Re: blind fold test #11: vorgarten

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gypsy-tail-wind
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Also, nachdem ich Deine Kommentare endlich mal in Ruhe und komplett gelesen habe, ein nächstes Feedback:

#1 – darauf macht mir Deine Beschreibung jetzt fast Lust! Wäre ja an sich komplett abseits meiner Pfade! „Tati“ habe ich mir nie angehört, irgendwie ist ECM Ravas Tod… der Mann sprüht vor Lebensfreude und Spielwitz, aber bei ECM wird das stets auf die Grautöne reduziert, was ich enorm schade finde (und für Bollani gilt das fast gleichermassen). Die Duo-CD „Chiaroscuro“ (nomen est omen?) mit Ralph Towner fand ich allerdings ziemlich gut und die alte Quartett-Scheibe mit Roswell Rudd ist natürlich ein grosser Klassiker (den ich mir allerdings anderswo auch nochmal eine Spur besser gelungen vorstellen könnte).

#2 – das hab ich ja ziemlich sofort rausgekriegt… die Blakey-Scheibe ist wohl meine allerliebste von ihm, mein Vater hat die LP, seine einzige Blue Note Original (eine Bechet 12″ hat er auch noch, aber die sind glaub ich nicht so selten und die Musik kam eh zuerst auf 10″ raus) und ich hab mich sehr schnell in sie verliebt. Was Peterson hier mit dem Titelstück anstellt, gefällt mir sehr gut. Dass diese Leute eine neue Garde darstellen könnten… von heute aus gesehen mutet das recht lustig an, aber sie gehören alle zu jenenn jüngeren Jazzern, die sich auf die grosse Tradition beziehen und daraus Inspiration für ihr eigenes Schaffen nehmen – und das ist auf jeden Fall eine gute Sache! Schade, dass Lacy sonst nicht zu hören ist auf dem Album, den mag ich sehr!

#4 – die CD wird hervorgekramt… meine hat wie schon erwähnt ein s/w-Cover (gleiches Bild, im grossen ganzen ähnliches Design) und ist auf einem Label namens Four Star – möglicherweise eine Bootleg-Ausgabe, keine Ahnung. Liner Notes gibt’s glaub ich keine…
Jarmans Spiel ist auch in diesem Solo-Stück überraschend konventionell, finde ich – ohne Deinen Hinweis wäre ich nicht draufgekommen, dass er das ist!

#5 – Gratkowski… eine wunderbare Überraschung! Ich hab den Mann mit seinem damaligen Quartett live gehört (Wierbos-Manderscheid-Hemingway) und das Konzert war ziemlich toll und wuchtig, allerdings wusste ich nicht mal, dass er so toll Klarinette spielt, habe ihn live nur auf der Kontrabassklarinette (und v.a. dem Altsax) gehört.
Und mit Michael Moore solltest Du Dich unbedingt mal befassen, am besten wohl über Clusone 3 (das Trio mit Ernst Reijseger und Han Bennink) und deren „Rara Avis“, falls sie irgendwie zu kriegen ist.

#6 – schönes Album, überraschend gut! Jarman stiess ja kurz nachher wieder hinzu, aber die beiden Pi-Alben sind auch nicht das gelbe vom Ei – v.a. „Sirius Calling“ nicht, „The Meeting“ ist recht gut, ähnlich gut wie die ECM-Scheibe.
Aber AEC ohne Bowie ist schon schwierig, wohingegen ohne Jarman für mich nicht so ein Problem darstellt. Er war anfangs auch mehr ein zugewandter Ort, als die Band über diverse Verwandlungen aus Roscoe Mitchells Quartett entstand. Eine tolle Live-Aufnahme von 1997 lag im März 2003 dem italienischen Magazin Musica Jazz bei, auf dem die Band als Quartett ohne Jarman zu hören ist und das ist eine ganz tolle Aufnahme – die letzte richtig gute jedenfalls. Was danach folgt, sind Wehmutstropfen… (die jüngere Band mit Jaribu Shahid und Corey Wilkes ist ja eigentlich eine andere Band, und ob Jarman jemals wieder wird spielen können ist leider ja höchst ungewiss).

#7 – der Herr Parker also mal wieder ;-) – hab ich denn die fünf falschen Alben gehört? Eines Tages werd ich wohl schon noch richtig warm mit ihm… die CD müsste ich mal richtig anhören, denn das ist ja der Track, der bei mir richtig schlimm klang (egal ob über Laptop/Verstärker oder ipod).

#8 – das ist vielleicht die schönste Überraschung! Geri Allen ist eine Musikerin, der ich mich immer wieder mit wechselndem, oft mässigen Erfolg anzunähren versuche… ihre frühen Trios, die hochgejubelte Scheibe mit Holland/DeJohnette, ein Sideman-Gig da und dort, das tolle Intakt-Album mit dem Trio 3… so richtig warm bin ich mit ihr noch nicht geworden, umso grösser war meine Freude, als ich sie als Urheberin dieses Stückes (verdammt, Piraten, das ist mehr Wert, als Ihr mit Euren beschränkten Hirnen erkennen könnt!) identifizieren konnte (dank dem Jarman-Hinweis… dass allerdings das Jarman-Solo von genau der Scheibe stammt, auf der Geri dabei war, das fand ich dann nicht mehr heraus, weil ich die ja wie erwähnt seit vielen Jahren nicht gehört habe und mich gar nicht an ein Sax-Solo erinnern konnte).

#9 – warum ist Hat Hut denn raffgierig? Das Stück gefällt mir, aber ich würde solche Musik wie erwähnt lieber mal live hören, denn die CD läge wohl ungehört herum (neben vielen anderen).

#10 – das war dann die zweite (oder dritte, neben Allen und Gratkowski) Überraschung… VDMK ist auch einer der Musiker, denen ich mich allmählich annähere… live gehört, beeindruckt oder abgestossen gewesen, ein paar wenige (die falschen?) CDs, aber auch ein paar tolle Momente… die Delmark-CD „Design in Time“ des Sound in Action Trios mit Vandermark und den Drummern Tim Mulvenna und Robert Barry stellt über letzteren die Sun Ra-Connection bereits her (ich rede hier nur von mir, vielleicht hat Vandermark schon früher Bezüge zum Saturn geschaffen). Sehr schönes Stück! Deine Live-Erfahrung mit der Klarinette teile ich übrigens, wenn auch nur auf beschränkter Basis. Beim grandiosen Brözzimann-Onzetett, das ich letztes Jahr hören durfte, tat sich Vandermark an der Klarinette besonders hervor (das war das erste, was mich von ihm bedingungslos überzeugt hat).

#11 – und noch eine Überraschung :-)

#12 – da kam ich ja drauf… Eyges ist einer dieser Musiker, die selten irgendwo auftauchen und dann immer faszinieren… ich kenne ihn v.a. über Byard Lancaster (es gibt da eine kurze WKCR-Session von 1977 im Quartett mit unbekanntem Bassisten und möglicherweise Sunny Murray an den Drums). Die Scheibe hier klingt jedenfalls spannend!

#13 – drei für mich gänzlich neue Namen (Royston hab ich schon mal irgendwo als Sideman gehört, dünkt mich, bin mir aber nicht sicher). Das wäre auch mal was, um weiterzuhören!

#14 – diese späte Scheibe von Rashied… kenne ich noch nicht, klingt allerdings – auch wenn der Track hier gut ist – nicht unbedingt nach der für mich spannendsten Ecke aus seinem Werk (hey, es gibt da auch wat mit Carlos Ward! Zudem tolle Duo-Scheiben mit Frank Lowe und Leroy Jenkins! Und Arthur Rhames).

#15 – noch eine kleinere Überraschung! Was mit Cox läuft, weiss ich wie gesagt auch nicht, Humair ist bald 74 und für mich einer der ganz grossen Jazz-Drummer. Den Miniatur-Charakter dieses Stückes könnte ich bestimmt im Rahmen des ganzen Albums mehr goutieren, kann jedenfalls Deine Freude darüber sehr gut verstehen (aber in Unkenntnis des Albums noch nicht so gut nachempfinden).
Eine Kleinigkeit zur Terminologie: es ist in der Tat so, dass Stücke wie jene von Monk, Miles, etc. heute oft als „Standards“ bezeichnet werden, das schafft meiner Ansicht nach allerdings unnötige Verwirrung. Ich halte es ganz altmodisch so, dass „Standards“ für die Songs von Gershwin, Porter etc. steht, während für die „klassischen“ Jazz-Stücke der Begriff „Jazz Originals“ zur Anwendung kommt.

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