Re: Blind Fold Test #9: Friedrich

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friedrich

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clasjazEin bft, Friedrich, der mich sehr überrascht hat – ich wünschte, wie es üblich ist, zu jedem einzelnen Stück ausführlicher zu notieren, aber das gelingt gerade nicht, es sind nur knappe Assoziationen, drum packe ich sie in einen Absatz.

Kein Problem.

clasjazMein Haupteindruck: das ist oft Musik über Musik, Zitate, fröhliche Beerdigungs-Medleys, besonders die angebliche Suite zu Beginn, auch Nr. 2 und 3 (sehr schöne Fügungen), ist das Sam Hawkins, falls er so heißt?

Der Eindruck, dass es sich in vielen Fällen um Musik über Musik handelt, kam hier schon des öfteren auf. Das war nicht ursprünglich meine Absicht, aber es ist nicht von der Hand zu weisen. Die Gründe dafür schimmern für manchen hier wohl schon durch, für andere wird es sich wohl später erklären. Ist Sam Hawkins nicht eine etwas kauzige Figur aus Winnetou? ;-)

clasjaz Nr. 4, ach, Party-Swing, ein Gigolo am Saxophon und so toll das ist, mit diesen Big-Band-Bläser-Communities werde ich noch lange Schwierigkeiten haben, obwohl ich mich natürlich auch manchmal gerne an den Strand von Florida setze. Nr. 5, da ist das Klavier sehr klavieriger als in Nr. 4, ist das der Leader oder hat er einen solchen famosen Leader vor sich, der ihm diese Freiheiten lässt?

Ja, man könnte #04 Party-Swing nennen. Muss man eigentlich sogar. Aber nicht in Florida. Bei #05 sind Saxofonist und Pianist zwei co-famose Co-Leader. Ein Zusammentreffen alter Hasen Mitte der 60er, die diese Art der Musik 30-40 Jahre zuvor mit-erfunden hatten und sie die darauf folgenden Jahrzehnte gepflegt haben. Ich behaupte, dass dieses Stück dennoch – oder deshalb – eines der frischesten in diesem Mix ist.

clasjaz Nr. 6 ist wie ein Schatten von Nr. 5, der dann aber doch lauter wird. Und schon wieder der einheitliche Klamauk der Bläser, obwohl sie immerhin so tun, als ließen sie sich vom Schlagzeug animieren. Ich höre schon, was da geschieht, aber im Augenblick gefällt mir wohl das Herumtröten im Chor nicht. Und da, auf einmal bricht doch noch einer aus, nein zwei … (Ich rede zwar so, als gefalle mir das alles nicht, aber das stimmt nicht!)

Klamauk wurde diesem Pianisten / Bandleader häufig vorgeworfen, und sicher hat auch Klamauk einen Platz in seiner Musik. Angesichts seines sehr global gefassten musikalischen Konzeptes hat das aber durchaus seine Berechtigung. Er hat inzwischen aber diesen Planeten verlassen und verfolgt die Ereignisse aus interplanetarer Perspektive. Ich glaube hier schlampt er einfach auch ein bisschen.

clasjazNr. 7 … das ist der Nordpol-Strand, den ich liebe, die Dichte, die sich nicht aufgibt – und die Glocken, gespiegelt genommen zu den funeral tunes zu Beginn hat das großen Witz! Das ist Musik, bei der ich mich wunderbar konzentrieren kann. Und wie sich der zweite Teil herausschält … Ich bin sehr gespannt, wer sich diese Erlösung eines Palimpsests hat einfallen lassen …

Besser hätte ich es auch nicht beschreiben können. Das Wort “Palimpsest“ musste ich aber erst mal nachschlagen. Ein schönes Bild eigentlich. Die Band überschreibt gewissermaßen die Musik des Leaders von #06.

clasjazNr. 8. Aber was ist das, die Dauerleier im Hintergrund? Das ist mir zu konstruiert, oh, viel zu konstruiert. Wie Pop-Musik. Madonna in den Höschen … inklusive Fading und Geklöppel.

Meinst Du mit Madonna jetzt die Mutter Gottes oder den Popstar aus dem vergangenen Jahrhundert? ;-) Sicher ist hier einiges konstruiert, und man hört ja auch verschiedene Einflüsse, die sich im Laufe des Stückes teilweise einander ablösen. Popmusik haben diese Leute sicher auch mal gehört, denn das stammt aus der Mitte der 90er, und wenn man zu dieser (oder anderer) Zeit einmal den Broadway in Manhattan entlang geschlendert ist, ist einem sicher so einiges zu Ohren gekommen. Aber hast Du wirklich jemals Madonna gehört?

clasjazDie Nachtwaldgeräusche von Nr. 9, schon wieder eine Beerdigung – bin ich so drauf oder Du? Wieder eine Dauerleier, aber wenigstens nicht im Hintergrund – das hat viel Witz,…

Keine Beerdigung sondern himmlische Liebe, aber vielleicht erfährt man die erst nach dem Tode? Wenn man will, auch wieder eine Art Palimpsest eines der bekanntesten Stücke des Leaders von #06, wobei der Ursprungstext hier eigentlich noch verstärkt wird. In welche Richtung er verstärkt wird, darüber kann am reden …

clasjazNr. 10 … Hawkins entwickelt sich … Lincoln, in einer Krise, die sich nicht bändigen konnte, eine Privataufnahme von Dir?

Nein! Wenn man genau hinhört, kann man das Originalthema erkennen, das in diesem Stück verarbeitet wird. Das ist bislang hier aber noch keinem gelungen, ohne dass ich vorher mit dem Zaunpfahl gewunken hätte.

clasjazDer Beginn von Nr. 11 lässt Konfektion vermuten, die dann tatsächlich auf den Leib geschneidert wird.

???

clasjazNr. 12, tja, warum ist das für mich jetzt kein Bläserchor, wie zuvor? Das würde ich gerne wissen. Das ist ziselierter, feiner, spröder, auch Musik über Musik, Zitate, die aber oft gelesen wurden und nicht nur zum Spaß noch einmal in die Welt gesetzt werden. Mingus? .

Nein, nicht Mingus. Die Vermutung wurde hier schon mal geäußert. Zitat trifft es auch nicht ganz. Hier setzt aber jemand ganz bewusst gewisse verfügbare Stilmittel ein um einen bestimmten Effekt zu erzeugen. Und nicht zum Spaß.

clasjazNr. 13 – mit so einem Anfang bin ich am Ende. In einer Kneipe oder unter einer Laterne mag das hingehen.

Der Anfang ist hier das allerbeste! Was da für eine Spannung erzeugt wird! Das muss im Laufe des Stückes dann erst mal aufgelöst werden! Du tust sowohl dem Leader als auch den Solisten (wer spielt das Sopransax?) und dem Komponisten hier wirklich Unrecht!

clasjazFernsehen in Nr. 14, obwohl kein Bild notwendig ist. Das trägt, weit nach oben in den Kitsch, aber zeigt rechtzeitig – wenn auch zaghaft –, dass auch Wolken bluten. Ich habe mich oft über diese Worte gewundert: Es könnte X sein, aber er ist es nicht. Und jetzt muss ich auch so sagen: Es könnte Art Pepper sein, aber er ist es nicht.

Kitschvorwurf! Ich sag es mal so: Wenn schon, dann etwas altmodisches, großes Kino, kein Fernsehen. Man muss sich ein Stück weit darauf einlassen. Und dann funktioniert es für mich auch. Die Streicher verstärken die Wirkung noch. Es ist wirklich nicht Art Pepper (es ist ein Tenor-Sax), der hatte zum Zeitpunkt dieser Aufnahme schon mehr als ein Jahrzehnt zuvor das Zeitliche gesegnet. Wenn man so will, ist auch das Musik über Musik, denn dieses Stück – ein Standard, der hier auch auf Anhieb erkannt wurde – kann man wahrscheinlich auch nicht mehr unvoreingenommen spielen.

clasjaz Und Nr. 15 … Entschuldige, aber da stehen die Gäste einer Unterhaltungsshow auf der Bühne nach vollzogenen Taten, die James Last-Band spielt auf, alle umarmen sich, die Kamera kriegt sich nicht mehr ein und alle hüpfen im Glück. Eine interessante Weise der Beerdigung …

Ein hartes Urteil! Sicher ist das hier Mainstream und es wird außerdem demonstrativ eine gewisse Virtuosität und Professionalität ausgespielt, aber der James Last-Vergleich…? Ich bitte Dich! Da verengst Du das Spektrum doch ein wenig zu sehr.

clasjazFriedrich, ein wunderbarer bft, und ich werde staunen, wenn Du die Zusammenhänge nennst.

Über einige Deiner Kommentare musste ich übrigens laut lachen. Waren zwar manchmal etwas spitz aber eigentlich nicht völlig an der Sache vorbei.

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)