Re: Bob Dylan – Tempest

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kathisi

Registriert seit: 18.09.2010

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bullschuetzDass diesmal gleich mehrere Songs arg länglich und abwechslungsarm geraten sind, will ich bei aller Liebe zu Dylan nicht abstreiten. Narrow Way, Scarlet Town, Tin Angel und Tempest – jeden dieser Songs für sich genommen könnte ich recht gut vertragen. Aber alle vier zusammen ergeben allein 38 Minuten Spielzeit und verführen mich beim Zuhören recht unwiderstehlich zur Gedankenabschweifung. Obendrein finde ich zum Beispiel den Text von Tempest im Vergleich zu anderen Monumental-Epen der Dylan-Geschichte definitiv nicht so grandios, dass ich 40 oder 50 Strophen brauche. Hätte der alte Zausel (schönes Wort, tolo, und gar nicht so unpassend, finde ich) etwas mehr kreative Selbstdisziplin geübt, hier und da entschlossen gestrafft, auf das eine oder andere Lied verzichtet und eine Platte mit 50 Minuten statt fast 70 Minuten Spielzeit und so hinreißenden Nummern wie Duquesne Whistle, Soon after Midnight, Long and Wasted Years, Pay in Blood, Roll On John gemacht, wäre ich vor Begeisterung ausgerastet.

Dem stimme ich voll zu – sehe die Platte übrigens bei knapp ****, aber nur wegen der letztgenannten Titel.
Angeregt durch meine Indifferenz gegenüber den Stücken „Tin Angel“ und „Tempest“ habe ich in den letzten Tagen mehrmals Desire gegengehört – mit den langen Erzählstücken „Hurricane“, „Joey“ und „Black Diamond Bay“. Und da wird dann schon ein gravierender Qualitätsunterschied zu den neuen Stücken hörbar, sowohl textlich (Desire hat Dylan allerdings auch nicht allein geschrieben), als auch von der musikalischen Spannung.
Die Stücke von Desire könnten ihre Geschichte noch gerne länger erzählen, bei den genannten Stücken von Tempest bin ich froh, wenn sie vorbei sind.
Und bei ich ertappe mich öfter dabei, dass ich bei „Tempest“ zum tollen „Roll on John“ skippe.

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