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Anonym
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captain kiddFinde auch, dass bei Bish Bosh viele verschiedene Soundelemente nebeneinander stehen beziehungsweise ohne großen Zusammenhang aufeinander folgen. Genau dies wird ja von anderen hier als eben das Stilmittel von Walker bezeichnet – für mich geht das dann aber einfach nicht auf. Ich fänd fließende Übergänge kunstvoller. Verschiedene Sound einfach nebeneinander zu stellen (vielleicht auch um zu schockieren, Brüche zu verdeutlichen) ist mir irgendwie zu einfach.
Hallo kidd, eigentlich wollte ich mich hier schon früher mal melden, bloß um zu sagen, dass ich die Verunglimpfung von Mit-Walker-nichts-anfangen-Könnern als denkfaule Ignoranten haargenau gleich strunzblöd finde wie die Verhöhnung von Walker-Verehrern als verblendete Hurz-Anbeter. Ich finde, wenn man seine eigenen Ohren, sein eigenes Herz und sein eigenes Hirn einsetzt, kann man sowohl zum Ergebnis kommen, dass Walkers Spätwerk grandios ist, als auch zur Meinung, dass es verstiegen, unhörbar und von zu monumentalem Kunstwollen geprägt ist (und die von Rossi verlinkte Fantano-Rezension zeigt, dass man auch mit guten Argumenten irgendwo in der Mitte zwischen diesen Extremen landen kann).
Ich persönlich finde Walkers Spätwerk großartig und jede Beschäftigung damit lohnend. Eins ist aber sicher: Man muss hier tatsächlich „Arbeit“ investieren, Vergnügen haben am auch intellektuellen Einsteigen in diesen Kosmos, man muss bereit sein, sich darauf einzulassen, anfängliche Widerstände zu überwinden, sich hineinhören, hineinverbeißen.
Wer darauf keine Lust hat, ist deshalb kein schlechterer Mensch. Aber diejenigen unter den Skeptikern, die ergründen wollen, warum nur so viele das gut finden, werden die Antwort auf die Frage ganz, ganz sicher nicht nach dem ersten und wahrscheinlich auch nicht nach dem dritten Hören finden. Diese Musik sperrt sich nunmal ganz entschlossen gegen das schnelle Gut-Finden-Können. Das fängt schon damit an, dass man das nicht nebenbei hören kann und sich deshalb Zeit frei schaufeln muss zwischen Job, Studium, Bügeln, Lesen oder was auch immer sonst noch.
Dass bei Bish Bosch so viele je für sich scharf konturierte Soundbrocken übergangslos aneinandergereiht werden, erschwert auch mir den Zugang, ich kann Dein Unbehagen über dieses Stilmittel sehr gut nachvollziehen. Im Vergleich dazu ist ja Tilt irre konventionell, da gibt es regelrecht sowas wie Strophen und Refrains. Und „Farmer in the City“ ist, aus der heutigen Perspektive betrachtet, eigentlich bloß einen einzigen Schritt von Scott 4 entfernt.
Ich kann nur sagen, dass ich beim zweiten, dritten Hören mit den unverfugt anmutenden Übergängen auf Bish Bosch schon weniger Probleme hatte. Hier und da fallen dann doch auch Wiederholungen, Wiederanklänge von bereits Eingeführtem auf. Ich beginne mich langsam etwas besser zurechtzufinden in dem Ding. Wie gut ich die Platte wirklich finde, kann ich aber überhaupt noch nicht sagen. Da ich nicht täglich Zeit oder Lust zum intensiv-exklusiven Bish-Bosch-ganz-Durchhören habe/finde, dauert es noch etwas länger. Vorläufiges Stimmungsbild: Phantastische Klanglandschaften, Zweifel an der Notwendigkeit der Furzgeräusche, enervierender Opener, faszinierendes Zercon.
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