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Irrlicht Walkers Werke sind nicht lediglich „Fakten auf den Tisch“ Angelegenheiten, sondern das Wesen dieser Musik ist auch vielfach sehr organisch, durchaus mit klaren Mustern und bei allen Experimenten dennoch strukturiert, wenn man gewillt ist, sich von der Erzählung leiten zu lassen.
Ich bezweifle zwar, dass man hier von „Experimenten“ sprechen kann, weil ich Scott schon zutraue, dass er sehr genau weiß, was er vorhat und – vergleichbar mit einem Drehbuchschreiber – sein Werk schon vor der ersten Aufnahme sehr genau im Kopf hat, aber im Endeffekt hast du vollkommen recht.
Scott improvisiert nicht und macht nichts, was nicht zu erschließen ist, auch wenn sich beim Hörer sicherlich häufig andere Eindrücke bilden, als sie Scott beabsichtigt hat, eben weil man nicht jede Zeile, einem Ereignis zuordnen kann oder als Zitat erkennt. Das ist aber für die Wirkung und das Werk selbst überhaupt kein Problem; James Joyce’s „Ulysses“ war auch keine 80 Jahre lang ein schwächeres Werk, nur weil die kommentierte Ausgabe nicht vorlag – im Gegenteil, für den „privaten Gebrauch“ sind die unerschlossenen Gebiete wahrscheinlich sogar die interessantesten.
Ich finde es im übrigen unglaublich schwach, einen Tag vor Release mit einem Provopost um die Ecke zu kommen. Es ist doch klar, dass da kurzfristig kaum stichhaltige Gegenargumente folgen können, wenn das Album die Bereitschaft zur Beschäftigung voraussetzt, damit sich Eindrücke, durch ständige Wiederholung, manifestieren können, um dann irgendwann einmal in einer Beschreibung zu enden.
Nach den ersten Spins scheinen sich für mich aber schon Punke herauszubilden, an denen man ansetzen könnte. Zum einen wäre das, da hat CTTE durchaus recht, der etwas leichtere Zugang. Der wiederum scheint sich womöglich aus einer, verglichen mit The Drift, größeren Rhythmusorientiertheit zu ergeben. Außerdem ist die Stimme sehr weit nach vorn gemischt und textlich sollte bei Scott sowieso immer ein Punkt zum andocken zu finden sein.
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