eher etwas schlicht zu sein, während H17 sehr ambitioniert wirkten. Was gibt es da nicht alles allein auf THE LUXURY GAP: einen Konzertflügel, Gitarren, Bläser, eine Soul Sängerin und den fettesten Drum Computer, den man damals kaufen konnte. Na ja, den hatten THL auch, aber sie haben ihn viel zurückhaltender eingesetzt, während H17 damit protzten. DARE klingt dagegen vergleichsweise simpel. Und auch die Covers tragen ganz unterschiedliche Images zur Schau: THLs DARE mit dem Fake der VOGUE, einem immer irgendwie wie ein Modefuzzi wirkenden Phil Oakey und den beiden Teenie Girls, die eigentlich nicht viel zur Musik beitrugen, während sich H17 als Manager, Intellektuelle oder zumindest aufrichtige Labour-Anhänger zeigten. Phil Oakey galt sogar als musikalischer Dilettant, während Marin Ware und Ian Marsh als genialische Tüftler galten. Aber was heißt das schon in Popmusik-Maßstäben?

Aus heutiger Sicht wirken H17 auf mich eher etwas dated. Diese Polit-Texte kann man ja nicht mehr wirklich ernst nehmen und musikalisch wirkt das manchmal auch etwas über-ambitioniert, während THL mit DARE klipp und klar das Zentrum des Synth Pops der frühen 80er markieren. Gerade die Einfachheit ihrer Musik wirkt heute auf mich geradezu klassisch. Und auch ihre Texte waren keineswegs so oberflächlich, wie ihnen oft unterstellt wurde. SECONDS von DARE finde ich z.B. kolossal! Und selbst Zeilen wie „New York, Ice Cream, TV, Travel, Good Times“ klingen für mich mit ihrem augenzwinkernden Humor immer noch geistreich.

THL hatten das Pech, immer wieder nur an DON’T YOU WANT ME gemessen zu werden, einem Song, den Phil Oakey selbst gar nicht besonders mochte, ihn deshalb ganz ans Ende des Albums verbannte und auch nicht als Single veröffentlicht haben wollte, nicht zuletzt aus Angst vor einer Übersättigung des Publikums. Und genau das traf dann ja auch ein.

LOUISE von HYSTERIA! ist wirklich ein ganz toller Popsong!

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)