Re: SCOTT WALKER – Bish Bosch

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tolomoquinkolom

Registriert seit: 07.08.2008

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Irrlicht Natürlich ist Krach nicht Kunst nach dem Gleichzeichen und wenn einer auf Fleisch einhämmert, wird daraus nicht sofort Tiefsinn – aber man sollte Scott Walker doch über die Jahre etwas einzuschätzen wissen. Ich verstehe das, was der Mann seit vielen Jahren auf die Beine stellt, als eine Form von visueller Kunst der sehr eigenen Art.

Dir ist aber bekannt, weshalb in deinem Beispiel Scott Walker mit bloßen Händen auf Fleisch einhämmern lässt und auf welcher Ursache dieser Umstand beruht, oder?

Herr Rossi Walker-Fans ignorieren „Zusammenhänge oder Ursachen“? Erklär mal, was Du meinst.

Einige Aussagen zu den Alben von Scott Walker (hier im Forum und auch anderswo) scheinen mir seltsam und entweder auf einem Missverständnis im Zusammenhang mit Walker zu beruhen oder auf Interpretationseifer oder Überhöhungswillen. In Religionen geschieht dies auch, wenn dort Unverstandenes oder Unerklärliches für eigene Zwecke gedeutet wird. Etwas ähnliches dürfte bei einigen Walker-Wallfahrern auch geschehen. Was da in Werke hineininterpretiert wird, hat oft mit der Arbeit des Künstlers wenig zu tun und was als Kunst zelebriert wird ist viel eher der Kunst eigenen Deutens geschuldet.

Manche verstehen nicht, finden es aber trotzdem toll. Oder schön, obwohl sie Walker vielleicht einmal pro Jahr genießen. Der Künstler selbst hört ein fertiggestelltes Werk überhaupt nur ein einziges Mal. Danach nie wieder. Verständlich, denn niemand kehrt freiwillig in eine erfolgreich gebannte Albtraumwelt zurück. Scott Walker hat auf diese Zusammenhänge u.a. in der von dir erwähnten und sehr sehenswerten Dokumentation von Stephen Kijak hingewiesen. Der Mann leidet unter massiven Albträumen und ein wesentlicher Teil des Spätwerks hängt mit dem Versuch zusammen diese zu verarbeiten bzw. loszuwerden. Nach exzessiven Versuchen mit Alkohol und Drogen nun mit den Mitteln von Klängen und Musik. Die Resultate als Albenveröffentlichung haben also für Walker eine ganz andere Bedeutung, als für die konsumierenden Fans. Es sind für mich diese zielstrebigen Austreibungsversuche, die mich an Scott Walker beeindrucken.

Das „Spätwerk“ und die ernsthafte bzw. ernstnehmende Beschäftigung mit diesem Spätwerk legitimiert sich selbstverständlich u. a. durch das Gesamtwerk Walkers. Es legitimiert sich durch seine Veröffentlichungen mit The Walker Brothers, durch „Scott I-IV“, durch „Climate Of Hunter“ – Werke, die vielen Pop-Hörern nicht nur „zugänglich“ sind, sondern die ihnen eine Menge bedeuten.

Die Spätwerke CLIMATE OF HUNTER, TILT, THE DRIFT und bald auch BISH BOSCH legitimieren sich als Kunstwerke, weil es die Frühwerke und den Walker-Brothers-Pop gibt?

In der Dokumentation 30th Century Man (kann man sich online ansehen), immerhin produziert von David Bowie (executive producer), kann man die Aussagen großartiger Pop-Künstler zu Scott Walker hören, die ihn selbstverständlich ernstnehmen und bewundern, selbst wenn sie mit dem „Spätwerk“ nichts anfangen können. Die meisten können das aber durchaus. Lassen sich David Bowie, Jarvis Cocker, Alison Goldfrapp usw. alle „blenden“, und nur Tolo und ein paar andere Klarsichtige erkennen, dass es hier nur um „Hurz“ geht? Im übrigen kann man hier auch sehen, dass Walker alles andere als ein überdrehter Spinner ist.

Ich habe nie von einem ‘Hurz’ gesprochen (was immer das auch sein mag). Und zu SCOTT WALKER – 30 CENTURY MAN siehe oben.

Wie kommst du darauf, ich nähme Scott Walker nicht ernst, hielte ihn gar für einen Blender oder Spinner? Ganz im Gegenteil. Für mich ist der Heldentenor ein Painter, dessen Arbeitsmaterial allerdings nicht Pinsel und Leinwand sind und dessen Sujet das Grauen ist. Und damit wären wir beim Thread-Thema: bei BISH BOSCH und Hieronymus.

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