Re: Bob Dylan – Tempest

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notdarkyet

Registriert seit: 15.04.2011

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Eine natürlich ganz subjektive und sehr befangene erste Einschätzung ;-)

Grundlagen: 7 komplette Spins plus Single-mäßiges wiederholen der Songs „Roll on, John“ und „Pay in Blood“ (so ca. 20 Durchgänge jeweils) ;-)

Also, auch wenn`s nicht die Welt bewegt: Zappa1 hat wundervoll beschrieben was so passieren kann wenn Dylan was zu bieten hat. Verdächtigt mich des Plagiats, aber genauso ging`s mir.

Und: Die Stimme ist es genau, die sich perfekt einpasst in den Sound und vor allem in die Lyrics.
Nein, ich will keine langweilige Stimmendebatte beginnen (weil die Stimme Dylans ja eh seine momentane ist; daran kann, wem-auch-immer sei Dank!, niemand etwas ändern.) sondern ich will sagen: Habe ich die letzten Jahre der sog. Never Ending Tour zu Dylans momentaner Stimme gefunden (noch mehr seit dem Piano), so erscheinen mir seit diesem Album seine Auftritte und Live-Versionen der letzten Jahre noch viel plausibler.
Ich mochte z.B. „Not dark yet“, „Mississippi“, „Make you feel my love“, “Sugar Baby” etc. etc. immer schon lieber live gespielt. Natürlich auch wegen der Harp, aber vor allem wegen Dylans herzzerreissender, dunklen und gleichzeitig gewitzten Prononcierung, die auf den letzten Alben zu kurz kam und mit Tempest jetzt endlich auf Vinyl zu haben ist. (Ja, das meine ich Ernst!)

Als Beispiel: Sein Einsatz bei Pay in Blood ist wahnsinnig grollend (nicht bellend!). Aber nach einigen Spins kann ich mir das, verbunden mit dem Text, auch gar nicht anders vorstellen. Dieser Song ist, ein anderes Wort fällt mir nicht ein, hart. Dylans Stimme auch. Genauso wie die (vergangenen) Zeiten die er da besingt und damit auch die Realität beschreibt.

Oder: Sein Einsatz „doctor, doctor…“ bei „Roll on, John“ nimmt mich so gefangen, ja emotional, dass ich mittendrin bin in der Zeit als ich, als Spätgeborerner, Dylan kennenlernte und in der Songs wie „Song to Woody“, „One more Cup of…“, „Sara“, „Isis“, „My Back Pages“ etc. die Welt bedeuteten.

Melancholisches, affektiertes Gelaber? Wohl! Aber wenn ich wie gestern, stolz wie Oskar, mit meinem Vinyl unterm Arm nach Hause gehe und mich freue wie zuletzt als Kind vor Weihnachten, dann passiert sowas halt…

Wenn sich daheim die Platte dann dreht und meine Aufregung in Gelassenheit übergeht – dann ist Mr. Dylan zu besuch. Der Typ der es schafft, eine traurige, melancholische und swingende Platte zu machen. Der über furchtbar hässliche und furchtbar schöne Dinge singt ohne mit der Wimper zu zucken. Und dessen Stimme mich ins Herz trifft.

Und das alles mit einer Gelassenheit, die Einzigartig ist. Die ich auf vielen Konzerten erlebt habe und welche jetzt endlich als Studioalbum vorliegt.

(Und, ja: auch negative Kritik hätte ich anzubringen. Aber nicht jetzt. Ich höre jetzt Lennons „Instant Karma“, wie immer nach der Flut…)

@zappa1
„Oh, boy“. Stell dir das mal live vor! ;-)

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