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ClauIch habe schlafende Hunde geweckt!
ich habe mich auch, durch deine frage und die vielen hinweise hier provoziert, durch den komplettkatalog gewühlt und finde das label – auch historisch – ziemlich spannend.
ich dachte bisher, dass steeplechase ‚einfach‘ die nach skandinavien geflüchteten US-musiker abgegriffen hat, soweit sie vor der tür live spielten oder für studiotermine verfügbar waren. ich wusste beispielsweise gar nicht, dass (der hier – zurecht – als schlechter fotograf diskreditierte) niels winther aktiv in den USA musiker aufgesucht und aufgespürt hat, die dort von blue note usw. nicht mehr aufgenommen wurden (mclean und hill vor allem).
beim katalog fällt auf, wie sehr das label die elektrifizierungen des jazz ignoriert hat und offensichtlich einen state-of-the-art konservieren wollte, der von den lions u.a. bis ca. mitte der 60er dokumentiert worden war. was vielleicht auch den musikern selbst entsprach, die in diesem idiom blieben, als sie nach skandinavien zogen (mclean, gordon, drew usw.).
so steht steeplechase einerseits für die fackelübernahme der europäischen jazzlabels in den siebzigern (enja, ecm), hat aber auch – mehr als die anderen – „unterbrochene karrieren“ rekonstruiert und dokumentiert, die sich in den elektrifizierungs-, kommerzialisierungs- und fusion-bewegungen nicht mehr entwickeln konnten.
kann man das so sagen?
und wo, das wäre auch mal eine frage, ist bei den einzelnen musikern dabei tatsächlich was anderes als (auto-)konservierung passiert?
ein nebenaspekt ist die melancholie, die man in dieser musik und der musik gegenüber empfinden kann – wie sehr sie zeigt, dass der form- und spielrausch der 60er vorbei war; worin dann tatsächlich noch der gemeinsame nenner gefunden werden konnte (shepp als interessantes beispiel, obwohl das bei ihm wohl eine sehr persönliche entwicklung war); aber auch, wie ein konserviertes idiom von fremdheit und ‚exil‘, US-amerikanischer ignoranz und europäischer begeisterung durchtränkt war.
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