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redbeansandricesorry für die verzögerung, istz jetzt auch nicht sooo tiefsinnig geworden:
Grosse Klasse, dass Du es noch geschafft hast. Mit den einigen, bedauerlichen (aber verständlichen) Absagen sind wir somit vollzählig!
Nachdem gypsy im ersten Post schon passen musste, überrascht mich auch hier, dass Du keine Nummer aus dem Stegreif identifizieren konntest! Aber das Aha-Erlebnis kommt sicher!!
redbeansandrice#1
nehme mal an, hier ist alles naheliegende schon geraten worden, Walter Bishop, sowas, so eine Mischung aus lyrischem Bud Powell, Blues, einem bißchen von diesem „Night in TUnisia“-Rhumba Feeling, ein Hauch Monk… oder Stan Tracey…
Hierzu ist bereits vieles geraten und richtiges gesagt worden, aber warum hat noch niemand nach den Sidemen gefragt? Die Band war zwar keine working band, aber die Herren dürften sich schon gekannt haben.
redbeansandrice#2
den Tenor kenn ich fast sicher… ich hätt jetztgesagt näher an Coleman Hawkins als viele, aber natürlich auch leichter… vielleicht sag ich James Moody oder Frank Wess… Charlie Rouse? er geht sehr kontrolliert vor… dazu so eine treibende Rhythmusgruppe mit Gutarre oben drauf, 60er Jahre? Gitarrist ist nicht schlecht aber nicht übermäßig spannend – ich behaupte jetzt mal Mickey Baker, der Pianist ist mir auch eine Spur routiniert, aber der Tenorton ist große Klasse
Die Nähe zu Hawkins ist auffallend, auf diesem Track aber weniger das RnB-Naturell des Texas-Tenoristen. Spannend fand ich während des bft immer wieder, dass große und vor allem schwergewichtigere Namen herangezogen wurden, die dem Herren hier alle große Ehre machen. Leider sind die Settings, in die der Saxophonist eingebunden wurde, eher leichter Natur, aber ich glaube, dass er darüber hinaus die Tendenz zu einem Heavyweight gehabt hätte. Den Hinweis auf die routinierte Spielweise des Pianisten finde ich sehr wichtig, da mit einem anderen Pianisten möglicherweise mehr Zug und Gewicht in die Musik hätte einfließen können.
redbeansandrice#3
das ist jetzt vom TOn her ein etwas moderner Saxophonist, aber nicht viel, sehr klare Bop-Phrasen, aber auch ein großer Ton, eher Rouse als der eben, Junior Cook, sowas… ich mag wie er im Thema quasi auf der Stelle steht… Klaviersolo ist deutlich toller als das in #2, nur halt sehr kurz…
Gut erkannt, dass der Saxophonist zwar moderner klingt, aber eigentlich doch ein traditioneller(er), bop-orientierter Spieler war, was mit Sicherheit auch seinem Arbeitgeber geschuldet war. Trotzdem war er zu tollen Hardbop-Ausflügen in der Lage, die er aber mit einem eigenen, majestätischen Glanz einzufärben wusste.
Und der Zweite?
redbeansandrice#4
jetzt noch eine Trompete dazu (Gitarre raus) klassischer Blue Note Hard Bop (wenn auch für BN selbst etwas ungeschliffen), läuft mir ein bißchen zu glatt, etwas zu marktschreierisches Arrangement, Tenorist tritt mir ein bißchen auf der Stelle, Turrentine?, der Pianist ist toll in der Begleitung, den Trompeter kann ich irgendwie nicht gescheit einordnen grad, Ton ist gar nicht so weit weg von Dorham, aber dafür sind die Phrasen ein bißchen langweilig… ist nicht von Comin‘ On von Dizzy Reece, das wäre mein Tip gewesen… zweiter Tenorist ist deutlich weniger vorhersehbar als der erste (oder ist das ein Alt?), gefällt mir besser
Ungeschliffen trifft es genau. Die BN-Ästhetik habe ich bislang bei keinem anderen Label finden können und es liegt nicht immer an der Aufnahmetechnik, sondern einfach am Spiel naher der Perfektion. Es lässt sich oftmals nicht rational beschreiben, aber inerhalb der ersten halben Minute ist klar, dass diese Session zwar die BN-Musik atmet, aber niemals dort erschienen wäre. Übrigens haben es die Musiker auch nie zu einer BN-Aufnahme geschafft (soweit ich weiß).
Toll, dass Dir der Zweite (Alt)Saxer besser gefällt, der ist allerdings noch unbekannter. Auch den Vergleich mit Dorham finde ich sehr interessant, das werde ich noch nachhören!
redbeansandrice#5
Tenorbattle! kann den ersten Tenoristen irgendwie überhaupt nicht einordnen, nicht übermäßig interessant, aber originell scheint er mir zu sein… komische Intonation und so, klingt fast wie ein Free Jazzer auf Abwegen… das tut keinem weh, ist aber etwas eintönig… und dann am Ende doch kein Tenorbattle oder ich hab den Wechsel verschlafen…
Super, dass der Tenorbattle-Impuls scheinbar sofort da war, dabei solltest Du auch bleiben!
Über die Eintönigkeit wurde ja schon viel geschrieben. Nicht das stärkste Stück der ansonsten guten Platte, aber mit Sicherheit das ‚trickreichste‘, da man den Wechsel gut überhören kann. Einer der Herren ist aus meiner Sicht aber sofort zu erkennen, auch wenn er nicht auf der Höhe spielt!
redbeansandrice#6
was für ein verrücktes Instrument, klingt jedenfalls wie eine sonderbare Oboe, mag also ein sonderbares Sopransaxophon sein? oder ein sonderbares Alt… das ist ungefähr genauso unkonventionell wie #5 aber dabei ungleich interessanter… das ist jetzt mal ein Track bei dem ich schockiert wär, wenn sich rausstellt, dass ich den kenne…
So individuell wie der Musiker ist, so individuell spielt er offenbar auch sein Instrument. Leider gehen die übrigen Musiker ein bißchen unter, aber der Altsaxer, der übrigens erst etliche Jahre später wieder Musik veröffentlichte und der Bassist stehen ganz richtig im Rampenlicht. Schade ist nur, dass der Drummer nicht die Aufmerksamkeit bekam, die er hier eindrücklich fordert!
redbeansandrice#7
keine Ahnung was das ist, aber das find ich mit den mitreißendsten Track soweit, gut, dass das nicht direkt vor #5 kam, denn der Herr hier macht alles richtig was dort falsch gemacht wurde! viel mehr als den Tenoristen hört man nicht, aber der ist unglaublich überzeugend…
Schön, dass er gefällt. Ich glaube auch, dass einerseits das Ambiente besser und anstachelnder war, andererseits war die tolle Band auch in großartiger Spiellaune, was angesichts dessen, dass der Saxophonist hier im Mittelpunkt steht, etwas untergeht. Der Pianist ist allerdings auch bekannt dafür, dass er für solche Musik die Rhythmusgruppe gut unter der Kontrolle hat.
redbeansandrice#8
das ist jetzt ein weicherer unter den lyrischen Trompetern, Blue Mitchell, Art Farmer, und die Ruhe des Stücks kommt so (nach den letzten drei Tracks) natürlich viel klarer als normal heraus, die SOli gehen dagegen etwas unter
Insgesamt lese ich das ein bißchen als ein gemischstes Statement.
Ich habe es oben schon geschrieben, dass ich diesen Trompeter, den ich sehr schätze, immer etwas schwer greifen kann. Den Gillespieschen Bop merkt man ihn ebenso an, wie das drängende von Booker Little, oder die Wärme Art Farmers. Am deutlichsten steht er vielleicht in der Nähe zu Lee Morgan, weniger zu Hubbard, der kraftstrotzender und schneller spielen konnte. Ich empfinde ihn allerdings als etwas trickreicher und reifer als Lee Morgan, nur dass dieser mehr Glück bei der Wahl des Plattenlabels hatte und sich dadurch in illustrer Runde stärker entwickeln konnte.
redbeansandrice#9
kann es nicht richtig fassen, aber Track ist irgendwie genauso Hard Bop wie Sixties, so ein Hauch von Bacharach, so eine Rasanz, weiß nicht – das zusammen mit der, sagen wir, orientalischen Seite des Hard Bop – schöne Mischung! keins der drei Soli überzeugt micht restlos, der Trompeter wohl fast noch am meisten, aber gut sind die schon! den Gitarristen würd ich für sich wohl viel lieber hören, als hier wo er ein bißchen in ein Loch fehlt nach den anderen, auch wenn er für sich vielleicht der stärkste Solist ist..
Auch hier wiederhole ich mich gerne, wenn ich sage, dass diese Aufnahme eindeutig nicht zu den besten der beteiligten Musiker geriet, auch wenn die Gruppe eine tolle und ideenreiche Formation zu bilden wusste, was angesichts der thematischen Aufgabe (!) nicht so einfach gewesen sein dürfte. Die Bläser sind jedenfalls ein eingespieltes Team, bleiben etwas hinter ihren Möglichkeiten zurück, präsentieren aber trotzdem alles, weshalb ich sie so schätze. Der Gitarrist ist übrigens auch bekannter, als man meinen könnte.
Und der Hauch Bacharach – finde ich eine tolle Interpretation! Wo sind die 60er Spy Movies mit solcher Musikuntermalung?
redbeansandrice#10
hier hab ich bisher mit am stärksten das Gefühl, das ganze schonmal gehört zu haben, ist allerdings vergleichsweise unspektakulär, wenn auch sehr hübsch… sehr nett, klar
Unspektakulär sehe ich genauso, aber je öfter ich wieder hinein höre, desto mehr gefällt mir ein Kommentar von weiter oben, den ich gleich mal suchen und editieren werde.
Wie gesagt ist es schade, dass der Trompeter nur die Prelude abbekommt, aber für mich ist er auch in diesem kurzen Moment sofort identifizierbar.
redbeansandrice#11
jetzt wird es bunter von den Instrumenten her, ich rat einfach mal Duke Pearson, Posaune, Celesta? clever gesetzte Bläser jedenfalls, das Tenorsoli, eins von vielen auf diesem BFT, gehört für mich wohl tendentiell zu den zwei, drei stärksten hier… beim zweiten Solo kann ich mich nicht zwischen Posaune und Trompete entscheiden, was komisch ist, ist aber sehr gut gemacht…
Auch für mich changiert dieses Stück mit jedem neue Hören umsomehr. Ich schwanke zwischen clever durchgestaltetem Arrangement, das wenig Luft zum atmen lässt und damit etwas statisch bleibt, oder aber ein perfide gestricktes Stück, bei dem der Hörer in einer scheinbar bekannten Atmosphäre gehalten wird, die aber jederzeit zu zerbrechen droht.
Schade ist übrigens, dass die Tenorsoli tatsächlich überwiegen, da mein Instrument eher die Trompete ist, aber hier habe ich nur nach Stücken ausgewählt und andere Kriterien ausgelassen.
redbeansandrice#12
das ist nicht ganz you don’t know what love is, aber irgendwie dann doch, toll sparsam gespielt, gerade genug drang vorwärts, dass es nicht stehenbleibt, und natürlich überhaupt nicht kitschig, nochmal ein wirklich toller Track!
Das mäandern zwischen den Stimmungen, ohne dass diese absinken oder auflockern, fand ich sehr schön an dem Track. Besonders gefällt mir auch der leichte Zug, den Du beschreibst, der aus einer irgendwie leichten Ballade doch irgendetwas tieferes werden lässt. Ähnlich wie der Herr aus #1 ist der Pianist hier ziemlich vergessen, durfte aber immerhin etwas öfter einspielen und einer einigermaßen bekanntan, aber tollen Sängerin erste Startimpulse geben.
redbeansandrice#13
sehr sehr cool, wunderbar unkonventioneller Trompeter (?), tolles arrangement, ist sonderbar wie sowohl er als auch der Tenorist da nach so komisch schnalzen, toller Tenorton..
Unkonventionell ja, daher vielleicht auch unbekannt. Du kennst ihn allerdings und er hat eine Reihe an tollen Alben eingespielt, leider mit wechselnder Besetzung, so dass man keine wirkliche Entwicklung verfolgen kann. Hier ist vielleicht mein Unverständnis am größten, wie man dieser Band keine Chance geben konnte, sich auf CD zu präsentieren.
Was meinst Du mit „nach so komisch schnalzen“?
redbeansandrice#14
man sollt meinen Klarinettentöne kann man außeinanderhalten… der hier ist schön spröde, tolle Phrasen, und diese etwas gedeckte Stimmung, passt alles, den Pianisten find ich danach vielleicht eine spur zu langweilig… vielleicht so ein Tony Scott Quartett aus den 50ern?
Im Klarinettenjazz bin ich selbst wenig bewandert, aber da ist sicher etwas dran, dass man auch dieses Instrument ‚personalisieren‘ kann. Den Wink mit Tony Scott finde ich großartig, da er so eine Musik hätte spielen können (und vielleicht gespielt hat – ich kenne zu wenig), erst Recht mit LaRoca an Bord. Das Stück hier ist aber etwas fies gewählt, da die kontemplative Ruhe wenig Rückschlüsse auf die Musiker zulässt, die in der Folge anders aufgetreten sind.
redbeansandrice#15
auch das könnt ein Art Farmer Quartett sein, aber auch vieles andere, Chet Baker, nicht, dafür singt die Trompete zu sehr… ein bißchen glatt, ein bißchen auf sich selbst fokussiert, könnte der jüngste Track sein… ist nicht so meins…
Von der Ästhetik her gebe ich Dir recht und so ist der Track auch nur knapp nicht der Älteste. Chet Baker finde ich als Idiom irgendwie passend, aber auch hier stimme ich zu: Der Ton ist zu selbstbewusst, zu instabil für Baker. Art Farmer hat diese Form der spröden, aber reflektierten Eleganz auf seinen Einspielungen für Atlantic gezeigt, aber er ist es nicht. Ich muss mich noch ein bißchen um mehr Hintergrundinformationen über den Trompeter bemühen, aber kopieren gehört mit Sicherheit irgendwie zu ihm.
redbeansandrice#16
dafür dass hier gesungen wird ganz respektabel
Auf meinem nächsten bft werde ich eine Orgel verstecken! :lol:
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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III