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Bauer EwaldAlso nochmal die naheliegende Gegenfrage, wieso sollte das Album (als ein Stück Musik) keine Kunst sein? Lass doch mal den blöden Kunstbegriff, die Metaebenen und das ganze Verstehenwollen außen vor, und hör Dir das Album einfach mal so an.
Deine Wieso-denn-nicht-Argumentation ist sehr schick. Allerdings unbrauchbar; selbst dann, wenn man auf Bariton-Lautmalereien und/oder das Deklamieren römischer Zahlenreihen abfährt. Auch bei einem Gemälde werden die meisten Menschen nicht nur prächtig leuchtende Farben, Stärke des Pinselstrichs und Qualität der Leinwand bewundern, sondern nach der Aussage der Komposition dieses Kunstwerks suchen. Wie sollte man auch ohne Verstehen und damit ohne Zugang einen Kunstnachweis erbringen, wenn man nicht sicher ist, worin die Kunst eigentlich besteht, was Kunstwerk oder Installation bedeutet, wodurch diese Wertung ausgelöst wird bzw. was der Künstler damit ausdrücken möchte? Dies gilt auch bei Gott Walker und gleichermaßen für THE DRIFT und BISH BOSCH.
Fändest du selbst es beim Goutieren bzw. Nachvollziehenkönnen nicht hilfreich, wenn man versteht was zu Kunst erhoben wird, das offensichtlich wesentlich auf Fremdinterpretationsversuchen beruht? Mein ‘Kunstverdacht’ richtet sich nicht als Feststellung sondern als Frage an die Versteher, worin die von ihnen ausgemachte Kunst besteht. Ich würde das eben gerne verstehen. Selbst die Plattenfirma scheint da in der Kunst-Luft zu hängen und bietet Rat- und Hilfesuchenden mit “How To Approach A Scott Walker Album” eine Interpretationshilfe zu BOSCH.
Jens Szameit findet in diesem Zusammenhang in seinem Artikel zum Album einen schönen Schlussabsatz:
Gut möglich, dass der 69-jährige Amerikaner längst wahnsinnig geworden ist. Mag auch sein, dass er uns alle zum Narren hält. Womöglich ist BISH BOSCH aber auch die genialste Konzeptkunst des jungen Jahrtausends, was man gerne annehmen möchte. Alleine: Wer außer ihm selbst (und vielleicht David Bowie) sollte das beurteilen können? Und schlimmer: Wem würde es helfen, es zu wissen? Machen wir uns nichts vor, wir haben Scott Walker verloren. An dem dunklen Ort, zu dem er jetzt vorgedrungen ist, spricht und feixt der Dichter nur noch mit sich selbst. The sun ain’t gonna shine anymore.
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