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Nun denn, so sei es :dance:
#1
Das könnte prima als verspieltes Valium-Outro auf einer Triosk-Scheibe stehen, wenn sich das Rauschen des Blätterwaldes gelegt hat und man entspannt in Richtung Guten Abend-Tee schippert. Diese nervöse Rausch- und Bratzelkulisse im Hintergrund lässt es allerdings nie in sich ruhen – obwohl die beiden Arme sich nach einigen Augenblicken treffen und Hand in Hand gehen. Super. Sehr seltsam: ich habe hier Australien-Assoziationen. Nix Rationales, fürchte ich, obwohl….Seaworthy, The Necks und eben Triosk sind vermutlich doch rational, so ein ganz klein wenig…
#2
Rüttelt und schüttelt mich für einen vermeintlichen Frevel, aber ich habe hier das Bild einer großen TV-Revue vor Augen, mit fluffigen Tänzerinnen im Puschelkostüm. Achtziger Jahre. Pomp. Schlagzeug- und Pianosound klingt recht „modern“, insgesamt ziemlich aufgeräumtes Arrangement. Ist mir eine Spur zu gefällig und zu sauber, auch wenn mir der Drive gefällt.
#3
Der Beginn klingt nach den siebziger Jahren, irgendein Interlude von Led Zeppelin oder Pink Floyd, zu dem sie Pilze nehmen und danach Bäume umarmen. *ritterrüstung anzieh* Dankenswerterweise wird es circa ab der Mitte des Stücks ein Eckchen bunter und wilder, bevor es sich wieder zu einem durchaus harmonischen Ohrenschmeichler zurückentwickelt. Gott sei Dank hält sich die Gitarre größtenteils zurück, insgesamt ist mir das aber trotz des kurzen Ausbruchs zur Mitte etwas zu handzahm.
#4
Damit bekommt man mich fast immer. Sehr virtuos und sogar humorvoll – das hat für mich bedeutend mehr Tiefe als so manche komplette Orchestrierung. Großartig, wie das alles in den Schlusston hineinfließt. Sehr friedlich und trotzdem hat alleine der Ton durchaus Ecken und Kanten. Ins Hirn getupfte Farben: braun – grau, leichtes hellblau. Da würde mich das ganze Album interessieren.
#5
Ein etwas skurriler Sound, weil die Klarinette bisweilen so räumlich klingt, als sei sie in einem leerstehenden Flugzeughangar aufgenommen worden. Grundlegend jedoch schönes Setting. Die besten Momente nahm ich wahr, als sie zumindest ansatzweise ins Swingen geschlittert sind, da haben sie ein paar Widerhaken verteilt. In den weniger guten Momenten vermisse ich etwas den Fokus. Sehr feines, pointiertes Schlagzeug. Gefällt.
#6
Lässt mich etwas ratlos zurück. Könnte ein zerschossenes, parodiertes Opening der TV-Revue aus Song Nummer zwei sein, hihi. Sehr fuzzy. Hat Humor, deswegen bin ich auch hier auch die Auflösung gespannt.
#7
Da ist ’ne Orgel. Bin raus. Verzeihung.
#8
Das klingt sehr spannend. Dieses „Insichzusammenfallen“, das Plätschern der Töne, wie ein Wasserfall; der Antrieb und die sich daraus entwickelnde Transparenz, und doch bleibt es mystisch und fordernd. Man hängt praktisch an den Fingern. Das ist für mich perfekte Nachtmusik, wenn sich der feine Herr Kory im Internet-Klärschlamm suhlt und nebenbei nochmal die Kaffeemaschine angeschmissen wird. Das kann beruhigt die ganze Nacht durchlaufen. Albumtitel, bitte!
#9
Das Schleifen und vor allem der erste wahrnehmbare Ton des Pianos
haben mich eben ganz schön gepackt.
Da schwingt etwas mit, was einerseits vertraut ist, was meine Denkvorrichtung schon lange zu kennen scheint. Ich kenne dieses spezielle Stück nicht, aber die Harmonien, die sich aus den Pianotupfern mit all dem Reißen und Ziehen im Hintergrund paaren, das ergibt etwas in mir, was die Bimmel vibrieren lässt (nicht sexuell zu verstehen). Ich bin immer für diesen Kontrast zwischen Harmonie und galligem Beinahe-Noise zu haben, wie an der Stelle ab ca. 1:56 bis 2:18 und den folgenden Aufbruch zum Fegefeuer.
#10
Erste Assoziation: eine Bohren Und Der Club Of Gore-Langspielplatte, die fälschlicherweise auf 45rpm abgespielt wird. Das schwankt, als seine sie alle betrunken; in der Stimmung bin ich unsicher: das könnte ein versöhnlicher Blick zurück sein, in Richtung einer Situation, die man, als man direkt mir ihr konfrontiert war, gar nicht so lustig fand, mittlerweile mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. Für komplette Dunkelheit ist’s jedenfalls zu hell. Ich mag die Melodieentwicklung, weil sie niemals den Weg gehen, den mein Kopf eigentlich (mit)gehen will.
#11
Es ist immer wieder verblüffend, welche Verbindungen sich in mir auftun, wenn ich solche Musik höre. Unabhängig davon, wann genau dieses Stück entstanden ist, habe ich dazu durchweg positive Bilder in meinem Kopf, viel verklärte (?) Romantik, mit diesem kruden Gedanken daran, dass „die Welt da noch in Ordnung war“. *stammtischglocke läut* Was natürlich bei Licht betrachtet totaler Kappes ist, aber das trifft auch immer wieder auf Synapsen, die sich in meiner Kindheit entwickelt haben dürften. Wobei – meine Kindheit fand in den achtziger Jahren statt, und das klingt…hm. Am Ende klingt’s sogar nach den 80ern? Näää, ne?! Obwohl… – wie dem auch sei: ich bin mir nie ganz sicher, ob es mich aufgrund dieser Verbindungen eher runterzieht und (zu) melancholisch werden lässt, oder ob es mich in den warmen Kokon einhüllt, der mal Kindheit hieß und der sich in manchen Augenblicken immer noch so sicher und wichtig anfühlt.
#12
Himmel, ich hatte gerade Angst, dass sich da auch eine Gitarre rumtreibt – dabei ist’s der Bass. Dessen Sound ich nicht gerade umwerfend finde, soviel sei gesagt. Das ist auf jeden Fall laut, alles. Der Schlagzeuger hat einen ordentlichen Bums, die Snare klingt aber sehr merkwürdig. Live würde ich das vermutlich bedeutend bedeutender finden, zumal ich mir gut vorstellen könnte, hierzu den Kasatschok zu tanzen. Das ist eigentlich eher eine Rocknummer, löblicherweise ohne allzugroße Fusion-Anleihen. Auch wenn der Bass schon schwer in die Richtung Stirnband und geschürzte Lippen geht. Live nehme ich das jederzeit.
#13
Toller Ton, sehr natürlich und rauh. Interressant vor allem im Kontrast zum vorangegangenen Stück – ich empfinde das als deutlich klassischer, obwohl die Zutaten so irrsinnig unterschiedlich nicht sind. Mir erscheint dieser Track im direkten Vergleich auch als deutlich sympatischer (habe mir gerade nochmal #12 angehört und es war erstaunlich, wieviel ebenjener an Substanz verliert, wenn man sich die fünf Minuten mit der 13 auseinandergesetzt hat). Das hat viel mehr Drive und Swing, ist frischer und gleichzeitig kompakter. Wenn Motörhead Jazz spielen würden – das wär’s dann wohl. Außer diesem atemberaubenden Tempo passiert zwar nicht umwerfendes, was es im Rückblick möglicherweise etwas eindimensional werden lässt, aber ich steh‘ ja auch auf Zunder, im Großen und Ganzen. Diese schnellen Tonlagenwechsel und pfiffigen „Tonleiterverschiebungen“ habe ich doch schon mal irgendwo gehört….wer war das gleich?
#14
Das klingt nochmals klassischer. Der Schlagzeuger sticht schon wieder heraus, nicht nur, wie er spielt (die kraftvollen Wirbel wirken
etwas angestrengt), sondern auch (wieder wieder wieder) wie sein Instrument klingt. Wenn der aus diesen Openings in den Beat geht, bekommt das plötzlich alles eine ganz andere Farbe – und der Mensch hinter dem Schlagzeug hat den Pinsel in der Hand. Die Bläser finde ich super, weil sie nicht exakt aufeinanderliegen, da ist viel Freiraum und viel Zeit dazwischen. Ich breche nicht in Jubelstürme aus und wüsste nicht, ob ich mir das bewusst anhören würde, aber in dem Rahmen passt es durchaus.
#15
Siehe weiter oben: auch damit bekommt man mich fast immer. Die saßen hoffentlich in einem 8qm großen Keller, haben gequarzt wie die Stiere und dazu Bier getrunken. Danach politische Diskussion und zufriedenes Nachhauseschlendern. Sehr intim, das würde mich auch sehr interessieren, wer das ist.
Ich bleibe hier sehr gerne zur Auflösung am Ball – eine Handvoll neue Sachen würde ich mir gerne auf den Einkaufszettel kritzeln. Da ich ja kaum im aktuellen Jazz wildere, ist das eine sehr gute Gelegenheit für mich, mal in das mutmaßlich neuere Zeug reinzuschnuppern.
Ein kleiner Disclaimer noch, der eventüll die ein oder andere Aussage erklärt: ich mag keine Gitarren im Jazz und ich steige bei allem, was nur entfernt nach Fusion klingt sofort aus. Orgeln sind auch ganz schlimm.
Vielen Dank an vorgarten für die Einladung.
Weitermachen!
:dance: