Re: bft 6 – gypsy tail wind

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vorgarten

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ferry
Das mit der Faszination an Grenzbereichen/ Grenzüberschreitungen hängt ja wahrscheinlich auch mit dem eigenen musikalischen Verständnis zusammen, wenn man eben auch versteht (oder zumindest ansatzweise) was die Musiker da gerade machen. Nur unter ästhetischen Gesichtspunkten kann man sich jedenfalls bestimmt nicht dieser Musik annähern ?

ich finde: doch. jedenfalls war es bei mir so, dass ich quasi über freien jazz überhaupt erst zum jazz gekommen bin. gut, ich war in der pubertät, andere haben hardrock für ihre krawallsehnsucht gebraucht, ich eben free jazz (;-)), aber ausschlaggebend war tatsächlich ein mangesldorff-konzert mit peter brötzmann und ronald shannon jackson im trio, das hat mich in der ersten reihe, kurz vor meinen abiklausuren, wirklich umgehauen und freigepustet. seitdem hatte ich nie wieder angst vor freier musik, auch wenn natürlich einiges auch an mir vorbeiplätschert oder -schreit, ich keine strukturen entdecke oder mich einfach nichts anmacht. aber ich glaube fest daran, dass man an musik immer auch emotional, sinnlich, quasi naiv andocken kann – ohne unbedingt die grenzen zu kennen, die da eingerissen oder überwunden werden.

ferry
Nur mal allgemein zum Thema melancholische Musik: Die scheint ja auch hier im Forum unheimlich hoch im Kurs zu stehen. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen, denn Melancholie ist nicht unbedingt ein Gefühl, das ich durch das Hören von entspr. Musik erzeugen bzw. verstärken möchte. Auf jeden Fall aber lege ich keinen besonderen Wert darauf.

naja, es geht da ja um schönheit und menschlichkeit. und wenn menschen sich öffnen, traurigkeit zulassen, emotional brüchig werden, ereignet sich – wenn das wirklich musikalisch einen ausdruck findet – etwas sehr schönes, berührendes. technische perfektion, spaß, tanzbarkeit sind auch wichtig und auch toll, aber da tritt der musiker ja oft eher hinter die musik zurück. ich mag am jazz eben das menschliche, dass da jemand steht und aus dem moment schöpft, aus sich selbst, im kommunikation mit den mitmusikern, ohne sich hinter sehr viel mehr gerüst verstecken zu können. und er hat eben nur seine – im besten fall – einzigartige, unverwechselbare stimme.

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