Re: Blind Fold Test #9: Friedrich

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vorgarten

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gypsy tail wind
#9 – Eine Sun Ra-Hommage, nehme ich an? Sind das Kesselpauken? Irgendwie gefällt mir das ganz gut, aber es ist eben auch wieder Retro

hierüber denke ich seit tagen nach – ob man sowas „retro“ nennen kann (im abwertenden sinne), oder ob das nicht eigentlich das traditionelle jazz-verfahren der standard-interpretation ist. höre mich unablässig durch die verschiedenen versionen von „love in outer space“ und finde, dass man das durchaus einen standard nennen kann, der zur ständigen neuinterpretation geradezu herausfordert. gelingt hier ja auch hervorragend. aber die standard-tradition ist über die 60er irgendwie nie hinaus gekommen – bzw. es gibt kaum standards, die auf post 1960-kompositionen beruhen. frank lacy hat mal dafür plädiert, songs der späten coltrane-phase als solche zu behandeln. sachen von carla bley („ida lupino“) haben mehrere neuinterpretationen erlebt, einige jazzmusiker haben sich an ornette-coleman-versionen versucht, ein paar späte songs von abbey lincoln sind nachgesungen, auch -gespielt worden.
ist ja alles nicht wirklich wichtig, aber: so anders als im hiesigen fall „retro“ war das auch nicht, als monk „caravan“ eingespielt hat. die komposition wertzuschätzen, ihren kern freilegen, ihn auf persönliche art und weise zu umkleiden… das passiert doch in #9 z.b. auch! und damit will ich nicht in die new-standard-diskussion aus dem jazz-glossen-thread einsteigen und die gesellschaftliche relevanz von jazz einfordern…

was sun ra angeht: der rumort ja noch ordentlich in den hippen musiksprachen. nicht nur bei sowas hier:

das sind keine remixes, sondern neuerfindungen, versuche wie von jimi tenor, sun-ra-kompositionen als songs zu behandeln, dj-versionen von ra-versatzstücken (vom unerhört originellen theo parrish), free jazz erkundungen, dekonstruktionen, popularisierungen.

einer meiner schönsten konzertabende in berlin war ein ra-programm, wo ganz unterschiedliche leute eine hommage umzusetzen versucht haben, auch djs, eine osteuropäische punk-gruppe… und der einzige, der tatsächlich original-ra-flair hätte verbreiten können (weil er mal im arkestra war), sirone, lehnte an der bar und verweigerte sich, wahrscheinlich, weil man ihm nicht genug zahlen wollte. aber auch das gehörte irgendwie zwangsläufig dazu.

sun-ra-thread folgt, auch wenn ich nur (geht ja gar nicht anders) einzelne randaspekte einstreuen kann.

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