Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › blindfoldtest #7 › Re: blindfoldtest
So, dann will ich auch mal. Vorab: Ich höre und mag zwar Vocal-Jazz/Swing, aber nur sehr dosiert und dadurch auch eher selten. Außerdem bin ich kein Freund von Big Band-Arrangements.
#1 Fängt Flott an und ist natürlich von der ersten Sekunde an hoch professionell. Das macht durchaus Spaß, es sich anzuhören und ich denke da gerne an Cary Grant-Filme, trotzdem ist das immer auch sehr ungefährlich und Risikoarm. Ich mag Parties, Hochzeiten, usw. wo so etwas gespielt wird, selbst höre ich das aber wenig. Egal. Die Sängerin finde ich ganz gut, trotz des etwas aufpolierten Teppichs thront sie charakteristisch und zeigt durchaus auch kleine Unebenheiten in der Stimme.
#2 Das trieft von Anbeginn an vor Romantik und der schmelzende, aber gleichzeitig verletzliche Sänger passt perfekt dazu. Hier habe ich das Gefühl, dass mir eine Stimmung verkauft werden soll, die ich aber hauptsächlich dem Sänger nicht abzunehmen vermag. Irgendwie finde ich die Musik dann wieder brüchig, gerade auch beim Trompeter (Flügelhorn). Sehr weichgekocht und man merkt deutlich, warum Sinatra einfach Sinatra war. Ihm kauft man alles ab!
#3 Oh ja, das ist doch gleich viel besser. Das Klavier setzt viel besser die Stimmung als die vorherige Gitarre und der Sänger passt perfekt dazu. Hier finde ich die Stimme auch authentischer. Eine Miniatur irgendwie, aber passt.
#4 Swing mit Latin-Elementen. An diesem Punkt finde ich es schon äußerst interessant, wie unterschiedlich die Herren alle sind. Der hier betont und dehnt die Töne am ehesten wie Sinatra und singt mit self-confidence, das gefällt mir. Das Stück fängt etwas mysteriös an und entwickelt sich dann fast zu einem Vamp. Ich finde außerdem, dass es gerade wegen der fehlenden Bläser sehr gut funktioniert.
#5 Von leichtem Latin geht es zum Bossa über. ‚Quiet Nights‘ ist natürlich ein Stück, das erstmal stark mit Astrud Gilberto verknüpft ist, andererseits aber auch viele Möglichkeiten eröffnet. Schön finde ich, dass der Herr nicht zu verklärt singt, aber auch nicht zu kräftig. Das Streicherarrangement ist natürlich sehr lieblich und walzt etwas den Rhythmus platt. Vom eigentlichen Stück bleibt irgendwann nicht mehr viel übrig, aber als eigene Interpretation funktioniert das doch ganz gut, wenn auch auf harmlose Weise. Das Ende ist dann sehr abrupt.
#6 Hmm, das kenne ich, aber ich komm‘ mal wieder nicht drauf. Die von Anfang an vorhandene Spannung verliert sich während des Stückes nicht und die Flöten-Einsätze sind toll. Insgesamt zwar ein sehr statisches Kunst-Stück, aber doch sehr spannend gemacht.
#7 „Windmills of your mind“, klar. Da kann ich mir von Anfang an jemand wie Clive Owen vorstellen, der mit gelöster Fliege leicht angetrunken am Flügel lehnt und seiner Verflossenen hinterherjammert. Das spärliche Klavier ist toll, besonders wenn es dann langsam an Dichte und Fülle zunimmt. Wunderbar, dass das so bleibt und keine anderen Instrumente hinzukommen. So kommt eine großartige Fragilität rüber. Denn Hall gegen Ende hätten sie sich aber sparen können, der passt nicht. Neuzeitlichere Aufnahme.
#8 Die Anlage hier ist ähnlich. Sängerin und Streicher. Damit ist das Setting süßlicher, luftiger. Entsprechend zuversichtlich klingt die Sängerin, unterstützt von den Streichern, die gottseidank auch mal abstürzen und damit dem Stück ein paar Kanten verleihen. 7 & 8 könnte ich mir wunderbar im selben Film vorstellen. Verflossener und Geliebte, jeder für sich mit der Musik und seinen Klagen. Das Stück finde ich zwar schön, aber es berührt mich nicht.
#9 Das ist jetzt wieder so ein typisches Songbird-Big-Band-Jazz-Stück. Die Musik brasst für sich hin und swingt so gut wie es in einem solchen Korestt möglich ist, während die Sängerin dieses Doris Day-typische ‚Lächeln-Singen‘ hat. Leider geht ihr in den höheren Lagen deutlich die Luft aus, sehr unangenehm.
#10 Ich würde die Vermutung anstellen, dass wir es hier zum ersten Mal mit einer dunkelhäutigen Sängerin zu tun haben. Entsprechend höre ich eine Blues-betonung, die der Musik zusätzlichen Swing verleiht. Das Band-Arrangement ist wieder sehr professionell und irgendwie stört mich das immer. Klar, die Musik ordnet sich der Musik unter, aber irgendwie wirkt das auf mich immer so steril und gedämpft.
#11 Puh, diese Drums. Da würde ich mich sehr wundern, wenn das etwas älteres wäre. Hier gilt in etwa das selbe wie bei #10, nur minus Sängerin, dafür mit Voiceless-Choir. Das Posaunen-Solo ist nett anzuhören, aber irgendwie ist das alles sehr gepflegt. So eine Art Clark Terry-Glückseligkeit.
#12 Das hier ist sicherlich wieder etwas älteres und ich laufe Gefahr, mich zu wiederholen. Ich kann mir gut vorstellen, dass man daran Gefallen finden kann, für mich ist aber nichts. Da passiert mir viel zu wenig, viel zu sehr Ensemble.
#13 „Man with a horn“. Hier in einer etwas verhangenen Version, die mir dann doch stellenweise wieder etwas zu glatt geraten ist. Auch die Stimme klingt immer wieder mal sehr dünn und ungenau. Das liegt aber auch nur daran, dass ich hier vor allem die Aufnahme von Clora Bryant schätze, oder auch von Anita Ellis.
Diese hier dürfte aber aus der selben Zeit stammen, ich hab‘ nur keine Ahnung.
So, mehr später.
--
"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III