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gypsy tail wind
@vorgarten: pardon, wollte mich nicht vordrängen
frechheit!
danke erst mal für das zusammengestellte zeug, von dem mich zwar nichts aufs erste hören vom stuhl wirft, bei dem ich aber die ganze zeit neugierig dabei bleibe – und in dem mich kein einziges stück total nervt oder abstößt.
1
zum beispiel ist sehr interessant. das klavier ist kitschig und steht gleichzeitig völlig darüber (im solo zum beispiel), die melodie ist mir völlig fremd, sie hat was kinderliedhaftes, versponnenes, nicht wirklich (afro)amerikanisches. ob mir diese trompete gefällt, weiß ich nicht. sie hat viel luft, eine facettenreiche brüchigkeit, aber das vibrato verstehe ich nicht so richtig, genauso wie die geste hinter dem ganzen. ich sehe irgendwie mary poppins oder den zauberer von oz, rote theatersamtvorhänge und viel licht. alles andere als eine verrauchte jazzkneipe. und habe so überhaupt keine ahnung, was das sein könnte und ob das gar typisch ist für einen mir unbekannten stil.
2
I guess I’ll go through life, just catching colds and missing trains. Everything happens to me. der unglücksraben-song. hier in niedlich und etwas schläfrig (vor allem durch den mitbrummenden streichbass, der ein bisschen wie schnarchen klingt). dsas arrangement hanebüchen. das posaunensolo murmelt sich ängstlich durch die changes. das klavier macht irgendwelche bluesversatzstücke, als würde hier was gefühlt. und dann, tusch: harfe! im hardbop? da gab’s dorothy ashby (die wurde aber erst in den 70ern gut) und dann kenne ich noch betty glamann (wegen dorham). aber beide haben meines wissens nie everything happens to me aufgenommen. ist eigentlich ziemlich schön, was die harfe hier macht, aber im arrangement bleibt sie leider nur eine nummer, anstatt der gesamtaufnahme farbe zu verleihen. ein altsax versucht am ende noch etwas pepp zu erzeugen, klingt aber eher so, als hätte es etwas verschluckt. mhh.
3
das unverwüstlich schöne retrato em branco e prato. da fallen mir sofort rava und bollani ein, beide klingen auch total nach rava (toll) und bollani (show). aber die schöne aufnahme auf THE THIRD MAN ist es nicht. vielleicht sind es also auch gar nicht rava und bollani. landsmann fresu vielleicht? der kann ja auch manchmal was (tiefe erzeugen). ich bin, bei allen schönen details und der spielfreude insgesamt, gegen diese version – einfach, weil sie viel zu hektisch und kalt gegenüber der vorlage ist. rava versteht das normalerweise auch und haucht die ins dunkle, ohne bossa-klischees zu bedienen. hier muss ein pianist zeigen, dass er was kann. mir zeigt er dadurch, was er nicht kann. turnübung. gestanden, immerhin.
4
noch mehr trompete. ein trauermarsch in cool. ich weiß nie, worauf ich da hören soll – dass sich die instrumente so schön abwechseln? dass der beat so schöne lücken lässt? dass das altsaxophon so konitzig und das bariton so mulliganesk hauchen? die stimmung ist natürlich schön, und im abgezirkelten wird trotzdem was frei. aber mich lässt das sehr unbefriedigt zurück.
5
das beeindruckt mich. abstrahiert vieles, taucht trotzdem richtig ein. so was können nicht viele. ran blake fällt mir ein. wie dunkel es da zwischen den akkorden schimmert… toll, wie er immer wieder im jazz landet, viel faszinierender als der solopianist später. wahnsinnsende. hier bin ich wirklich gespannt!
6
das ist echt ein schräges und mutiges ding. wahrscheinlich relativ aktuell, obwohl es wie popol vuh klingt. der gesang legt brasilien nahe. wie viele bässe sind das eigentlich? vier? das ist aber nicht das zawinul syndicate oder? interessante instrumentierung, esoterische umsetzung. trotzdem eine interessante wahl. geht auch gemeinerweise ins ohr. macht mir etwas angst. so was wird von hippen djs gerne als set-anfang gesetzt, um ab der zweiten minuten einen fetten minimal-techno-bass reinzuziehen.
7
falling in love with love, einer meiner lieblingsstandards. da kann man eigentlich nichts falsch machen, das hebt immer ab. über die gitarre sag ich jetzt mal nichts (nur: in der begleitung ganz gut), aber diesen flachen sound der orgel mag ich sehr. der organist kann auch viel damit machen. in meinem nächsten bft habe ich dazu eine antwort. aber insgesamt ist das hier recht brav, oder?
8
das wäre mein antistück zu 5. fängt interessant an, ist da aber eher frühes 20. jahrhundert aus russland. dann wird es pseudo-jazz mit pseudo-vorderasiatischer folklore, blender-läufen und hilflosem raufundrunter-gepose. bojan zulfikarpasec? da bleibt kein geheimnis. mag ich nicht.
9
in einem hallenden keller steht ein posaunist, dessen partner_In wohl nicht weiß, was liebe ist. er macht wenig mehr als nötig, das sitzt aber. an diesem ton wurde viel gearbeitet. und wieder kommt ein altsax daher, dass sich erst mal vor aufregung verschluckt. und töne dehnt, weil es der unzerstörbaren melodie nicht traut. weiß wohl nicht, was liebe ist. piano ist mir auch zuviel geklimper. darauf reagiere ich immer allergischer. der held danach eine wohltat, tolle aufwärtslaufvariation. guter mann.
10
catchy! aber so was von. auch toll arrangiert (hier kickt das sofort, was in 4 auch so gegeneinandergesetzt ist). großartige posaunenstimme, die einen modernistischen hauch einbringt. das tenor swingt hervorragend, ganz effektiv und sicher. posaunensolo gefällt mir in details, ist aber altbackener als im thema. und hier mal ein kalvier, das nicht klimpert. toll, wie das tenor den abschließenden schlagabtausch einleitet. er interessiert mich hier am meisten. gutes stück. extralob für die komposition. und noch eins für das arrangement. ende 50er, würde ich sagen. west coast? (was man so schätzt, wenn man keine ahnung hat…)
11
das ist wohl für mich überzeugt mich aber nicht so ganz. sind alle gut, hören sich auch gut zu, der altsaxer ist ständig um originelle linien bemüht, der bass hält das in eine melancholische richtung offen, der drummer intensiviert auf engstem raum. ich habe mit dem solisten aber ein tonproblem – so mag ich altsax nicht so gern. ist auch wenig individuell. spiel und ton arbeiten nicht zusammen. als hintergründige kraftprobe ist das alles aber sehr in ordnung. sind bestimmt nette menschen, die wissen, warum sie jazz und miteinander spielen.
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bossa. hier liegt die große kunst, erotik zu erzeugen und nicht einzuschläfern, was eigentlich himmelweit auseinander liegt, aber in dieser musik oft gefährlich nah. das hier tendiert zum letzteren, es hat keine spannung und keinerlei schärfe oder tiefe. natürlich hat der trompeter einen schönen ton und kann der pianist hervorragend zwischen den rhythmen wechseln, aber hier führt das alles nicht weiter. die komposition hat auch ein paar changes zu viel. habe den eindruck, dass ich die musiker in anderen stücken besser finden würde. hier fallen mir die augen zu.
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you go to my head. schönes, klassisches alt, klingt fast etwas nach hodges. der leichte hall ist schön eingesetzt. kann man alles gut hören, hat viele schöne kleine details (im klaviersolo vor allem) – aber reicht mir einfach nicht, um mir so was aus eigenen stücken anzuhören. habe hier immer das problem, dass ich keine entfernung vom thema höre, sondern nur aufladung durch umspielungen, die (deshalb) irgendwie kleben bleiben. hier würde ich manchmal gerne einfach nur die melodie hören (oder so was wie das, was der posaunist in 9 macht).
14
das ist süß. punkt.
15
jetzt wird geshuffelt. tenor klingt sehr vertraut. das zurücknehmen der rhythm section ist nicht unsexy. mag das sehr, was der drummer mit seinen snare-akzenten macht. habe ich noch nie so gehört. der bass dagegen sehr riskant, könnte ron carter sein. habe irgendwie den eindruck, dass das stück aktueller ist als seine komposition vermuten lassen könnte, das schlagzeug ist eigenartig aufgenommen. aber den saxophonisten müsste die hardbop-fraktion hier doch sofort erkennen? ich wage mal, den namen charlie rouse in den raum zu werfen? das bass-solo ist wohl kaum von carter, der singt auch nicht mit. toll finde ich das nicht, aber spannend in den details, wie das meiste hier.
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