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Ich schließe mich grundsätzlich den Bemerkungen von vorgarten an und bleibe weiterhin bei meinen Argumenten, die ich bei der etwas zurückliegenden Diskussion schon angeführt habe.
Für mich hat das, was auch heute noch bekannt ist, rein gar nichts mit Qualität zu tun, respektive ist die Qualität nicht das alleinig ausschlaggebende. Wer weiß, was aus Miles Davis geworden wäre, wenn er selbst nicht genialisch an seiner eigenen Zukunft gearbeitet hätte. Vielleicht würden wir heute auch Monk oder Bud Powell nicht mehr kennen, wenn sie nicht in den richtigen Situationen von den richtigen Personen entdeckt und gefördert worden wären.
Ich möchte diese ganzen Dizzy Reeces, Paul Serranos und Betty Blakes nicht missen, denn sie sind vor allem eines: musikalisch nicht zweitranging. Vielmehr haben sie vielleicht bestimmte Entscheidungen in ihrem Leben getroffen, die sie von der medialen Bildfläche haben verschwinden lassen. Dadurch ist meist auch das kommerzielle Interesse verschwunden und die Musiker geraten in Vergessenheit und in der Obskurität. Da spielen einfach zu viele Faktoren eine Rolle, die ich bei Dir zu wenig beachtet finde.
Persönlich begrüße ich auch jedes limitierte und gut gemachte Reissue eines unbekannten Künstlers mehr, als die fünfte Auflage eines – mit Sicherheit tollen – Schlachtrosses. Persönlich finde ich es auch schade (und zuweilen engstirnig), sich nur in einem begrenztem Kernrepertoire einzuigeln und sich mehr oder weniger darauf zu rekurrieren. Das hat auch nichts mit Expertentum zu tun, denn ich kann profund sein, was eine handvoll Musiker angeht, aber der Blick über den Tellerran ist nicht verkehrt. Mir kommt das oft so vor (nicht speziell bei Dir, nail), dass alles, was keinen bestimmten Absatz erzielt, dadurch per definitionem schlecht und nicht hörenswert ist – ob Jazz, HipHop oder Klassik. Und das sehe ich einfach anders.
Noch ein Wort zum Konstrukt ‚bft‘: Natürlich finden sich hier mehr obskure als bekannte Stücke, das liegt einfach daran, dass hier echte Kenner sind, die alles andere sofort erkennen würden. Dadurch würde für diejenigen der Spaß recht gering sein. Und zumindest haben mir die Reaktionen auf meinen bft gezeigt, dass vielleicht keine unentdeckten Meisterwerke zu entdecken waren, aber ein paar Perlen konnten durchaus neue Freunde finden.
Edit: Daher finde ich auch gypsy’s Idee sehr gut, das Ganze auch mal derart persönlich zu gestalten, durchaus bekannte Stücke mit aufzunehmen und so einen bft mal anders aufzuziehen, um subjektiv wichtige Stücke mit dramaturgischem Faden zu präsentieren. Da würde ich Dich dann auch herzliche gerne zur Teilnahme einladen!
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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III